Vor 60 Jahren haben Eltern von Kindern mit Behinderung in Karlsruhe die Lebenshilfe gegründet. In Form eines hybriden Events für seine über 600 Mitglieder hat der Verein kürzlich auf seine Erfolgsgeschichte zurückgeblickt.

Als sich 1961 in Karlsruhe 90 betroffene Familien zur Gründungsversammlung trafen, geschah dies aus einer Not heraus: Es gab zu dieser Zeit keine Bildungsmaßnahmen für ihre Kinder mit einer geistigen Behinderung, die damals als „nicht beschulbar“ galten. Als Perspektive kam nur eine lebenslange Betreuung im Elternhaus oder ein Leben in einer der großen Heil- und Pflegeanstalten weitab der eigenen Heimat in Frage. Eltern von Kindern mit Behinderung waren auf sich allein gestellt und dies in einem gesellschaftlichen Klima, das keine Perspektiven für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung anbot.

Und so kämpfte die junge Lebenshilfe für gleiche Chancen auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Sie entwickelte Strukturen und schuf Einrichtungen, die Menschen mit Behinderung eine Chance auf Bildung, Arbeit und ein vom Elternhaus unabhängiges Leben ermöglichen sollten.

Vieles, was sich die Gründerinnen und Gründer der Lebenshilfe vorgenommen hatten, konnte in den vergangenen 60 Jahren erreicht werden. Im Jahr 2021 gehen Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam in die Kita im Lebenshilfehaus. 1500 Menschen mit Behinderung arbeiten bei den Betriebsgesellschaften der Lebenshilfe HWK gGmbH und worKA gGmbH. Und 400 Menschen mit Behinderung nehmen die Wohnbegleitung der HWK gGmbH in Anspruch, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können.

Heute engagiert sich die Lebenshilfe für eine Teilhabe von Menschen mit Behinderung in der Region, die über das „Dabeisein“ weit hinausgeht: „Menschen mit Behinderung sollen selbst bestimmen und entscheiden können, wo und wie sie sich in unserer Gesellschaft einbringen möchten“, sagt dazu Lebenshilfevorstand Michael Auen. Das beträfe die Bereiche Politik und Verwaltung, die Bildungslandschaft und Arbeitswelt, Kommunikation und Mitsprache gleichermaßen. Dies zu ermöglichen, sei nicht mehr nur eine Anforderung der Behindertenhilfe, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, betont Auen und bezieht sich dabei auf die UN-Behindertenrechtskonvention.

Und so engagiere sich die Lebenshilfe und ihre Tochtergesellschaften künftig verstärkt für dezentrale Arbeitsplätze und Wohnformen „mitten in der Stadt“ sowie für Bildungsangebot, die die Menschen mit Behinderung in Sachen Mitsprache und Selbstvertretung bestärke. Denn, so Auen: „Überall da, wo Menschen verstanden haben, dass Teilhabe ein Rechtsanspruch und Vielfalt ein Gewinn ist, findet Inklusion statt.“

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