- Germanwatch kritisiert finalen EU-Kommissionsentwurf zur Einstufung von Erdgas und Atom als „nachhaltig“ scharf
- Ampel-Koalition gibt mit Forderung nach Aufweichung der Gaskriterien klimapolitisch schlechte Figur ab
- EU-Parlament entscheidet nun über Zukunft des Instruments
Nach Einschätzung der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch droht der EU-Taxonomie ein schwerer Glaubwürdigkeitsverlust. Grund ist der heute veröffentlichte finale Taxonomie-Entwurf der EU-Kommission, der die Aufnahme von Atomenergie und Erdgas in die Kriterien für nachhaltige Aktivitäten vorsieht. „Die EU-Kommission gibt sich bei der Frage um Atom und Erdgas in der Taxonomie völlig beratungsresistent. Sie ignoriert die wissenschaftsbasierten Vorschläge des eigenen Beratungsgremiums. Stattdessen zeigt sie neben klimapolitischer auch ökonomische und geopolitische Kurzsichtigkeit. Sie vergibt ein grünes Label an die energiepreistreibenden Brennstoffe Erdgas und Kernkraft, was den Ausbau der preiswerteren Erneuerbaren Energien zu verzögern droht. Und sie stabilisiert längerfristig die Nachfrage nach Erdgas trotz der in diesen Tagen überdeutlichen geopolitischen Brisanz – die dafür spricht, uns von fragwürdigen Regimen energiepolitisch weniger abhängig zu machen“, kommentiert Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch.
Bundesregierung bei erstem klimapolitischen Test mangelhaft
Die Kriterien für die Aufnahme von Erdgas in die Taxonomie wurden von der Kommission gegenüber dem vorherigen Entwurf noch weiter abgeschwächt. Die im Dezember-Entwurf noch enthaltenen Beimischungszwischenziele für Biogas und Wasserstoff wurden ganz gestrichen. Damit entspricht die finale Fassung exakt den nach Brüssel geschickten Forderungen der Bundesregierung zur Taxonomie. Dazu Christoph Hoffmann, Referent für klimakompatible Finanzflüsse bei Germanwatch: „Die neue Bundesregierung macht auf internationaler klimapolitischer Bühne da weiter, wo die letzte aufgehört hat: Aufgrund der Notwendigkeit eines begrenzten und vorübergehenden Einsatzes von Erdgas tritt Deutschland als edler Ritter des Brennstoffs auf. Dabei rechtfertigt die zeitweise Notwendigkeit, es im Strombereich einzusetzen, keinesfalls, es als nachhaltig einzustufen. Erdgas ist maximal eine kurze Brücke, kein grüner Energieträger.“
Christoph Bals weiter: „Es liegt nun einerseits am EU-Parlament, gegen diesen Rechtsakt zu stimmen. Wir setzen auf Gegenstimmen aus den Reihen der Parteien, die in Deutschland die Regierung tragen. Wenn dies nicht reicht, sind wir gespannt was die angekündigte Klage von Österreich und Luxemburg ergibt. Die Kläger haben gute Argumente: Die Kommission hätte ein Gesetz, nicht einen einfachen delegierten Rechtsakt vorlegen müssen. Sie widerspricht hier den eigenen wissenschaftsbasierten Kriterien. Und sie verstößt vermutlich auch gegen das völkerrechtlich bindende Pariser Klimaabkommen.“
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