Nicht auf Autobahnen und Landstraßen, sondern im Stadtverkehr fühlen sich überdurchschnittlich viele Verkehrsteilnehmer nicht sicher. Nach einer aktuellen Umfrage der Motor Presse Stuttgart mit mehr als 11.000 Teilnehmern sind insbesondere Zweirad- und Lkw-Fahrer betroffen. 91 (!) % der Radfahrer sagten, dass sie sich im Stadtverkehr unwohl fühlen, bei den Motorradfahrern ist der Wert mit 70 % ebenfalls sehr hoch. Auch 67 % der Brummifahrer beklagen ein geringes Sicherheitsgefühl im Stadtverkehr. Als generelle Gefahrenquellen im Straßenverkehr nennen die Befragten mit 81 % durch Handynutzung abgelenkte Autofahrer, 78 % zu wenig Rücksichtnahme aller Verkehrsteilnehmer, 70 % beklagen mangelnde Aufmerksamkeit im Verkehr. Die Selbstüberschätzung der Fahrer sowie zu wenig Abstand bezeichneten jeweils 69 % als Problem. Zuwenig gegenseitigen Verständnis sehen 68 % als Gefahrenquelle, 64 % nennen zu hohe Geschwindigkeit, 56 % fehlendes Anzeigen von Richtungsänderungen. Interessant: Mit 52 % kritisiert jeder zweite Verkehrsteilnehmer auch Fußgänger als Gefahrenquelle, die durch Handynutzung abgelenkt sind und nicht auf den Verkehr achten.

„Die starke Zunahme des Verkehrs in den vergangenen Jahren hat offenbar dazu geführt, dass insbesondere in den Städten mit ihrem begrenzten Platzangebot und der Vielzahl ganz unterschiedlicher Verkehrsteilnehmer sehr unübersichtliche Situationen entstehen, in denen man sich nicht sicher fühlt“, sagte Nicolas Axtmann, Leiter des Fachbereichs Research & Services der Motor Presse Stuttgart, am Mittwoch bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse in Stuttgart. Interessant ist, dass neun von zehn Befragten „mangelnde Rücksicht“ oder „zu wenig Verständnis für andere“ als Gefahrenquelle nennen. An diesem Punkt besteht dringend Handlungsbedarf, so Axtmann.

Wertet man die Antworten von Rad- und Motorradfahrer sowie Brummifahrer nach den größten Gefahrenquellen aus, nennen 91 % der Motorradfahrer als Hauptproblem, dass andere Verkehrsteilnehmer ihre Geschwindigkeit unterschätzen. 79 % der Radfahrer kritisieren, dass sich Autofahrer meist im Recht fühlen. 92 % der Lkw-Fahrer sehen das Hauptproblem darin, dass Radfahrer und Fußgänger davon ausgehen, dass sie vom Lkw-Fahrer gesehen werden. Für Fußgänger gibt es zwei Hauptprobleme: 79 % sehen in abbiegenden Fahrzeugen eine typische Gefahrenquelle, 70 % nennen Radfahrer auf gemischt genutzten Geh-/Radwege. „Viele Befragte beklagen, dass sich andere Verkehrsteilnehmer nicht in ihre Probleme hineinversetzen können“, so Birgit Priemer, Chefredakteurin der Zeitschrift auto motor und sport. „Oft können sich Autofahrer nicht vorstellen, mit welchen Problemen Radfahrer zu kämpfen haben, wenn sie auf zu schmalen Radstreifen an den Rand gezwängt werden. Auch das Öffnen von Autotüren ohne sich Umzuschauen, macht vielen Radlern Angst.“ Umgekehrt würden Radfahrer aber auch nicht verstehen, dass sie im Verkehr leicht übersehen werden, wenn sie sich durch den Verkehr schlängeln oder neben Bussen und Lkw im Toten Winkel stehen. „Hier können wir durch Berichterstattung gegenseitiges Verständnis wecken und verstärken“, so Priemer.

Und was kann man für mehr Verkehrssicherheit tun? Aus Sicht der Autofahrer halten es 52% für wichtig, dass Knotenpunkte, an denen es laut Unfallstatistik zu besonders vielen Unfällen kommen, etwa beim Abbiegen, baulich entschärft werden. Radfahrer fordern zu 81 % mehr und durchgehende Radwege sowie eine konsequente Trennung von Kraft- und Radverkehr (62 %). Die Umfrage zeigt, dass sich infrastrukturelle Maßnahmen sehr positiv auf das Sicherheitsempfinden von Radfahrern auswirken. Auf nicht eindeutig abgegrenzten Radwegen fühlen sich 38 % der befragten Radfahrer (sehr) sicher, bei Radwegen mit baulicher oder räumlicher Abgrenzung steigt der Wert auf 84 %.

Motorradfahrer fordern in der Umfrage bessere Fahrbahnbeläge und weniger notdürftige Fahrbahnreparaturen mit Bitumen (82 %) sowie geschlossene Leitplanken mit Unterfahrschutz (77 %). Lkw-Fahrern sind ausreichende Parkmöglichkeiten an Autobahnen (90 %) und bessere Rahmenbedingungen für erholsame Pausenzeiten (66 %) besonders wichtig. Die Fahrer von Wohnwagen halten zu 64 % elektronische Stabilisierungssysteme für Gespanne für besonders geeignet, um die Sicherheit zu steigern.

Autofahrer, die den Nutzen von Assistenzsystemen sehen, halten in neun von zehn Fällen Totwinkel-Überwachung oder Notbremsassistenten für besonders geeignet, um die Sicherheit zu erhöhen. 61 % wollen laut Umfrage beim nächsten Autokauf sogar darauf achten, dass die neuesten Assistenzsysteme eingebaut sind. Lkw-Fahrer wünschen sich zur Vermeidung von Abbiegeunfällen Abbiege- und Totwinkelassistenten sowie generell Abstandstempomaten, Notbremsassistenten und Rückfahrkameras. Motorradfahrer akzeptieren Kurven-ABS und Traktionskontrolle, während die Piloten von Wohnmobilen Rückfahrkameras und Totwinkelüberwachung für wichtig halten.

„Die Umfrage zeigt, wie wichtig es ist, über Verkehrssicherheit stärker aufzuklären“, betonte Markus Eiberger, Mitglied der Geschäftsleitung der Motor Presse Stuttgart. „Wir werden auch in Zukunft die Verkehrsteilnehmer gezielt befragen, um ihre Probleme und Lösungsmöglichkeiten besser kennenzulernen. Als Medienhaus für Titel, die sich den verschiedenen Verkehrsträgern widmen, sehen wir eine besondere Verantwortung, mehr für Verkehrssicherheit und Rücksicht zu tun“, so Eiberger. Deshalb habe der Verlag im vergangenen Jahr die Sicherheitskampagne „Rücksicht hat Vorfahrt“ gestartet. In 14 Zeitschriften der Motor Presse Stuttgart, die Themen für Auto-, Fahrrad-, Motorrad-, Caravan-, Lkw- und Busfahrer aufbereiten, wird seitdem intensiv über Verkehrssicherheit berichtet. Die Kampagne wird auch 2022 fortgesetzt.

An der vorgelegten Umfrage haben sich 11.213 Leser der 14 Zeitschriften in der Zeit vom 21. Dezember 2021 bis Ende Januar 2022 beteiligt.

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