Momentan entsteht der mediale Eindruck, als müssten massenhaft Operationen in deutschen Krankenhäusern verschoben werden. Aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) stellt sich die Lage jedoch differenzierter dar. So gibt es bislang noch keine Hinweise darauf, dass etwa die Akutversorgung von Patientinnen und Patienten nach Unfällen oder bei schwerwiegenden orthopädischen Erkrankungen nicht gesichert wäre. Auch gibt es regionale Unterschiede in den Krankenhäusern bei der Belastung durch Covid-19-Patienten und der Verschiebung geplanter orthopädischer Operationen. Zudem sind viele Fachkliniken aufgrund ihrer Ausrichtung nicht an der Versorgung der Corona-Patienten beteiligt, in diesen läuft der Regelbetrieb weitgehend ohne Beeinträchtigung weiter.

„Wir sehen mit Sorge, wie sich die Krankenhäuser immer weiter mit Corona-Patienten füllen, besonders in den Hochinzidenzgebieten. Etliche Häuser kommen an ihre Belastungsgrenze, das hat auch Einfluss auf die Orthopädie und die orthopädische Chirurgie. Denn es sind wichtige Operationskapazitäten eingeschränkt, zum Beispiel für Wechseloperationen gelockerter Endoprothesen, insbesondere bedingt durch die vermehrt notwendigen Intensivbetten für Covid-19-Patienten. Wenn aber Patientinnen und Patienten mit akut starken Schmerzen zu uns kommen und bei ihnen dringender Behandlungsbedarf besteht, haben diese auch Vorrang und werden nicht abgewiesen. Es sind uns keine Fälle bekannt, bei denen auch in der aktuell angespannten Lage besonders kranke Menschen durch Orthopäden und Unfallchirurgen wieder nach Hause geschickt worden wären“, sagt Prof. Dr. Dieter Wirtz, DGOU-Präsident und Direktor der Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Bonn.

„Das Personal in Kliniken und Praxen hat zu jedem Zeitpunkt der Pandemie und auch in der vierten Welle als Anwalt der Patientinnen und Patienten gehandelt und unter schwieriger werdenden Rahmenbedingungen die Versorgung auf einem hohen Niveau aufrecht erhalten. Dies betrifft neben Menschen mit akuten orthopädischen Erkrankungen insbesondere Unfallverletzte jeden Lebensalters, die im Rahmen des bundesweit agierenden TraumaNetzwerkes der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) bei Einschränkung der Kapazitäten einzelner Krankenhäuser an aufnahmefähigen Kliniken versorgt wurden", sagt Prof. Dr. Dietmar Pennig, Generalsekretär der DGOU. 

Operationsdaten aus der zweiten Welle zeigen, dass in größeren Krankenhäusern aufgrund der besseren räumlichen und personellen Ausstattung der Rückgang von planbaren Operationen geringer war als in kleinen Häusern. Dennoch kam es aufgrund der gesetzlichen Vorgaben zu Verschiebungen von orthopädischen Eingriffen, dies betraf vor allem Operationen an der Wirbelsäule, den Ersatz künstlicher Hüft- und Kniegelenke und arthroskopische Eingriffe. Auch Operationen an der Hand waren davon betroffen. Diese Prozeduren werden in besonders stark belasteten Regionen auch während der vierten Welle auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden, um Kapazitäten für die Behandlung von Covid-19-Patienten zu schaffen. So besteht die Gefahr, dass Patientinnen und Patienten, die Probleme am Bewegungsapparat haben, auch in dieser Corona-Welle wieder zurückstecken und länger als geplant auf ihre Operation warten müssen. Besteht jedoch dringender Behandlungsbedarf, erhält jeder Patient zeitnah ärztliche Hilfe.

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