Mobilitätssenatorin Jarasch verkündete am Montag einen ersten Erfolg mit der im 100-Tage-Programm beschlossenen Projektgruppe zur Beschleunigung des Ausbaus von Radverkehrsanlagen an Hauptstraßen. Unzweifelhaft besteht somit fürs Erste eine Möglichkeit zur Beschleunigung der Planungen, indem das bei den Pop Up-Radwegen erprobte Konzept nun dauerhaft umgesetzt werden kann. Unverständlich bleibt allerdings, warum dies noch immer auf Freiwilligkeit der Bezirke angewiesen ist. Unklar bleibt zudem, ob dieses Modell tatsächlich dafür sorgt, dass die im Radverkehrsplan dargelegten 40 Kilometer Radvorrangnetz in diesem Jahr entstehen. Die von Jarasch genannten Abschnitte stellen hiervon nur einen Bruchteil dar.
„Es kann nicht angehen, dass Gesetze wie das Mobilitätsgesetz und Rechtsverordnungen wie der Radverkehrsplan in Berlin nur freiwillig umgesetzt werden. Ausgerechnet in Bezirken mit CDU-Stadträt*innen weigern sich diese, geltendes Recht umzusetzen. Wenn der Senat glaubhaft bleiben will, dann muss er schleunigst sicherstellen, dass die Verkehrswende nicht von Einzelpersonen aus reiner Ideologie torpediert werden kann. Berlin ist eine Einheitsgemeinde und die Bezirke sind nunmal keine unabhängigen Kommunen“, sagt Ragnhild Sørensen von Changing Cities.
Katastrophal stellt sich die Lage im Entwurf des Landeshaushalts dar. Wurden für das Jahr 2021 noch über 32 Millionen Euro für den Radverkehr im Haushalt angesetzt, so sind es 2022 weniger als 27 Millionen und für 2023 gut 29 Millionen. Beim dringend benötigten Personal gibt es ebenfalls keine Aufstockungen. Demgegenüber steht, dass nach Angaben der Senatsverwaltung für die Umsetzung des Radverkehrsplans, also die Herstellung des Radnetzes bis 2030, rund 1,5 Milliarden Euro, also ungefähr so viel wie für sechs Kilometer Autobahn, und über 100 zusätzliche Stellen für Planer*innen benötigt werden. Die mangelnde Ressourcenausstattung zeigt sich auch im Bereich des Fußverkehrs: Hier sind bislang die gesetzlich vorgeschriebenen Stellen für Fußverkehr in den Bezirken nicht im Haushalt abgesichert und die Gelder für die Modellprojekte zum Fußverkehr werden ebenfalls von 5 Millionen auf 3,9 Millionen um fast ein Viertel reduziert. Gar nichts findet sich im Landeshaushalt zum Förderprogramm für Kiezblocks und weitere Quartiersumgestaltungen.
„Das geht so nicht. Man kann sich nicht die Verkehrswende auf die Fahnen schreiben, sonntags darüber trefflich schwadronieren und dann nicht die nötigen Ressourcen bereitstellen. Wenn selbst die im Mobilitätsgesetz und Radverkehrsplan rechtlich verankerten Maßnahmen nicht auskömmlich finanziert werden, dann hat der Finanzsenator seine Hausaufgaben nicht richtig gemacht und die Mobilitätssenatorin ihre interne Prioritätensetzung nicht ausgerichtet. Nun müssen die Abgeordneten im Mobilitäts-, im Hauptausschuss und in den Haushaltsverhandlungen diese Scharte auswetzen. Aber nicht nur das: Die Stadt von morgen bietet nachhaltige Mobilität und damit Teilhabe für alle. Changing Cities wirbt daher seit über zwei Jahren für die Einrichtung von Kiezblocks, und es gibt inzwischen über 10 erfolgreiche Einwohner*innenanträge in den Bezirken hierzu. Der Senat hat sich vorgenommen, dies mit einem Förderprogramm zu unterstützen, und die Abgeordneten sind jetzt auch in der Pflicht, die Mittel im Haushalt einzustellen“, so Jens Steckel von Changing Cities.
Wir fördern zivilgesellschaftliches Engagement für lebenswertere Städte. Das bislang größte Projekt von Changing Cities e.V. ist der Volksentscheid Fahrrad in Berlin, mit dem es 2016 gelang, die Berliner Verkehrspolitik zu drehen und das bundesweit erste Mobilitätsgesetz anzustoßen. Changing Cities e.V. unterstützt landes- und bundesweit Bürger*inneninitiativen, die sich im Bereich nachhaltige Verkehrswende und lebenswerte Städte einsetzen, mit Kampagnenwissen oder stößt solche Initiativen an. Changing Cities ist als gemeinnützig anerkannt.
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