Im April startet ein institutionenübergreifendes Forschungs- und Erschließungsprojekt zum Leben und Werk von Franz Liszt (1811 bis 1886). Innerhalb von zwölf Jahren entsteht ein digitales Liszt-Portal, das eine zentrale Lücke in der Musikforschung zum 19. Jahrhundert schließt: Erstmals werden sämtliche Quellen und Werke des Komponisten verzeichnet. Das Projekt „Digitales Liszt Quellen- und Werkverzeichnis (LisztQWV)“ ist eine Kooperation der Universität Heidelberg, der Sächsischen Landesbibliothek, Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) und des Goethe- und Schiller-Archivs Weimar.

Das Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar ist die zentrale bestandshaltende Institution für Liszts Musikautographe. Nach dem Tod des Komponisten wurde der Nachlass in seinem ehemaligen Wohnhaus, dem heutigen Liszt-Haus in Weimar aufbewahrt und dort stetig ergänzt. 1954 gelangten die Archivalien aus Bestandsschutzgründen ins Goethe- und Schiller-Archiv, wo sie vorläufig erschlossen wurden und seither der forschenden wie interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Die hier bewahrten 757 Musikalien umfassen die Originalwerke Liszts sowie seine Bearbeitungen der Werke anderer Komponisten im Gesamtumfang von über 18.000 Blatt.

Die Liszt-Notenhandschriften im Goethe- und Schiller-Archiv wurden bereits vollständig digitalisiert. Die Digitalisate sind online zugänglich, womit eine wichtige Grundlage für die präzisere Erforschung und für die Erstellung des Digitalen Liszt Quellen- und Werkverzeichnisses gelegt wurde. Der zweite im Goethe- und Schiller-Archiv aufbewahrte Bestand umfasst Dokumente zu den Schriften Franz Liszts, eingegangene und ausgegangene Briefe, geschäftlich-berufliche sowie persönliche Unterlagen. Diese Nachlassdokumente werden ab 2022 zusammen mit der Herzogin Anna Amalia Bibliothek digitalisiert. Mit Fördermitteln der Thüringer Staatskanzlei digitalisiert die Bibliothek in den Jahren 2022/23 auch ihre Liszt-Sammlung, die dann online zur Verfügung stehen wird.

Das neu entstehende Liszt-Portal ermöglicht einen neuen Blick auf die Werke des Komponisten und ihre Fassungen und erschließt sie für die Forschung. Durch den digitalen Zugriff werden erstmalig die komplexen Relationen der Werke sichtbar. Die Liszt-Forschung erhält damit eine neue Grundlage und nachhaltige Impulse. Auch für die musikinteressierte Öffentlichkeit bietet sich ein neues Bild des bislang nur unzureichend konturierten Komponisten. Durch eine digitale Präsentation im OPEN ACCESS und nach den FAIR-Prinzipien werden die Forschungsergebnisse nicht nur frei zugänglich, sondern auch optimal nachnutzbar und anschlussfähig.

Die SLUB Dresden erarbeitet unter der Leitung von Prof. Dr. Barbara Wiermann den informationstechnologischen Part des Liszt-Portals, zudem ist dort eine Qualifizierungsstelle für Digital Musicology vorgesehen. Am Goethe- und Schiller-Archiv ist unter der Leitung des Direktors Prof. Dr. Marcel Lepper eine Position für die direkte Arbeit an den kostbaren Quellen des Liszt-Nachlasses vorgesehen. Prof. Dr. Christiane Wiesenfeldt, die am Musikwissenschaftlichen Seminar der Universität Heidelberg die Leitung des Projekts „LisztQWV“ übernehmen wird, hebt hervor:

„Franz Liszt ist der einzige prominente Komponist des 19. Jahrhunderts, zu dem bis heute kein vollständiges Quellen- und Werkverzeichnis vorliegt. Das mag auch daran liegen, dass sich Liszts Schaffen in besonderer Weise einem festen Werkbegriff widersetzt. Be- und Überarbeitungen, Neuschöpfungen, Aufführungsvarianten, wechselnde literarische Inspirationen – kaum ein Katalog eines romantischen Komponisten ist derart schillernd, bunt und fließend wie jener von Liszt.“

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert das Langzeitvorhaben für maximal zwölf Jahre. Bewilligt wurde die erste dreijährige Etappe im Umfang von rund 1,2 Millionen Euro.

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