In ihrem Neujahrskonzert zeigen sich die Bremer Philharmoniker von einer unbekannten Seite, die es unbedingt zu entdecken gilt: Gemeinsam mit dem renommierten SIGNUM saxophone quartet bringen sie unter dem Dirigat von Generalmusikdirektor Marko Letonja Klassik mit Saxophonsound auf die Bühne.

Gleich zu Beginn katapultiert eine mitreißende Spritztour mit John Adams „Short Ride in a Fast Machine“ das Konzertpublikum rasant in das neue Jahr. Inspiriert wurde Adams zu diesem Werk übrigens von einer Fahrt in dem Ferrari eines Verwandten. Seine Eindrücke schildert er in atemberaubendem Tempo mit einem mitreißenden Spannungsbogen – ein rhythmischer Geschwindigkeitsrausch, der mit einer Vollbremsung endet. Da gleicht die Reise in die Welt der Minimal Music mit dem „Konzert für vier Saxophone und Orchester“ von Philip Glass einer Erholungskur, denn „so erholsam wie ein Wiegenlied“ wirkte vor allem der dritte Satz des Werk auf einen Kritiker bei der Uraufführung – genau richtig, um Kraft zu tanken für das turbulente Finale. Leidenschaftlich wird es danach mit Piazzollas Tango Suite, in der das SIGNUM saxophone quartet den Gitarrenpart mit Saxophonen übernimmt. Zum Abschluss erklingt mit der symphonischen Dichtung „Till Eulenspiegels lustige Streiche“ von Richard Strauss ein weiteres und höchst vergnügliches Highlight, das als Lehrstück der Instrumentalkunst gilt und zu einem der beliebtesten und meistgespielten Orchesterwerke gehört

Das Programm

John Adams (*1947)

Short Ride in a Fast Machine

Philip Glass (*1937)

Konzert für vier Saxophone und Orchester

Astor Piazzolla (1921-1992)

arr. Theodore Kerkezos

Tango Suite für Saxophonquartett und Orchester

Richard Strauss (1864-1949)

Till Eulenspiegels lustige Streiche op. 28

Marko Letonja, Dirigat

SIGNUM saxophone quartet

In der Glocke gilt aktuell die 2G-Regel. Zudem wurde das Platzkontingent auf 50% reduziert, um den Konzertbesucher:innen ausreichend Platz und Abstand beim Einlass, an der Garderobe, im Foyer und im Saal zu bieten.

Die Bremer Philharmoniker und die Glocke nehmen die Einhaltung der tagesaktuellen Hygieneregeln mit großer Verantwortung wahr und empfehlen das Tragen von FFP2-Masken im gesamten Haus.

 

Informationen zu Künstlern und Programm / Auszüge aus dem Abendprogrammheft

Marko Letonja

Dirigat

Seit Beginn der Spielzeit 2018/2019 ist Marko Letonja Generalmusikdirektor und Chefdirigent der Bremer Philharmoniker. Marko Letonja ist zudem Artistic Director des Tasmanian Symphonie Orchestra, an dem er zuvor von 2011 bis 2018 Chefdirigent war. Unter seiner Amtszeit gelang es ihm, dem Tasmanian Orchestra auf ein neues künstlerisches Niveau zu bringen und zu neuem Glanz zu verhelfen. So gewann er 2017 für die konzertante Aufführung von Wagners Tristan und Isolde mit Nina Stemme und Stuart Skelton den Helpman Award für das beste Konzert eines Symphonieorchesters. Von 2012 bis 2021 war er Chefdirigent des Orchèstre Philharmonique de Strasbourg. Zu den Höhepunkten seiner dortigen Amtszeit zählten eine Deutschlandtournee, die in hochgelobten Auftritten in der Elbphilharmonie Hamburg und der Frankfurter Oper gipfelte, sowie eine Tournee durch Südkorea und die Inszenierung von Bartóks Herzog Blaubarts Burg an der Pariser Oper. Zu den jüngsten Auszeichnungen zählte eine Inszenierung von Ginasteras Beatrice Cenci an der Opera National du Rhin, die 2019 den Grand Prix für die beste Opernproduktion des Syndicat Professionel de la Critique gewann. Als Gastdirigent arbeitet Letonja mit den Wiener Symphonikern, den Münchnern Philharmonikern, dem Orchestre de la Suisse Romande, den Hamburger Symphonikern, dem Orchester Filamonica della Scala in Mailand und dem Berliner Radio-Symphonieorchester zusammen sowie mit dem Seoul Philharmonic, dem Mozarteum Salzburg, dem Stockholmer Opernorchester, dem Staatsorchester Stuttgart und tourte mit dem Orchester Sinfonica di Milano Giuseppe Verdi. Mit einem vielfältigen Repertoire gastiert er des Weiteren u. a. an den Opernhäusern in Wien, Genf, Rom, Dresden, Berlin, Straßburg, München und Lissabon. Zudem ist er gern gesehener Gast in Australien und Neuseeland und wurde 2008 zum Principal Guest Conductor des Orchestra Victoria Melbourne ernannt. Letonja begann sein Studium als Pianist und Dirigent an der Musikakademie von Ljubljana und schloss es 1989 an der Akademie für Musik und Theater in Wien ab. Schon zwei Jahre später wurde er Musikdirektor der Slowenischen Philharmonie in Ljubljana, die er bis zu seiner Ernennung zum Chefdirigenten und Musikdirektor des Sinfonieorchesters und des Theaters Basel leitete. In dieser Zeit begann auch seine internationale Laufbahn als Konzertdirigent.

