„Wir tragen eine große Verantwortung für die Qualität der Röntgen- und CT-Geräte, schließlich dürfen wir uns als die ‚Erben’ Conrad Röntgens fühlen“, erklärt Thomas Petschke, Manager Mechanical Service bei Philips Medical Systems Development and Manufacturing Centre (DMC) GmbH. Allein die Adresse in Hamburg-Fuhlsbüttel verpflichtet: Röntgenstraße 24. Ganz in der Nähe, in Hamburg – St. Georg, hat 1886 Carl Heinrich Florenz Müller – genannt „Röntgenmüller“ die erste Röntgenröhre für medizinische Zwecke nach der Erfindung von Conrad Wilhelm Röntgen gebaut. Bereits 1927 hat Philips das Werk übernommen, an diese namentlich passende Stelle umgesiedelt und bis heute weiterentwickelt.
Schwer zerspanbarer Werkstoff für anspruchsvolle Aufgaben
Vielleicht war es auch die Verantwortung gegenüber dieser Vergangenheit, wie Petschke meint: „Wir wollten die Wertschöpfung der wichtigen Teile für die Röntgengeräte verbessern und damit mehr Kontrolle über Qualität, Termin und Kosten haben.“ Dazu gehört als wichtigstes Teil der Röntgengeräte auch die Kathode. Denn sie emittiert Elektronen, die im elektrischen Feld der angelegten Hochspannung in Richtung Anode beschleunigt werden. Bei Philips besteht sie aus Alloy 42, einer Eisen-Nickel-Legierung (Ni42/1.3917).
„Muss das sein!“, werden Kenner jetzt gleich rufen. Denn Nickel-Basis-Legierungen mit geringer Wärmeausdehnung gehören zu den schwer zerspanbaren Werkstoffen für anspruchsvolle Herausforderungen und bedürfen besonderer Erfahrung. Dass es diese Legierung sein muss, begründet Petschke mit der hohen Wärmebelastung. Bis zu 150.000 Volt Spannung erzeugen in der Kathode rund 1200° C und beschleunigen Elektronen, die beim Auftreffen auf der Anode die Röntgenstrahlung (Bremsstrahlung) entstehen lassen. Der Wirkungsgrad liegt lediglich bei etwa ein Prozent! Der Rest ist Wärme. Deshalb ist ein thermostabiles Material zwingend.
Menschen, Meister und Maschinen
„Wir brauchten Menschen, Meister und Maschinen“, erinnert sich Petschke. Was die Bearbeitung des Kathodenkopfes betrifft, kann er schnell „einen Haken dranmachen“. Denn mit Jan Weidel von ARNO Werkzeuge steht von Anfang an ein Werkzeugexperte an seiner Seite, der mehr liefert als nur Zerspanungswerkzeuge. Er unterstützt Petschke bei der Inbetriebnahme der neuen Index C200 mit drei Revolvern bis zur Abnahme der ersten Serienteile.
„Mit Hilfe unserer Anwendungstechniker haben wir gemeinsam konkrete Pläne für die Bearbeitung des Kathodenkopfes ausgearbeitet“, berichtet Weidel. Die umfasst neben den Prozessschritten Fräsen, Drehen und Bohren ebenso Gewindedrehen, Senken, Stechen und Entgraten. Ausgearbeitete Tabellen listen detailliert alle Parameter der Bearbeitung auf. Dazu gehören Schnitttiefe und –geschwindigkeit, Durchmesser, Drehzahl, Vorschubweg und -geschwindigkeit pro Umdrehung und pro Minute sowie Vorschubzeit und Gesamtzeit.
Bearbeitungspläne erleichtern Arbeit und Kalkulation
Lediglich 32 Millimeter Durchmesser und 19 Millimeter Höhe weist beispielsweise eine Variante des Kathodenkopfes auf. Dennoch ist er das zentrale Bauteil. Die Aufgabenstellung von Philips ist folglich klar: Neben Prozesssicherheit und Wiederholgenauigkeit muss auch eine hohe Oberflächengüte erreicht werden. Für die Werkzeuge sind eine hohe Wechselgenauigkeit und eine lange Standzeit gefordert. „Uns war schon klar, dass das alles zusammen mit einer Spankontrolle und der Wärmeabführung im Bereich der Bearbeitung von Ni42/1.3917 nicht gerade ein Kinderspiel ist“, gibt Petschke zu bedenken und lobt im gleichen Atemzug: „Aber die Arno-Experten haben das super gelöst.“
Bei Werkzeugen sind die Schwaben als Hersteller natürlich im Thema. Bezug zur Praxis mit entsprechenden Empfehlungen zum passenden Werkzeug und der Bearbeitung kommt durch die vielen Fachberater vor Ort, die bei ihren Kunden stets nah an den Prozessen sind. Aus diesem Wissen können alle Mitarbeiter schöpfen.
