Es sind Bilder, die sich tief einbrennen, Bilder von den ersten ukrainischen Flüchtlingen, die im Vogelsberg ankommen. Manche ziehen einen Koffer hinter sich her, andere haben nicht mehr als zwei Plastiktüten in der Hand. Das, was vom bisherigen Leben geblieben ist – es passt in zwei Einkaufstüten. Unvorstellbar. Die Menschen stehen förmlich vor dem Nichts, sie brauchen etwas zu essen, Kleidung, vielleicht eine ärztliche Behandlung oder eine psychologische Betreuung, vor allem aber brauchen sie ein Dach über dem Kopf. Landrat Manfred Görig spricht denn auch von einer „besonderen Herausforderung, die wir nur gemeinsam schaffen“, zumal jetzt angekündigt wurde, dass der Vogelsbergkreis mindestens 60 Flüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen muss – Woche für Woche. „In dieser Situation ist der Kreis alleine nicht mehr in der Lage, die Menschen adäquat unterzubringen, deshalb benötigen wir die Hilfe und die Unterstützung unserer 19 Städte und Gemeinden“, so der Landrat, der die Bürgermeister am Mittwoch entsprechend informierte. Vor wenigen Minuten entschied am heutigen Donnerstag zudem der Kreisausschuss über die entsprechende Zuweisung der geflüchteten Menschen direkt an die Kommunen.

„Wir müssen die Kommunen einbinden, wir müssen uns gemeinsam auf den Weg machen. Ich bin der Meinung, dass wir alle es hinbekommen – zusammen“, zeigt sich der Landrat überzeugt. „Und wir müssen die vielen Ehrenamtlichen mit ins Boot holen, die sich vor Ort einbringen wollen. Ihre Hilfe ist Gold wert.“

Niemand kann voraussagen, wie viele Menschen ihre Heimat, die Ukraine, noch verlassen werden. Im Moment geht man davon aus, dass der Vogelsbergkreis neben der bisherigen wöchentlichen Zuweisung von zehn Personen aus den weltweiten Krisengebieten noch einmal 60 Flüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen muss. Immerhin 240 Menschen in einem Monat, 960 in einem Zeitraum von vier Monaten. Die Zahlen könnten sich – je nach Lage in der Ukraine – auch noch erhöhen. 

Vor diesem Hintergrund hat der Kreisausschuss heute festgelegt, dass die Städte und Gemeinden bis Anfang nächster Woche „Notunterkünfte“ für die Geflüchteten errichten müssen. Als Größenordnung wird eine Monatsreserve angenommen – in Alsfeld wären das entsprechend des Einwohnerschlüssels 36 Plätze, in Antrifttal vier. Die Gemeinden werden diese Unterkünfte auch betreiben, also die Menschen dort betreuen und verpflegen. Parallel wird nach regulären Wohnungen gesucht. „Die Unterbringung in der Notunterkunft ist nur eine Übergangslösung, wir brauchen Wohnungen“, betont der Landrat. Auch ein Umzug in eine Gemeinschaftsunterkunft wäre möglich, daher sollen die Gemeinden auch schauen, ob es noch freie Immobilien gibt, die als Gemeinschaftsunterkunft genutzt werden können.

Vor Ort soll das Engagement der vielen Freiwilligen genutzt werden. Die Gemeinden sollen ehrenamtliche Helferkreise aufbauen, damit die Flüchtlinge bei alltäglichen Herausforderungen und Fragestellungen unterstützt werden können. „Mit dem Engagement vor Ort ist vieles leichter und effizienter zu lösen“, ist sich Manfred Görig sicher. Die originäre Betreuung – von verwaltungstechnischen Vorgängen bis zur sozialen Betreuung – wird indes weiterhin durch den Vogelsbergkreis sichergestellt. Pro zugewiesenem Flüchtling gibt es einen festen Betrag für die Kosten der Unterbringung und Verpflegung. Übernommen werden auch die Kosten für die gesundheitliche Versorgung.

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