Vor dem Hintergrund der Situation in der Ukraine und der zunehmenden Zahl an Flüchtenden appellieren die Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern, die besonderen Belange von Geflüchteten mit Behinderungen in den Blick zu nehmen.

In einem offiziellen Schreiben an die Bundesministerin des Auswärtigen, die Bundesministerin des Inneren und für Heimat, die Innenministerkonferenz, die Arbeits- und Sozialministerkonferenz und die Integrationsministerkonferenz führen sie aus, welche Aspekte für eine gute Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten mit Behinderungen berücksichtigt werden sollten:

  • Systematische Identifizierung von Geflüchteten mit Behinderungen und ihrer Bedarfe bei Ankunft – Benennung übergeordneter Lotsen auf Landesebene zur Koordination erster Schritte nach Ankunft.
  • Unmittelbare Bereitstellung dringend erforderlicher Hilfsmittel.
  • Bedarfsgerechte Unterbringung – möglichst außerhalb von Sammelunterkünften.
  • Für die medizinische Versorgung der Vertriebenen, die nach §§ 4 und 6 AsylbLG erfolgt, ist mit den Krankenkassen flächendeckend eine „auftragsweise Betreuung“ nach § 264 Abs. 1 SGB V zu vereinbaren.
  • Die Kommunen sind auf die Sonderregelung des § 6 Absatz 2 AsylbLG für Vertriebene hinzuweisen. Diese Regelung ist weiter als § 6 Abs. 1 AsylbLG, der für Asylbegehrende gilt. Vertriebenen, die besondere Bedürfnisse haben, wird danach die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe gewährt. Damit haben Vertriebene mit Behinderungen bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch einen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe. Gleiches gilt für psychotherapeutische Leistungen. Um eine möglichst einheitliche und unkomplizierte Leistungsgewährung zu ermöglichen, ist z.B. durch ein Rundschreiben darüber zu informieren.
  • Sicherstellung, dass für die Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften Schutzmaßnahmen für Frauen und andere schutzbedürftige Personen wie Menschen mit Behinderungen getroffen sind bzw. werden (vgl. §§ 44 Abs. 2a, 53 Abs. 3 AsylG).
  • Unverzügliche Eingliederung von Kindern mit Behinderungen in Kitas und Schulen.
  • Schneller und unkomplizierter Zugang zu tagesstrukturierenden Maßnahmen
    (z.B. Tagesstätten der gemeindepsychiatrischen Dienste und Werkstätten für behinderte Menschen).
  • Barrierefreie Informationsangebote, Informationen in Leichter Sprache, Dolmetschung sowie Gebärdensprachdolmetschung vorhalten.
  • Zudem wird auf das Beratungsangebot der kommunalen Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen sowie der Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) hingewiesen.

Darüber hinaus gilt die besondere Sorge der Beauftragten den Menschen, die aufgrund ihrer hohen Vulnerabilität nicht eigenständig in der Lage sind, die Ukraine zu verlassen. Hierfür müssten dringend humanitäre Korridore geöffnet und für die Rettung dieser Personengruppen genutzt werden. Außerdem sei die Situation von Kindern mit und ohne Behinderungen in ukrainischen Pflege- oder Waisenheimen Besorgnis erregend. Hierzu die Beauftragten: „Wir begrüßen es, wenn die Bundes- und Landesregierungen ein Aufnahme-Programm für diese Kinder unverzüglich auflegen.“

Sprecher der Konferenz der Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern ist derzeit Michael Welsch (Sachsen).

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