Arno Werkzeuge hat einen großen Wissenspool aufgebaut
„Zu den Bearbeitungsplänen erhält Philips von uns auch die passenden Werkzeuge,“ sagt Klaus-Dieter Krüger, Verkaufsleitung ARNO Werkzeuge. Fürs Drehen sind das unter anderem hochpositive Wendeschneidplatten der ASF-Geometrie mit geschwungenen Schneiden, scharfen Schneidkanten und hoher Kantenstabilität. Sie sind bestens geeignet für solche zähen Werkstoffe, denn sie sind temperaturresistent und brechen den Span kontrolliert. Fürs Abstechen kommen sehr schlanke Abstechmodule mit dem patentierten ARNO Cooling System® (ACS) zum Einsatz. Dabei schafft es das ACS2, den Kühlschmierstoff gezielt und fein dosiert, über zwei Kanäle direkt an die Schneide zu bringen. Einer führt durch den Plattensitz, der zweite Kanal führt Kühlmittel von unten direkt an die Freiflächen und endet in einer dreieckigen Form. Diese optimale Formgebung ist nur durch das neu eingesetzte additive Fertigungsverfahren möglich geworden. So gelangt das Kühlmittel über die volle Breite der Stechplatte bis zum äußersten Rand der Schneide. „Mehr geht nicht. Der Plattendurchsatz ist für das, was das Abstechsystem bei diesem Material leistet, extrem gut“, versichert Jan Weidel. „Der Schneidenverbrauch ist sehr stark gesunken“, bestätigt Petschke.
Des Weiteren kommen Werkzeuge fürs Fräsen, Bohren und Gewindedrehen zum Einsatz, um in sechs bis zehn Minuten einen von mehreren Varianten der Kathodenköpfe zu bearbeiten. Auch mit den passenden Bohrwerkzeugen hat Arno Werkzeuge gepunktet. Die Bohroperationen mit engen Toleranzen bei Form und Lage zu den Planflächen sind extrem anspruchsvoll. „Hier hatten wir früher häufig Werkzeugbruch“, erzählt Petschke. Das war nicht akzeptabel, denn um die insgesamt etwa 14.000 Kathodenköpfe pro Jahr fertigen zu können ist mannarme Bearbeitung notwendig. Ein spät entdeckter Werkzeugbruch hat da fatale Folgen mit hohen Kosten.
Gute Werkzeuge sollen auch gut verwaltet werden
Weil die Zusammenarbeit so gut funktionierte, durfte Arno Werkzeuge 2019 auch sein Werkzeugverwaltungssystem Storemanager vorstellen. „Unser Paternoster war in die Jahre gekommen und störanfällig. Außerdem hat er viel zu viel Platz benötigt, war starr und unflexibel“, sagt Petschke. Heute werden die Werkzeuge über ein Storemanager Pro Master und zwei Start Plus Module von Arno Werkzeuge verwaltet und ausgegeben. Was früher umständlich gezählt und in der Access-Datenbank eingetragen werden musste, wird heute von der Software rund um die Uhr vollständig und lückenlos erfasst und verwaltet. „Der Storemanager findet das passende Werkzeug zum Auftrag stets zuverlässig. Dafür sorgen der unbestechliche Scanner und das Programm, das niemals daneben greift,“ versichert Krüger. Dass die zu Auftrag und Bearbeitungsprozess passenden Werkzeuge wie Schneidplatten, Abstechstähle oder Bohrsysteme hinterlegt sind, ist ein Ergebnis der intensiven Zusammenarbeit zwischen Philips und ARNO Werkzeuge.
