Obwohl die Zahl der Wohnungseinbruchdiebstähle in Deutschland seit Jahren rückläufig ist, installieren immer mehr Immobilien- und Eigenheimbesitzer Videoüberwachungskameras an ihrem Haus, um sich sicherer zu fühlen. Dabei stellt die Kameraüberwachung einen tiefen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Deshalb benötigt jeder Einsatz einer Überwachungskamera – egal ob privat oder öffentlich – eine Rechtsgrundlage. ARAG Experten informieren, inwieweit die Gerichte den Einsatz der Geräte erlauben und wo sie Grenzen ziehen.

Private Kameraüberwachung
Wie viele private Überwachungssysteme bundesweit im Einsatz sind, ist nicht genau zu ermitteln, denn die Installation einer Überwachungskamera ist nach Auskunft der ARAG Experten nicht meldepflichtig. Zudem ist die private Videoüberwachung des eigenen privaten Umfeldes mit Haus, Wohnung oder Grundstück rechtlich zulässig. Allerdings muss ein guter Grund vorliegen, wie z. B. Einbruchsgefahr oder Vandalismus. Doch sobald öffentlicher Raum wie beispielsweise Gehwege, Parkplätze oder die Straße beobachtet werden, ist eine Überwachung in der Regel unzulässig. Auch die Erfassung fremder Privatflächen, wie etwa der Garten des Nachbarn, stellt eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar (Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz).

Die ARAG Experten empfehlen, mit einem gut lesbaren Hinweisschild über die Überwachung zu informieren. Ansonsten drohen im schlimmsten Fall Schadensersatz- oder gar eine Schmerzensgeldzahlung. Es sollte auch sichergestellt werden, dass die gesammelten Daten regelmäßig gelöscht werden und nicht in die Hände von Unbefugten gelangen. Auf schwenkbare Kamerasysteme sollte man nach Möglichkeit ebenfalls verzichten, um sicherzustellen, nur zulässige Bereiche zu filmen.

Überwachungsdruck
Die ARAG Experten weisen darauf hin, dass bereits die objektive, ernsthafte Befürchtung einer Überwachung ausreichen kann, eine Überwachungskamera entfernen zu müssen. In einem konkreten Fall fühlte sich die Nachbarin einer Doppelhaushälfte durch zwei Kameras, die ihr Nachbar an seiner Haushälfte installierte, in ihrem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt. Das intelligente System war grundsätzlich in der Lage, das Grundstück der Frau zu erfassen. Zwar versicherte der Nachbar, alle Bereiche, die nicht zu seinem Grundstück gehörten, zu verpixeln. Aber allein die Möglichkeit, in den Überwachungsbereich der Kamera einbezogen zu werden, genügte in diesem Fall, dass er die Kameras entfernen musste (Amtsgericht Bad Iburg, Az.: 4 C 336/21).

Angrenzender öffentlich zugänglicher Raum
Die Überwachung von Haus- bzw. Geschäftsfassaden kann im Einzelfall zulässig sein, wenn dabei nur ein schmaler Streifen des angrenzenden öffentlich zugänglichen Raums erfasst wird (Amtsgericht Berlin-Mitte, Az.: 16 C 427/02). Im konkreten Fall hatte ein Kaufhausbesitzer seine Schaufensterfront mittels privater Videoaufzeichnung überwacht, um Graffitis und Beschädigungen der Schaufensterscheiben vorzubeugen. Die Kamera erfasste auch einen etwa einen Meter breiten Streifen des angrenzenden Bürgersteigs. Die Richter verwiesen zur Begründung auf Paragraf 6 (heute Paragraf 4) Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Danach ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume nur zulässig, soweit sie zur Wahrnehmung des Hausrechtes oder berechtigter Interessen erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Weil der schmale Bildausschnitt in diesem Fall dazu führte, dass unter normalen Umständen eine Identifizierung der Passanten ausgeschlossen, gleichzeitig aber das Sicherheitsbedürfnis des Kaufhauses erfüllt war, ließ das Gericht die Videoüberwachung zu.

Kameras im Hausinnern
Wie aber sieht es aus, wenn die Überwachungskamera im Hausinnern Bilder macht? Die ARAG Experten verweisen auf einen konkreten Fall, in dem ein Vermieter im Treppenhaus seines Mietshauses eine Videokamera angebracht hatte. Die Kamera machte Bilder von der Innenseite der Haustür und erfasste alle Personen, die das Haus betraten. Eine Mieterin sah dadurch ihr Persönlichkeitsrecht verletzt. Der Amtsrichter gab ihr Recht (Amtsgericht München, Az.: 423 C 34037/08). Die Überwachung des Hauseingangs durch eine Kamera stelle einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Mieters dar. Dieses Recht umfasse sowohl die Freiheit, die Wohnung ohne Überwachung zu betreten oder zu verlassen, also auch die Freiheit, ungestört Besuch empfangen zu können. Die Rechtsverletzung überwog nach Ansicht des Richters auch die vom Vermieter behaupteten Beeinträchtigungen. Der hatte argumentiert, es habe in der Vergangenheit Graffiti-Schmierereien an der Außenseite der Haustür und an der Hauswand gegeben. Die könnten ohnehin durch die Kamera an der Innenseite der Haustür nicht verhindert werden.

Überwachung von privaten Parkplätzen
Die Videoüberwachung von privaten Pkw-Stellplätzen kann nach Auskunft der ARAG Experten ebenfalls unzulässig sein. Eine Wohnungseigentümerin hatte vom Balkon aus ihren Stellplatz gefilmt, für den sie ein Sondernutzungsrecht besaß. Begründung: Ihr Pkw sei dort zweimal hintereinander beschädigt worden. Dagegen klagte ein anderer Wohnungseigentümer, dem das Sondernutzungsrecht am übernächsten Stellplatz zustand. Er musste auf dem Weg zum Haus zwangsläufig den überwachten Teil durchqueren und fühlte sich dadurch in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Zu Recht, befanden die Richter. Die Überwachung geschah nämlich regelmäßig und über einen längeren Zeitraum, ohne dass er wissen konnte, wann die Kamera eingeschaltet war und ob die Aufzeichnungen weiterverwendet wurden. Das stellte nach Ansicht der Richter eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts dar – hinter der das Interesse der Überwacherin an einem unbeschädigten Wagen zurücktreten musste (Oberlandesgericht Düsseldorf, Az.: I-3 Wx 199/06).

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