Wissenschaftler:innen des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) untersuchen in zwei Forschungsprojekten die Herstellung von Medikamenten und Implantaten mit einem 3D-Drucker und deren Einbindung in den Klinikalltag. Die Mitarbeitenden der Klinikapotheke des UKE möchten in einer Machbarkeitsstudie zeigen, dass der 3D-Druck von Arzneimitteln grundsätzlich in den bestehenden, digitalen Medikationsprozess des UKE integriert werden kann. Die Wissenschaftler:innen der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie erforschen gemeinsam mit anderen Institutionen die Herstellung von patient:innenspezifischen Implantaten (PSI) mit Hilfe von 3D-Druckern und Künstlicher Intelligenz. Beide Projekte werden aus dem Förderprogramm REACT-EU der Europäischen Union (EU) mit insgesamt rund zwei Millionen Euro gefördert.

„Ich freue mich sehr, dass wir für das UKE einmal mehr REACT-EU-Mittel für vielversprechende medizinische Innovationen einwerben konnten und damit Spitzenforschung vorantreiben. Die beiden 3D-Druckverfahren, die hier erprobt und perfektioniert werden sollen, könnten schon bald eine enorme Erleichterung klinischer Prozesse bedeuten, und liefern passgenaue Lösungen in der Patient:innenversorgung. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse dieser großartigen Forschungsprojekte!“, sagt Katharina Fegebank, Senatorin für Wissenschaft und Forschung.

„In der Klinik schreitet der Einsatz von pharmazeutischen und medizinischen Anwendungen, die individuell mit Techniken des 3D-Drucks hergestellt werden, rapide voran. Zugleich stellt der 3D-Druck von Medizinprodukten und Arzneimitteln noch eine junge Disziplin dar. Das UKE besetzt mit dem Vorantreiben des 3D-Drucks ein innovatives Zukunftsthema, mit dem wir die Vielfalt unserer Forschung unterstreichen“, sagt Prof. Dr. Blanche Schwappach-Pignataro, Dekanin der Medizinischen Fakultät und Vorstandsmitglied des UKE.

Patient:innenindividuelle Arzneimittel aus dem 3D-Drucker

In der Machbarkeitsstudie der Klinikapotheke des UKE wollen die Wissenschaftler:innen zunächst eine Formulierung entwickeln, anhand derer ein Arzneimittel mit dem 3D-Drucker nach pharmazeutischen Qualitätskriterien hergestellt werden kann. Zudem wollen sie aus Smart Wearable Devices gewonnene Daten nutzen und diese mit Hilfe eines Machine-Learning-Algorithmus auswerten. So soll die Anpassung von Dosierungen simuliert und die patient:innenindividuelle Therapie weiter verbessert werden. Dabei arbeiten die Forschenden der Klinikapotheke mit denen des Instituts für angewandte Medizininformatik des UKE zusammen. Im Anschluss soll der Prozess an den digitalen Medikationsprozess des UKE angeschlossen werden. Das Projekt „Patient:innenindividueller 2D/3D Druck von Arzneimitteln im Closed Loop Medication Management“ wird von der EU bis Anfang 2023 mit rund 650.000 Euro gefördert.

„In der Pharmazie bietet das 3D-Druck-Verfahren die Möglichkeit, Arzneimittel mit geringer therapeutischer Breite individuell herzustellen und dabei die Bedarfsmenge und Dosierung anzupassen. Wir sind überzeugt, dass der maschinelle Druck von Arzneimitteln einen wichtigen Beitrag zur Präzisionsmedizin und zur Patient:innensicherheit leistet“, sagt Dr. Michael Baehr, Leiter der Klinikapotheke des UKE.

Patient:innenindividuelle Gesichtsimplantate aus dem 3D-Drucker

Die rekonstruktive Chirurgie im Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich gewinnt vor allem nach Tumorerkrankungen oder Unfällen an Bedeutung. Schon seit längerem werden regelmäßig computergesteuert hergestellte Implantate in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie genutzt. Die Wissenschaftler:innen der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des UKE wollen gemeinsam mit Forschenden der Hamburger Fraunhofer-Einrichtung für Additive Produktionstechnologien IAPT und der Bundeswehr-Universität Hamburg eine Datenbasis für weitere Rekonstruktionsmodelle schaffen. Das sogenannte DigiMed-Projekt („Digitale Wertschöpfungsketten für die Medizintechnik anhand der additiven Fertigung patientenspezifischer gesichtschirurgischer Implantate“) läuft bis Ende 2022 und wird mit insgesamt knapp 1,5 Millionen Euro gefördert, davon gehen rund 161.000 Euro direkt ins UKE.

„Unser langfristiges Ziel ist eine nachhaltige Sicherung der Patient:innenversorgung mit individuell angepassten Implantaten. Im Rahmen des Forschungsprojekts möchten wir verschiedene Methoden entwickeln, um das Design für solche Implantate automatisiert aus Computertomografie-Daten zu erstellen und diese Designs anschließend automatisch in 3D-druckfähige Daten umzuwandeln. Derzeit fokussieren wir uns auf Implantate für die Augenhöhle“, erklärt Prof. Dr. Dr. Ralf Smeets, Stellvertretender Direktor der Klinik und Poliklinik für Mund, Kiefer- und Gesichtschirurgie des UKE.

REACT-EU

Um die Folgen der durch die Corona-Pandemie hervorgerufenen negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft in den EU-Mitgliedstaaten zu bekämpfen, hat die Europäische Union (EU) insgesamt 47,5 Milliarden Euro im Förderprogramm REACT-EU (Recovery Assistance of Cohesion and the Territories of Europe) bereitgestellt. Diese Mittel sollen neben der Erholung der Wirtschaft auch Maßnahmen fördern, die eine umweltfreundliche, digitale und widerstandsfähige EU zum Ziel haben. Die organisatorische Umsetzung der Förderung erfolgt über die europäischen Strukturfonds EFRE und ESF. Hamburg erhält etwa 47 Millionen Euro REACT-EU-Mittel. 13,2 Millionen Euro sind für Projekte in der Fördermaßnahme Life Science vorgesehen mit dem Fokus auf Infektions- und Pandemiebekämpfung sowie auf Digitalisierung. Die Abwicklung der Förderung erfolgt über die Hamburgische Investitions- und Förderbank (IFB).

Über Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)

Das 1889 gegründete Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ist eine der modernsten Kliniken Europas und mit rund 14.100 Mitarbeitenden einer der größten Arbeitgeber in Hamburg. Pro Jahr werden im UKE rund 449.000 Patient:innen versorgt, 88.000 davon stationär und 361.000 ambulant. Zu den Forschungsschwerpunkten des UKE gehören die Neurowissenschaften, die Herz-Kreislauf-Forschung, die Versorgungsforschung, die Onkologie sowie Infektionen und Entzündungen. Über die Medizinische Fakultät bildet das UKE rund 3.400 Mediziner:innen, Zahnmediziner:innen und Hebammen aus.

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