Die älteste Regionalinitiative der deutschen Wirtschaft wird 70 Jahre alt

  • Hermes: „Ost-Ausschuss ist wichtiger Teil einer großen Erfolgsgeschichte der deutschen Wirtschaft“
  • Verband richtet neue Kontaktstelle „Green Deal“ ein
  • Ost-Ausschuss-Vorsitzender wirbt für Ausbau der Kooperation mit östlichen Nachbarn

Mit einem virtuellen Neujahrsempfang startet der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft am heutigen 20. Januar in sein Jubiläumsjahr. Die älteste Regionalinitiative der deutschen Wirtschaft wurde 1952 auf Betreiben des damaligen Bundeswirtschaftsministers Ludwig Erhard gegründet und feiert 2022 ihren 70. Geburtstag. Ein Jahr lang wird der Ost-Ausschuss mit einer Vielzahl von Veranstaltungen, Social-Media-Aktionen und Publikationen an die wichtigsten Etappen seiner Geschichte erinnern und mit Unternehmen, Verbänden und Partnern aus seinen 29 Zielländern in Mittel- und Osteuropa sowie Zentralasien über die Herausforderungen der Zukunft diskutieren. „Der Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen mit unserer Region, häufig in einem politisch schwierigen Umfeld, ist seit 70 Jahren unser Auftrag, die Zusammenarbeit auf Augenhöhe Teil unserer DNA. Das galt bis zum Fall des Eisernen Vorhangs, und das gilt auch heute noch“, sagt der Ost-Ausschuss-Vorsitzende Oliver Hermes zum Auftakt des Jubiläums.

Zum Neujahrsempfang, zu dem über 400 Teilnehmende aus Wirtschaft, Politik, Diplomatischem Corps und Verbänden in einem virtuellen Festsaal erwartet werden, sprechen unter anderem die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern Manuela Schwesig und der neue Staatsekretär im Auswärtigen Amt Tobias Lindner.

„In den Jahren unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg gab es den Osthandel bundesdeutscher Unternehmen praktisch nicht mehr. Heute stehen die 29 Partnerländer des Ost-Ausschusses für ein Fünftel des gesamten deutschen Außenhandels – rund 500 Milliarden Euro“, sagt Hermes. Deutsche Unternehmen haben mittlerweile über 145 Milliarden Euro in den 29 Ländern der Region investiert und dort rund zwei Millionen Arbeitsplätze geschaffen. Diese Investitionen sichern wiederum hunderttausende Jobs in Deutschland. „Ohne Mittel- und Osteuropa wäre die deutsche Wirtschaft bei weitem nicht so konkurrenzfähig und innovativ“, betont Hermes. „Wir sind stolz, als Verband ein wichtiger Teil dieser Erfolgsgeschichte zu sein.“

Verständigungsarbeit wichtiger denn je

70 Jahre nach seiner Gründung sei die Verständigungsarbeit des Ost-Ausschusses angesichts zunehmender politischer Spannungen in Europa wichtiger denn je. Die Länder in Mittel- und Osteuropa können verlässliche Partner auf dem Weg in eine klimaneutrale Wirtschaft werden. „Hier warten gigantische Aufgaben und zugleich riesige Chancen auf die deutsche Wirtschaft“, so Hermes. In seinem Jubiläumsjahr richtet der Ost-Ausschuss deshalb eine neue „Kontaktstelle Green Deal“ ein, die zwischen deutschen Unternehmen und den östlichen Partnerländern vermitteln wird.

Angesichts des weltweiten Trends, sich abzuschotten, wirbt der Ost-Ausschuss-Vorsitzende für eine enge Zusammenarbeit mit Osteuropa: „Unser Auftrag als Ost-Ausschuss ist und bleibt es, dem globalen Decoupling in jeder Form entschlossen entgegenzutreten und die Kooperation mit unseren östlichen Nachbarn innerhalb und außerhalb der EU weiter voranzutreiben“, sagt er. „Große Herausforderungen lösen wir am besten gemeinsam“. Dazu gehörten die Bewältigung des Fachkräftemangels, die Digitalisierung, die Modernisierung der Gesundheitssysteme, die Entwicklung der Agrarwirtschaft und die grüne Energiewende. „Es gibt genug Arbeit für weitere 70 Jahre“, so Hermes. „Wir sind stärker gefordert denn je.“

