Wie muss sich der Städtetourismus im Angesicht des Klimawandels verändern? Dies diskutierten Expert*innen aus der Tourismuswissenschaft und Praxis beim zweiten Jahresdialog des Bayerischen Zentrums für Tourismus (BZT) im Rahmen der diesjährigen Jahresdialogreihe, die unter dem Leitmotiv „Folgen des Klimawandels für den Tourismus“ steht. Der gemeinsame Konsens der Beteiligten: Die Vernetzung und die aktive Rolle der Tourismusorganisationen (DMOs) sind bezüglich der Klimaveränderungen elementar für die Zukunft des Städtetourismus und der Stadtentwicklung.
Der Moderator Prof. Dr. Marco A. Gardini (stellvertretender Leiter, Bayerisches Zentrum für Tourismus) stellte einleitend fest, dass urbane Transformationsprozesse von immenser Bedeutung für die Zukunft des Städtetourismus unter Betrachtung des aktuellen Klimawandels sind. Seine Frage an die geladenen Referent*innen lautete: Wie müssen sich die bayerischen Städte verändern und wie können urbane Nachhaltigkeitsstrategien für Städte und den Städtetourismus in Bayern zukünftig aussehen?
Paul Bungenstock vom Referat für Klima- und Umweltschutz der Landeshauptstadt München vermittelte einen Einblick in die Praxis: Demnach stellen der Temperaturanstieg sowie die Veränderungen des Niederschlags die Städte vor neue Herausforderungen. „Wir müssen uns den klimatischen Bedingungen anpassen und uns auch auf Extremwetterereignisse einstellen“, stellte er fest und nannte die Notwendigkeit grüner und blauer Infrastruktur zur Klimaanpassung, sowohl im öffentlichen wie im privaten Raum.
„Die zunehmende Hitze wird das Schlüsselthema für den Städtetourismus“, konstatierte Dr. Fritz Reusswig (Projektleiter, Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) e.V.). „Der Klimawandel ist eine ernsthafte Bedrohung für den Städtetourismus, wenn wir nicht dagegen steuern“, warnte er und plädierte an die Tourismusverbände, sich deutlich aktiver um Lösungsansätze zu kümmern. Seiner Meinung nach sind Klima-Anpassungskonzepte und Hitzeaktionspläne unter Einbeziehung der Tourismusakteure von elementarer Bedeutung für die weitere Entwicklung des deutschen Städtetourismus.
Dass der Klimawandel für die Städte und Gemeinden durchaus auch positive Aspekte beinhaltet, betonte Thomas Dworak (Geschäftsführer, Fresh Thoughts Consulting) im BZT-Jahresdialog. „Vor allem für den ländlichen Bereich bietet dies große Chancen, da es zu Veränderungen im Gästeverhalten kommen wird“, bekräftigte er und führte weiter aus, dass eine klimaresiliente Stadt sowohl für Tourist*innen als auch für Einheimische wichtig ist.
Die Rolle der städtischen DMOs liegt in seinen Augen darin, Wissen zu den Themen Klimaschutz und Klimaanpassung an die Leistungsträger weiterzugeben, die Kompetenzen der touristischen Leistungsträger zu stärken, bei der Produktentwicklung zu unterstützen sowie Akteurinnen und Akteure zusammenzubringen. Klimaschutz, so Dworak, sei ein globales Thema; Klimaanpassung hingegen auch ganz lokal zum Schutz der Heimat möglich.
„Die Themen Klimaschutz und Klimaanpassung waren keine originären Kernaufgaben einer DMO, weshalb häufig das entsprechende Wissen bei den DMOs und den Leistungsträgern fehlt“, lautete die Feststellung von Daniela Wiese (Leitung Marketing und Nachhaltigkeitsbeauftragte, Regensburg Tourismus GmbH). Auch wenn Maßnahmen zu Klimaschutz und Klimaanpassung zukünftig keinen zusätzlichen Gast bringen werden, sichern sie den Städtetourismus und sind Grundlage für Qualitätstourismus.
Alle Teilnehmer*innen des zweiten BZT-Jahresdialogs waren sich einig, dass Budget und Ressourcen sowie gesetzliche Grundlagen und politischer Wille für Klimaschutz und Klimaanpassung von zentraler Bedeutung sind. Nur unter diesen Voraussetzungen können künftig Städte und Städtetourismus in Deutschland gestaltet werden. Der Klimawandel wird von den Referent*innen wie auch von den Zuschauer*innen mehrheitlich sowohl als Bedrohung als auch als Chance für den Städtetourismus wahrgenommen. Dabei ist die schlussendliche Entwicklungsrichtig stark vom frühzeitigen Agieren – und weniger dem späten Reagieren – aller Beteiligten abhängig.
Die folgenden Veranstaltungen der BZT-Jahresdialogreihe 2022 vertiefen die spezifischen Auswirkungen des Klimawandels auf ausgesuchte touristische Marktsegmente und deren Akteure: Jahresdialog #3 findet statt am 21.06.2022 zum Thema „Klimawandel und Gesundheitstourismus“ und Jahresdialog #4 am 11.10.2022 zum Thema „Klimawandel und Winter(sport)tourismus“. Den Abschluss bildet Jahresdialog #5 am 06.12.2022 zum Thema „Klimawandel und Tourismuspolitik“.
Anmeldungen sind bereits möglich.
Alle Fachgespräche der Dialogreihe sind nach den jeweiligen Veranstaltungen unter https://bzt.bayern/jahresdialoge/ abrufbar.
Die Jahrestagung 2022 des Bayerischen Zentrums für Tourismus am 17. und 18. Mai 2022 in Regensburg beschäftigt sich mit dem Thema „Tourismus im Zeichen des Klimawandels – Wachstum, neue Verantwortung, Verzicht …?“. Eine Anmeldung ist möglich unter https://bzt.bayern/events/jahrestagung-2022/.
Das Bayerische Zentrum für Tourismus (BZT) ist ein An-Institut der Hochschule Kempten. Es wurde im Zuge der neuen Tourismusinitiative des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie gegründet und versteht sich als ein unabhängiger wissenschaftlicher Thinktank. Neben relevanten Forschungsprojekten initiiert und moderiert das BZT den praxisrelevanten Austausch zwischen Wissenschaftlern, Politikern und den verschiedenen Akteuren der Tourismuswirtschaft. Dabei stehen die Vermittlung von Wissen, die Identifikation wichtiger Themen der bayerischen Tourismuswirtschaft, die Vernetzung der bayerischen Tourismusakteure und ein lösungsorientierter Diskurs zur Förderung, Optimierung und Weiterentwicklung der Leistungsfähigkeit des bayerischen Tourismus im Fokus. Ziel des BZT ist die Förderung von Tourismuswissenschaft und -forschung sowie die Intensivierung des interdisziplinären Wissens- und Erfahrungsaustauschs. https://bzt.bayern/
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