Die Stakeholder-Plattform der Schweizer Biolandwirtschaft, das Nationale Bioforschungsforum (NBFF), rief im Jahr 2021 die «Zukunftswerkstatt» ins Leben. Die Trägergemeinschaft, bestehend aus Agroscope, Bio Suisse und dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, ermöglichte so einen Rahmen, um den Biolandbau neu zu denken, Forschungslücken sichtbar zu machen und neue Möglichkeiten zum Handeln, zur Zusammenarbeit sowie für zukünftige Projekte aufzuzeigen. Beim Schlussevent im Kulturzentrum Schützi in Olten im Dezember des vergangenen Jahres würdigten die rund 65 Teilnehmenden die Ergebnisse und nutzten das Zusammenkommen, um die Themen vor Ort weiterzubearbeiten und zu vertiefen. 

Die Trägergemeinschaft des NBFF liess die Definition der anstehenden Arbeiten und Themen in diesem Jahr bewusst offen und gab bloss einen groben Rahmen in Form einer Frage vor: «Was wäre, wenn im Jahr 2035 die Hälfte der Landwirtinnen und Landwirte biologisch produzieren würde?» Am Schlussevent der «Zukunftswerkstatt» des NBFF 2021 wurde vielfältig aufgezeigt, wie die Möglichkeitsform der Ausgangsfrage in die Wirklichkeitsform übersetzt werden könnte. Sieben Arbeitsgruppen mit Mitgliedern aus der gesamten Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft haben im Jahresverlauf verschiedene Kernfragen selbständig definiert und konzeptionell bearbeitet. Am Morgen des ganztägigen Schlussevents präsentierten die Gruppen die Ergebnisse ihrer Zusammenarbeit, am Nachmittag diskutierten sie zusammen mit dem Publikum aufgekommene Fragen im «World Café»-Format. Die Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen werden noch in diesem Frühling im «Werkstattbericht» erscheinen.

Schlüsselthemen: Boden und Wissenstransfer

Für den agrarökologischen Bereich gibt es hohen Handlungsbedarf im Bodenkontext. Hier kommen die Fragen von biodiversitätsschädigenden Praktiken sowie Verminderung von Umweltschäden klar zum Ausdruck. Gleichzeitig geht es hier um ganz praktische Fragen hinsichtlich regenerativer landwirtschaftlicher Techniken. Eindrücklich wurde beschrieben, wie es gelingen kann, die Regenwürmer auf dem Feld mit aufbereitetem Hofdünger zu füttern, mit dem Ziel resiliente Böden aufzubauen. Landwirtinnen und Landwirte schilderten erfolgreiche Praktiken und erörterten zusammen mit Forschenden, welche offenen Fragen es noch zu klären gibt.

Das Thema Wissenstransfer begleitete die Teilnehmenden über den ganzen Tag hinweg. Es hatte sich auch in den Arbeitsgruppen gezeigt, dass Mehrwert und bessere Lösungen entstehen, wenn man fachliche Silos aufbricht und die Welt der Landwirtinnen und Landwirte mit dem Forschungslabor in Kontakt kommt. Eine Arbeitsgruppe empfahl, dem Druck der Spezialisierung entgegenzuwirken, um der Komplexität der Herausforderungen gerecht zu werden, die auch Klimafragen und den Biodiversitätsschwund zu adressieren erlaubt. In der Praxis werden solche vernetzten Ansätze schon vielfach erprobt; was oft fehle, sei die wissenschaftliche Begleitung. Diese sei aber nötig, selbst wenn die Wissenschaft nicht auf jede Frage eine Antwort habe.  

Hürden und Kommunikation 

Ein dritter Schwerpunkt des Tages waren so genannte Hürden: Wie kann man Hürden abbauen, damit mehr Landwirtinnen und Landwirte in den Biobereich wechseln? Zum Beispiel zeigte eine Arbeitsgruppe auf, dass das Problem der Umweltschäden nicht ausschliesslich produktionsseitig angegangen werden kann. Es gelte, auch die Konsumentinnen und Konsumenten miteinzubeziehen; man müsse gemeinsam Verantwortung für die Ökosystemdienstleistungen übernehmen. Hier spielt auch die Kommunikation, der vierte Schwerpunkt des Tages, eine grosse Rolle. Wie schafft man in einer breiten Bevölkerung das Bewusstsein für den Wert von Nahrungsmitteln und landwirtschaftlicher Arbeit? Auf dem Weg zu mehr Biolandwirtschaft und gesellschaftlicher Akzeptanz ist Kommunikation ein Schlüssel, betonte eine Arbeitsgruppe, und zwar nach innen und nach aussen: Man müsse den Menschen näherbringen, wie die Biowelt funktioniere.

Begeisterung für neue Ansätze

Der Leitungsausschuss des NBFF nahm nicht nur das Vertrauen der Beteiligten wahr, sondern hörte auch ihre Handlungsempfehlungen und Forschungsanliegen. Er sei froh, sagte Balz Strasser, Geschäftsführer von Bio Suisse, dass sie diese Zukunftswerkstatt gemacht hätten, weil man dadurch besser sehe, «wie der Link zwischen Praxis und Forschung gestärkt» werden kann. Für die Zukunft sollten Gefässe gefunden werden, um die Diskussion fortzuführen. «Es war spürbar, dass vor allem die Veränderungen weiterverfolgt werden sollten, die für die gesamte Wertschöpfungskette ein Gewinn sind», erläuterte die Leiterin von Agroscope, Eva Reinhard. Man möchte neue Wege einschlagen, diese aber demokratisch legitimiert wissen. Lucius Tamm vom FiBL hielt fest, dass es jetzt herauszufinden gelte, wie Forschungsanliegen aus der Praxis direkter in die Institutionen gelangen. Er sei begeistert, dass dazu von den Teilnehmenden völlig neue Ansätze genannt wurden, wie zum Beispiel die virtuellen Wertschöpfungsverbünde. Es gelte auch immer, sich selbst zu beobachten und weiterzuentwickeln, damit das Bioumfeld auch Neues aufnehmen könne, zum Beispiel aus der regenerativen Landwirtschaft.

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