In einem umfassenden Projekt überprüft das Denkmalschutzamt Hamburg seit 2020 Objekte aus den Jahren zwischen 1975 bis 1995. Seitdem wurden 20 Einzeldenkmäler und Ensembles aus dieser Zeit unter Schutz gestellt. Weitere werden folgen. Mit diesem Projekt verfolgt das Amt das Ziel, die Bau- und Gartendenkmale dieser Zeit zu erfassen, zu erforschen und gegebenenfalls unter Schutz zu stellen. Damit wird das Denkmalschutzamt seiner Aufgabe gerecht, nach rund einer Generation (30 Jahre) den Gebäudebestand auf seine Kulturdenkmäler hin zu prüfen. Ziel des Projekts ist es, authentisch überlieferte Bauten und Gärten in die Denkmalliste der Stadt aufzunehmen und den Bestand zu schützen. Die erste umfassende Unterschutzstellung dieser Zeitschicht soll Ende 2022 abgeschlossen sein. 

Dem Inventarisationsprojekt vorausgegangen ist die Auflistung und Verortung der Objekte, die zwischen 1975 und 1995 in Hamburg gebaut wurden. Im Zuge dessen wurden bereits 2018/19 vereinzelt Objekte in die Denkmalliste aufgenommen. Die bekanntesten darunter sind das Gruner und Jahr-Verlagsgebäude oder das England-Terminal.

Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Mit der systematischen Untersuchung des Bestandes aus der Zeit zwischen 1975 bis 1995 leistet das Denkmalschutzamt einen wichtigen Beitrag zur baukulturellen Forschung zur postmodernen Architektur. Ich bin den Kolleginnen und Kollegen im Denkmalschutzamt sehr dankbar, dass sie sich frühzeitig und umfassend dem besonderen Gebäudebestand dieser Zeit widmen. Mit der umfassenden Untersuchung leistet das Denkmalschutzamt einen wichtigen Beitrag zum Erhalt unseres baukulturellen Erbes und des Gesichts unserer Stadt. In Hamburg greift die Postmoderne neben historischen Stilelementen oft auch regionale Bezüge zur Hafenstadt auf. Als authentische historische Zeugnisse dokumentiert Hamburgs junge Baukultur unsere städtische Geschichte und bietet uns als Stadtgesellschaft viele Identifikationsmöglichkeiten. Ich freue mich, dass die Vielfalt der Denkmalkultur in Hamburg durch das Inventarisationsprojekt erweitert und der Bestand geschützt wird.“

Dr. Anna Joss, Leiterin Denkmalschutzamt: „Das umfassende Inventarisierungsprojekt des Denkmalschutzamtes untersucht zum ersten Mal systematisch, welche herausragenden Bauten und Anlagen es in Hamburg aus der Zeit der Postmoderne gibt und ihr Schutz somit im öffentlichen Interesse liegt. Eine wichtige Weiterentwicklung der Hamburger Denkmalvielfalt. Die postmoderne Architektur zeichnet sich dadurch aus, das sie auf Formen und Strukturen der Architektur aus der Vergangenheit Bezug nimmt und auf die Geschichte der jeweiligen Orte, wo gebaut wurde. Auch der Aspekt der Stadtreparatur spielte eine Rolle. Es wurde behutsam erneuert und nicht mehr flächig saniert.“

Im Zuge des Inventarisationsprojekts wurde unter anderem der Denkmalwert folgender Objekte erkannt:

  • Verlagsgebäude Hoffmann und Campe, Harvestehuder Weg 41 (1991)
  • Wohngebäude, Grindelallee 100 (1987)
  • Wohnbebauung, Fischmarkt (1988–89)
  • S-Bahn Haltestelle, Hammerbrook (1978–83)
  • Kita, Spielhaus und Spielplatz, Zeiseweg 15 (1988)
  • Wolfgang-Borchert-Wohnsiedlung, Alsterdorf (1984-86)
  • Ev. Franz von Assisi-Kirche, Bergedorf (1993)
  • Kath. Edith-Stein-Kirche, Bergedorf (1992)

Zur Postmodernen Architektur in Hamburg

Die Postmoderne hat als Bewegung in den Sechzigern angefangen. In diesen bewegten Zeiten ist eine entsprechend vielfältige, widersprüchliche, aber auch innovative Architektur entstanden. Die postmoderne Architektur als Gegenbewegung zur Moderne, die durch eine grundlegend funktionalistische Haltung geprägt war, setzte sich in Deutschland seit den 1980er Jahren durch. Typische Merkmale der postmodernen Architektur waren etwa der Gebrauch von Giebeln, Säulen und Materialmix. Auch in Hamburg schlägt die postmoderne Architektur Brücken zur kulturellen und geschichtlichen Identität. Die Gebäude sollten zum Gesamtbild der Stadt passen.

Beispiele hierfür sind das seit 2017 unter Denkmalschutz stehende Hanseviertel (1980), das außen und innen vom Backstein als traditionsreiches Baumaterial in Hamburg geprägt ist.

Regionale Bezüge in seiner postmodernen Architektur weist auch das Gruner und Jahr-Verlagsgebäude (1990) auf, das seit 2018 unter Schutz steht. Seine Architektur greift die Lage am Hafenrand auf und ruft Assoziationen zu Schiffen, Hafen, Werften, Kränen, Speichern hervor.

Das England-Terminal (1993) steht seit 2019 in der Denkmalliste. Nachdem das Schiffsmotiv schon mit dem Gruner und Jahr-Gebäude in die Stadt gekommen war, wird es auch hier aufgegriffen. Das heute unter anderem als Opernloft genutzte Gebäude diente der Abfertigung von Kreuzfahrtschiffen und dem Fährverkehr nach England.

Seit 2022 unter Schutz steht das Wohngebäude auf dem Eckgrundstück Grindelallee 100 (1982). Ganz bewusst reagiert das Gebäude durch seine Höhe, aber auch die Vor- und Rücksprünge auf die umgebende Bebauung der Gründerzeithäuser im Stil der Neurenaissance. Das in Hamburg zu dieser Zeit dominierende Schiffsmotiv findet sich auch hier wieder.

Ein herausragendes Beispiel für postmoderne Architektur ist die S-Bahn Haltestelle Hammerbrook (1983), die in ihrer authentisch erhaltenen Gestaltung eine weit über den gängigen Zeitstandard hinausgehende Architekturleistung ist. Hamburgs einzige S-Bahnhaltestelle auf Stelzen sieht aus wie eine fahrende S-Bahn und ist ein signalrotes Wahrzeichen in der City-Süd.

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