So lässt sich das Ergebnis einer aktuellen Studie des FiBS im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung, Landesbüro Nordrhein-Westfalen, zusammenfassen, die heute veröffentlicht wird. Besonders betroffen sind die Kinder und Jugendlichen, die die Schule nicht mit dem Abitur verlassen. Sie münden nur in begrenztem Umfang in eine qualifizierende Ausbildung.

Um die Zukunftschancen aller Kinder und Jugendlichen zu verbessern, muss zeitgleich in Kitas, Schulen und in bessere Übergangschancen in Ausbildung investiert werden. Die Studie entwickelt einen Stufenplan, wie diese Ziele kurz- wie langfristig, und damit nachhaltig erreicht werden können, was es kostet und wie hoch die fiskalischen Erträge sind.

Auch wenn es einige positive Entwicklungen im nordrhein-westfälischen Bildungssystem gibt, wie mehr Kitaplätze, etwas bessere schulische Leistungen, weniger Schulabbrecher:innen, so überwiegen doch die Herausforderungen:

Zu wenige Kitaplätze und zu viele Jugendliche, die nicht rechnen, schreiben und lesen können
Die Zahl der Kita-Plätze liegt aktuell mit rund 650.000 um etwa 150.000 unter dem akuten Bedarf der Eltern. Dies führt dazu, dass insbesondere Kinder mit Zuwanderungsgeschichte deutlich geringere Besuchsquoten haben (17 statt 37 Prozent bei den unter Dreijährigen bzw. 73 statt 100 Prozent bei den älteren Kindern). Ein Fünftel der 15-Jährigen kann nur rudimentär lesen, schreiben und rechnen; sie sind somit funktionale Analphabet:innen. Es liegt nahe anzunehmen, dass hierunter überproportional viele nicht oder nur kurz in einer Kita waren. Drei Viertel der funktionalen Analphabet:innen erhalten dennoch ein Schulabschlusszeugnis.

„Abiturisierung“ der dualen Ausbildung
Besonders unbefriedigend ist die Lage am Übergang von der Schule in Ausbildung: Mittlerweile beginnen über die Hälfte eines Abiturientenjahrgangs eine duale oder schulische Ausbildung. Gerade das duale System in NRW lebt somit davon, dass ein wachsender Anteil einer größeren Zahl an Abiturient:innen eine Ausbildung beginnt, oft als duales Studium. Das führt aber auch dazu, dass die Chancen auf einen Ausbildungsplatz für Jugendliche ohne Abitur abnehmen. Gleichzeitig klagen die Betriebe über unbesetzte Ausbildungsstellen. „Zwar wird seit Jahren vieles unternommen, um mehr junge Menschen in Ausbildung zu bringen, doch sind diese Bemühungen offenkundig weitgehend wirkungslos,“ stellt Dr. Dieter Dohmen, der Direktor des FiBS und Autor der Studie fest. „Die Zahlen sprechen eine ziemlich klare Sprache.“

Zentrale Aufgabe: Verbesserung der Chancen auf qualifizierte Ausbildung

„Eine zentrale Aufgabe der neuen Legislaturperiode muss daher die Verbesserung der Übergangschancen in qualifizierende Ausbildung sein,“ folgert der Unternehmer.  Ansatzpunkte hierfür sind eine Ausbildungsprämie von 25.000 Euro je zusätzlichen Ausbildungsplatz, die Etablierung von Ausbildungskreateur:innen oder ein dritter qualifizierender Zweig der Berufsbildung, in Form von über- oder außerbetrieblichen Ausbildungszentren. „Jede Maßnahme, die zu besseren Qualifizierungschancen für junge Menschen führt, ist hochrentabel. Unsere Berechnungen zeigen, dass der fiskalische Ertrag bei etwa 9 Euro je investiertem Euro liegt,“ hält der Bildungsökonom fest. „Und gleichzeitig reduziert es den absehbaren Mangel an qualifizierten Fachkräften.“

Mehr Kitaplätze und bessere Schulen

Die Studie schlägt zudem vor, jährlich 25.000 Kitaplätze zu errichten, damit bis 2030 alle Kinder im Alter von einem bis fünf Jahren von frühkindlicher Bildung profitieren können. „Das ist eine Grundvoraussetzung für nachhaltig bessere Bildungs- und Zukunftschancen,“ konstatiert Dohmen. Durch einen deutlichen Ausbau der Lehrerbildungskapazitäten sowie eine stärkere Praxisorientierung in Form einer dualen Lehrerausbildung, eine hochwertige digitale Grundausstattung für alle Schulen, Lehrkräfte und Schüler:innen sowie entsprechende Fortbildungsangebote sowie den Ausbau aller Schulen auf gebundene Ganztagsschulen sollen Eckpfeiler für bessere Schulbildung gelegt werden.

Das langfristige Ziel: Mehr Auszubildende und mehr Studierende

„Das Ziel muss sein, dass perspektivisch alle Jugendlichen mindestens einen Hauptschulabschluss, mittelfristig mindestens einen Mittleren bzw. Realschulabschluss haben,“ sagt Bildungsforscher Dohmen. „Dies ist mit Blick auf die langfristigen Anforderungen des Arbeitsmarktes eine zwingende Maßgabe. Die Alternative ist nicht, wie gerne gefordert, mehr Auszubildende, weniger Studierende, sondern mehr Auszubildende und mehr Studierende. Dieses Ziel erfordert aber mehr und bessere Kitas, bessere Schulen und bessere Übergangschancen in qualifizierende Ausbildung.“

Durch diesen Dreiklang an Maßnahmen, die zeitgleich umgesetzt werden sollten, können die Herausforderungen des demografischen Wandels und des absehbaren Fachkräftemangels zwar nicht völlig umgangen, aber deutlich verringert werden. „Wir können uns den Luxus nicht länger leisten, dass ein Fünftel bis ein Viertel eines Jahrgangs keine abgeschlossene Ausbildung hat,“ schließt Dohmen. „Es wäre eine lohnende Maßnahme: Der fiskalische Ertrag zusätzlicher Kitaplätze, besserer Schulen und besserer Ausbildungschancen liegt langfristig bei über zehn Euro pro investiertem Euro.“

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