Werkzeugentnahme und –rückgabe rund um die Uhr
Die Werker entnehmen dem Toolmanagementsystem nun zielgerichtet und schnell die für den Prozess definierten und zur Entnahme freigegebenen, fertig voreingestellten Werkzeuge. Ebenso Schneidplatten, Fräs- und Bohrsysteme – „und bringen sie dorthin auch wieder zurück“, wie Petschke betont. Fehlbestände gibt es praktisch nicht mehr, denn jedes Werkzeug ist eindeutig dem zugeordnet, der es für seinen Auftrag geordert hat. „Diese Rückverfolgbarkeit schafft Verbindlichkeiten, die das Verantwortungsbewusstsein der Werker für das entnommene Teil stärkt“, berichtet Jan Leenes, bei Arno Werkzeuge im Norden für die Storemanager zuständig.
Das Karussellsystem des Storemanager Pro enthält je nach Konfiguration der 1er-, 2er, 3er- oder 4er-Fächer bis zu 2160 Plätze für die kontrollierte Einzelentnahme mit Rücklagermöglichkeit. Die Software verwaltet dabei das Entnehmen und Zurückbringen effizient, zuverlässig und reibungslos und kümmert sich auch um den Bestand. Und sie bestellt automatisch nach.
Kleine Aufstellfläche schafft Platz für mehr Produktivität
Dass Thomas Petschke „ohne dieses System nicht mehr leben will“, ist auch das Ergebnis der Überzeugungsarbeit von Leenes. Denn der Einkauf favorisierte zunächst ein anderes System. „Wir haben eine kleine Chance genutzt und durch die kostenfreie Probestellung eines Schrankes weitere Vorteile wie kleine Aufstellfläche, Zeitersparnis und intuitive Bedienung demonstriert“, so Leenes. Dem konnte sich schließlich keiner verwehren. Und so stehen nun auf dem frei gewordenen Platz zwei neue, automatisierte und hochproduktive Schleifmaschinen. Die optimieren die Fertigung bei Philips Medical Systems weiter – aber das ist eine andere Geschichte.
Royal Philips
Conrad Röntgens „Erben“
Royal Philips (NYSE: PHG, AEX: PHIA) ist ein führender Anbieter im Bereich der Gesundheitstechnologie. Ziel des Unternehmens mit Hauptsitz in den Niederlanden ist es, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen zu verbessern und sie mit entsprechenden Produkten und Lösungen in allen Phasen des Health Continuums zu begleiten: während des gesunden Lebens, aber auch in der Prävention, Diagnostik, Therapie sowie der häuslichen Pflege. Die Entwicklungsgrundlagen dieser integrierten Lösungen sind fortschrittliche Technologien sowie ein tiefgreifendes Verständnis für die Bedürfnisse von medizinischem Fachpersonal, Konsumentinnen und Konsumenten. Das Unternehmen ist führend in diagnostischer Bildgebung, bildgestützter Therapie, Patientenmonitoring und Gesundheits-IT sowie bei Gesundheitsprodukten für Verbraucherinnen und Verbraucher und in der häuslichen Pflege. Philips beschäftigt etwa 77.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in mehr als 100 Ländern und erzielte 2020 einen Umsatz von 17,3 Milliarden Euro. Mehr über Philips im Internet: www.philips.de/presse / www.philips.de/healthcare
Kundennähe und Entwicklungspower
Das 1941 von Emil Arnold gegründete Unternehmen ARNO Werkzeuge Karl-Arnold GmbH ist ein innovativer Werkzeughersteller, der in dritter Generation von den Eigentümern geführt wird. Mit großer Fertigungstiefe, eigener Entwicklungskompetenz und globalen Vertriebsstrukturen entstehen hochmoderne und leistungsfähige Werkzeuge, die weltweit für die produktive Zerspanung beim Kurz- oder Langdrehen, Stechen, Drehen, Bohren oder Fräsen eingesetzt werden. Ein Spezialgebiet sind geschliffene, Hochpositive Wendeschneidplatten für anspruchsvolle Fertigungsaufgaben, bei denen ARNO die weltweit größte Programmvielfalt anbietet.
In Zusammenarbeit mit Kunden und unter Berücksichtigung ihrer Anforderungen entstehen immer wieder individuelle Werkzeuglösungen, die später zu hochgeschätzten Standards werden. Mit über 200 Mitarbeitern am Stammsitz in Ostfildern und in den sechs Niederlassungen sowie zahlreichen Vertriebsstandorten weltweit setzt das Traditionsunternehmen auf Kundennähe. Zuletzt hat ARNO rund 57 Millionen Euro Umsatz erzielt.
ARNO Werkzeuge
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