Im aktuellen Live-Talk „Zur Sache Corona“ der Ärztekammer Niedersachsen stand jetzt das Post-COVID-Syndrom im Fokus. Dies bezeichnet Symptome, die im Zusammenhang mit einer COVID-19-Infektion oder danach aufgetreten sind, mehr als 12 Wochen nach Erkrankung noch vorliegen und nicht durch andere Ursachen erklärbar sind. Studio-Gast Dr. med. Isabell Pink, Leiterin der Ambulanz für genesene COVID-19-Patientinnen und -Patienten der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) klärte in der Sendung vom 14. Februar über Symptome von Post-COVID auf, ging auf mögliche Therapieansätze ein, und teilte Ihre Erfahrungen aus der Betreuung von Betroffenen.
Diagnostik von Post-COVID erfordert interdisziplinäre Zusammenarbeit
Im Gespräch mit ÄKN-Kommunikationschef Thomas Spieker wies die Expertin u. a. darauf hin, dass die Diagnose „Post-COVID“ eine Ausschlussdiagnose sei – zunächst überprüften sie und ihr Team, ob es andere Ursachen für die Beschwerden der Betroffenen gebe. „Wenn diese nicht vorliegen, gehen wir davon aus, dass diese eine Post-COVID-Folge sind.“
Da die Auswirkungen auf andere Organsysteme im Rahmen von Post-COVID eine große Herausforderung seien, verwies die Ärztin für die Abklärung von Symptomen auf die Bedeutung einer interdisziplinären Zusammenarbeit. Im Rahmen der Behandlung würden Laborwerte bestimmt, die Hinweise auf Leber- oder Nierenfunktionsstörungen geben könnten. In speziellen Fällen würden zudem Werte erhoben, die eine Belastung des Herzens anzeigten. „Wir haben auch eine Kooperation mit unserer neurologischen Abteilung und können die Patientinnen und Patienten dorthin weiterleiten“, betonte die Fachärztin. Zudem würden Belastungsuntersuchungen sowie Fragebögen dabei unterstützen, die Beschwerden der Patientinnen und Patienten einzuordnen. Auch mit dem ambulanten Bereich gebe es einen intensiven Austausch. Die Ärztin betonte, dass sie und ihr Team den fachlichen Austausch begrüßten und auch Patientinnen und Patienten übernähmen, die von Fachärztinnen und Fachärzten überwiesen würden.
Post-COVID-Erkrankung weist vielfältige Symptome auf
Symptome von Betroffenen nach milden Verläufen einer COVID-19-Erkrankung seien Luftnot und Erschöpfung, die auch als „Fatigue“ bezeichnet wird. Zudem seien auch Geruchsstörungen und Geschmacksstörungen sowie Kopfschmerzen und Konzentrationsschwächen mögliche Beschwerden. Davon abzugrenzen seien Fälle mit einem schweren Erkrankungsverlauf, die lange auf der Intensivstation waren und ein schweres Lungenversagen hatten. Diese berichteten eher über klassische Symptome nach einem langen Intensivaufenthalt, also längerfristige Nervenschäden oder Muskelschäden, so Pink. Die Ärztin wies darauf hin, dass sich Symptome von schwer erkrankten Personen mit Post-COVID nicht von Patientinnen und Patienten unterschieden, die aufgrund anderer Erkrankungen intensivmedizinisch behandelt werden müssten.
Ausprägung der Langzeiterkrankung
Derzeit wiesen nach Weltgesundheitsorganisation (WHO) rund zehn bis 20 Prozent aller COVID-19-Genesenen Post-COVID-Symptome auf. Dabei behandle die MHH-Ambulanz aktuell mehr Frauen, erklärte die Expertin. Auf die Ausprägung von Symptomen und die Beeinträchtigung der Betroffenen angesprochen, informierte Pink, dass diese sehr unterschiedlich seien. „Während einige Betroffene ihren Alltag sehr gut meistern können, auch zur Arbeit gehen können, sind andere nicht dazu in der Lage, alltägliche Aufgaben zu erfüllen“, beschrieb die Ärztin die Bandbreite möglicher Auswirkungen der Erkrankung im Interview. Auf die Frage, wann sich das Risiko für eine Post-COVID-Symptomatik erhöhe, verwies die Ärztin auf aktuelle Studien-Ergebnisse, nach denen Betroffene, die in der Akutphase der Erkrankung mehr als fünf spezifische Symptome aufwiesen, häufiger unter Post-COVID-Symptomen leiden würden.
Therapien und Reha
So vielfältig wie die Symptome von Post-COVID, sind auch die Therapieansätze. Die Therapien richten sich nach der individuellen Situation der Betroffenen – das Behandlungsspektrum der Ambulanz ist dementsprechend breit aufgestellt: „Wir bieten den Patienten, die vor allem Luftnot oder Fatigue haben, eine gezielte und individuelle Bewegungstherapie in Kooperation mit der sportmedizinischen Abteilung und Rehabilitationsabteilung unseres Hauses an“, erklärte Pink. Zudem gebe es die Kooperation mit der Neurologie und Beratungen zur Selbsthilfe, in denen Betroffene erfahren, was sie selbstständig durchführen könnten, wie etwa ein Riechtraining bei anhaltenden Riechstörungen. Seit kurzem arbeite die Ambulanz zudem mit der Rentenversicherung zusammen. So sei es möglich, zeitnah eine stationäre Rehabilitation für betroffene Patientinnen und Patienten einzuleiten.
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