Stimmen zum Ost-Ausschuss

„In vielen Projekten und Partnerschaften haben der Ost-Ausschuss und die ihn tragenden Unternehmen Brücken Richtung Osten gebaut und Vertrauen gewonnen. So hat der Ost-Ausschuss nicht nur die unmittelbaren Interessen seiner Mitglieder im Blick gehabt, sondern immer wieder Beiträge zum friedlichen Wachsen und Zusammenwachsen unseres Kontinents geleistet.“

Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier

„Seit 70 Jahren setzen Sie sich für gute und transparente Investitionsmöglichkeiten ein und Sie zeigen, dass Wirtschaft Modernisierer und Treiber des Fortschritts ist. Von den osteuropäischen EU-Mitgliedsländern über den Balkan bis nach Russland und Zentralasien – Energiewende, Klimawandel und Digitalisierung sind Megaprojekte, die auch in diesen Ländern auf der Tagesordnung stehen. Der Ost-Ausschuss ist ein wichtiger Multiplikator, die Transformation in diesen Ländern zu unterstützen. Durch Ihre Arbeit können wir gemeinsam an entscheidenden Innovationen arbeiten und dafür die richtigen Partner zusammenbringen.“

Prof. Dr. Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V. (BDI)

„Den Ost-Ausschuss brauchen wir heute so wie damals, um die Brücken, die wir nach dem Fall des Eisernen Vorhangs für die wirtschaftlichen Kooperationen gebaut haben, nicht wieder abreißen zu lassen und diese auch in schwierigen Zeiten zu festigen. Gäbe es den Ausschuss nicht schon seit 70 Jahren, müsste man ihn heute neu erfinden, um gemeinsam mit den vielen deutschen Auslandshandelskammern die Vernetzung der deutschen und lokalen Wirtschaftsakteure in der Region zu fördern.“

Dr. Volker Treier, Außenwirtschaftschef und Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages e.V. (DIHK).

Zur Geschichte des Ost-Ausschusses

Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft wurde am 17. Dezember 1952 in Köln als Vertretung der Gesamtwirtschaft in Fragen des Osthandels gegründet. Dieser sollte nach dem Wunsch von Bundeskanzler Ludwig Erhards die Bundesregierung beraten und Richtlinien für Geschäftsabschlüsse aufstellen. Organisatorisch wurde der Ost-Ausschuss an den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in Köln angebunden. In Vertretung der Bundesregierung schloss der Ost-Ausschuss unter seinem damaligen Vorsitzenden Otto Wolff von Amerongen in den 1950er Jahren erste Handelsverträge mit Rumänien und China ab und war am ersten Handelsvertrag mit der Sowjetunion beteiligt. Ab 1970 war der Ost-Ausschuss maßgeblich in die Erdgas-Röhren-Geschäfte mit der UdSSR involviert.

Mit dem Fall der Berliner Mauer und der Auflösung der Sowjetunion übernahm der Ost-Ausschuss Aufgaben zur Unterstützung des Transformationsprozesses in den neuen Bundesländern, in den jungen ost- und südosteuropäischen Demokratien und den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Maßgeblich trieb der Ost-Ausschuss die Gründung von Delegiertenbüros der deutschen Wirtschaft in ganz Osteuropa voran, aus denen die Auslandshandelskammern hervorgingen. Im Jahr 1999 zog der Ost-Ausschuss von Köln nach Berlin um und wandelte sich unter dem Vorsitz von Klaus Mangold zum Unternehmerverband mit Firmenmitgliedschaften. Die Geschäftsstelle in Berlin wurde stark ausgebaut und beschäftigt heute etwa 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 2018 verschmolz der Ost-Ausschuss mit dem Osteuropaverein der deutschen Wirtschaft und betreut seitdem 29 Länder in Mittel-, Ost- und Südosteuropa, im Südkaukasus und in Zentralasien. Der Ost-Ausschuss hat rund 350 Mitgliedsunternehmen und wird von sechs Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft – BDI, BGA, Bankenverband, DIHK, GDV und ZDH – getragen.

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