„Dass die Bundesregierung deutschlandweit 2 % der Landesfläche für die Windenergie sichern will, ist ein richtiger Schritt“, sagt Prof. Wolfgang Köck. „Damit zeitnah genügend Anlagen errichtet werden, muss zusätzlich der Rechtsrahmen verändert werden.“
Der Rat spricht sich für ein 2-%-Flächenziel für jedes Bundesland aus. Dies kann auch zeitlich gestaffelt eingeführt werden. Zukünftig sollten die Planungsträger nur noch dann Gebiete pauschal für Windenergie sperren dürfen, wenn sie insgesamt ausreichend Fläche zur Verfügung stellen, um das 2-%-Ziel zu erreichen. Die für den Ausbau benötigten Rohstoffe müssen nicht nur ökologischen und sozialen Mindeststandards genügen, sondern auch kreislaufwirtschaftsgerecht eingesetzt werden. Repowering – also der Bau von modernen, leistungsfähigeren Anlagen an Altstandorten – sollte erleichtert werden. Dabei müssen jedoch der Immissions- und der Artenschutz im konkreten Einzelfall beachtet werden, pauschale Regelungen sind zu vermeiden.
Die sogenannte Länderöffnungsklausel im Baugesetzbuch sollte ersatzlos gestrichen werden. Sie hat den Ländern ermöglicht, Mindestabstände einzuführen, die den Ausbau der Windenergie spürbar hemmen. „Diese Abstände wurden insbesondere damit begründet, dass sie die Akzeptanz bei der Bevölkerung erhöhen. Eine solche Wirkung konnte jedoch empirisch nicht nachgewiesen werden“, stellt Prof. Annette Elisabeth Töller klar. Das Wohnumfeld ist auch ohne Länderöffnungsklausel effektiv geschützt.
„Der Ausbau der Windenergie kann und muss im Einklang mit dem Naturschutz erfolgen“, betont Prof. Josef Settele. Ökologisch besonders wertvolle Schutzgebiete müssen von Windenergieanlagen freigehalten werden. Um Zulassungsverfahren rechtssicher und einfacher zu machen, sollten sie so weit wie möglich standardisiert werden. Der Schutz der Individuen geschützter Arten sollte grundsätzlich beibehalten werden. Der SRU geht aber davon aus, dass Ausnahmegenehmigungen, bei denen Populationsbetrachtungen eine zentrale Rolle spielen, künftig eine größere Bedeutung haben werden. Die Voraussetzungen dafür müssen möglichst präzise geregelt werden. Um die Ausnahmemöglichkeiten effektiv nutzen zu können, empfiehlt der Rat, den Naturschutz durch wirkungsvolles Schutzgebietsmanagement, Artenschutzprogramme und eine Artenschutzabgabe zu stärken.
Planungs- und Genehmigungsverfahren sind zu langwierig und fehleranfällig. Daher sollten die rechtlichen Anforderungen an die Verfahren konkretisiert und soweit wie möglich vereinfacht werden. Wichtig ist zudem, die zuständigen Behörden mit ausreichend Personal auszustatten und das Verfahrensmanagement zu verbessern. Dagegen wäre die Einschränkung von Beteiligungs- und Klagerechten nicht zielführend.
Gemeinden sowie Anwohnerinnen und Anwohner sollten von den Erträgen der Windenergieanlagen stärker finanziell profitieren. Bürgerschaftliche und kommunale Betreibermodelle können zur Wertschöpfung im ländlichen Raum beitragen. Der Rat empfiehlt, neben den Kommunen auch organisierte gesellschaftliche Gruppen stärker bereits in die Ausweisung der Flächen einzubeziehen. Schon vor Beginn der Zulassungsverfahren sollte die Öffentlichkeit stärker beteiligt werden.
„Auch finanziell muss die Windenergie weiterhin gefördert werden, damit ein ambitionierter Ausbau und eine sichere Energieversorgung garantiert sind“, sagt Prof. Claudia Kemfert. Einzelanlagen sollten über feste Einspeisevergütungen gefördert und Ausschreibungen nur für mittlere und größere Windenergieprojekte beibehalten werden. Der Mechanismus zur künstlichen Verknappung der Ausschreibungsmenge sollte abgeschafft werden.
Zu Beginn der Koalitionsverhandlungen im Oktober 2021 hat der Rat bereits die Kernempfehlungen in einem kurzen Impulspapier veröffentlicht.
Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) berät die Bundesregierung seit 50 Jahren in Fragen der Umweltpolitik. Die Zusammensetzung des Rates aus sieben Professorinnen und Professoren verschiedener Fachdisziplinen gewährleistet eine wissenschaftlich unabhängige und umfassende Begutachtung, sowohl aus naturwissenschaftlich-technischer als auch aus sozialwissenschaftlicher Perspektive.
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