SIGNUM saxophone quartet

Die vier Musiker Blaž Kemperle, Hayrapet Arakelyan, Alan Lužar und Guerino Bellarosa sind sich 2006 in Köln begegnet und gründeten dort das SIGNUM saxophone quartet. Studiert haben die Saxophonisten in Köln, Wien und Paris; Anregungen und Inspiration haben sie durch das Quatuor Ébène, das Artemis Quartett und Gabor Takács-Nágy erhalten. Nach Preisen bei internationalen Wettbewerben u.a. in Lugano und Berlin spielt SIGNUM mittlerweile in Konzertsälen und bei Festivals in Europa und der ganzen Welt; im Jahr 2013 folgte das Debüt an der Carnegie Hall NY. SIGNUM sucht beständig nach neuen Herausforderungen und Begegnungen. Die Experimentierfreude und Vielseitigkeit des Quartetts spiegelt sich nicht nur in ihren originellen Programmen wider. So sind die vier jungen Musiker nicht nur als Quartett-Formation zu hören, sondern kreieren gleichzeitig immer wieder spannende musikalische Begegnungen und Klänge. In der 21/22-Saison freut sich SIGNUM neben dem Auftritt mit den Bremer Philharmonikern über viele weitere Projekte u.a. mit Alexej Gerassimez (Perkussion), Tanja Tetzlaff oder Konstantin Manaev, die HOMMAGE A’ ASTOR mit Martynas Levickis (Akkordeon) und auf die Premiere des brandneuen Projekts Goldberg Nights mit Kai Schumacher (Piano & Prepared Piano). Nach einem Besuch bei Hope@Home im Sommer 2020, ausgestrahlt auf ARTE TV, wird im Jahr 2022 ein neues Projekt mit Daniel Hope (Violine) folgen. Auch zahlreiche Quartett-Solo-Konzerte stehen auf dem Programm. Außerdem wird SIGNUM mit weiteren Orchestern zu erleben sein, u.a. mit dem Mozarteum Orchester sowie mit den Orchestern in Düsseldorf, Münster, Duisburg und Vilnius. Nach dem ersten Alben „Debut“ (2011) sind in den vergangenen Jahren mit „Balkanication“ (2014) und „Starry Night“ (2021, mit Alexej Gerassimez, Perkussionen) weitere erschienen sowie SIGNUM’s erste Aufnahme unter dem Label Deutsche Grammophon „Echoes“. Letztere enthält eine Auswahl außergewöhnlicher musikalischer Arrangements von Dowland bis Peter Gregson sowie Guillermo Lagos Sarajevo als Originalkomposition für Sax Quartett und herausragende Kompositionen von Max Richter und Joep Beving.

John Adams (*1947)

Short Ride in a Fast Machine

Packende Rhythmen und effektreiche Harmonien entfesseln eine musikalische Höllenmaschine: Es geht wild zu in John Adams kurzer Fanfare „Short Ride in a Fast Machine“. Das Werk mutet wie ein einziger Rausch der Geschwindigkeit an. Der wilde Ritt dauert jedoch nur kurz: Mit einem gewaltigen Crash wird die Maschine gegen die Wand gefahren. Ein furioser Abgang. Die Assoziation einer wilden Autofahrt kommt nicht von ungefähr. Zu diesem Werk wurde Adams durch einen kurzen, aber scheinbar heftigen Ausflug mit einem Sportwagen inspiriert: „Das Bild, das ich beim Komponieren dieses Stücks hatte, war eine Fahrt, die ich einmal in einem Sportwagen unternommen habe. Ein Verwandter von mir hatte einen Ferrari gekauft, und er bat mich eines Nachts, eine Fahrt darin zu machen, und wir fuhren auf die Autobahn. Es war eine absolut erschreckende Erfahrung, in einem Auto zu sitzen, das von jemandem gefahren wurde, der nicht wirklich ein erfahrener Fahrer war.“ Im Falle des „Short Ride in a Fast Machine“ war das Ergebnis ein „helles, fröhliches Stück Musik“, das „sehr schwierig zu spielen ist, aber ziemlich viel Spaß macht“, so Adams. Die gut vierminütige Fahrt beginnt mit einem unerbittlich durchgehaltenen Rhythmus, den der Holzblock vorgibt. Zuweilen hat Adams hier ein paar rhythmische „Stolperfallen“ eingebaut! Nach und nach gerät der Eröffnungspuls in Konflikt mit anderen vom Orchester ausgehenden Ereignissen, was eine chaotisch anmutende Atmosphäre schafft. Adams Stil hat seine Wurzeln in der sogenannten „Minimal Music“, doch von dem Minimalismus, wie er etwa durch Werke von Steve Reich, Terry Riley und Philip Glass bekannt wurde, hebt sich Adams Stil durch die Verwendung von minimalistischen Techniken in deutlich dramatischeren Kontexten ab, ihm kommt es auf „Gefühle“ und „Gefühltes“ an. Musik sei in erster Linie eine Kunst, die man fühlen muss, so sein Credo.

Philip Glass (*1937)

Konzert für vier Saxophone und Orchester

Bei der Minimal Music von Philip Glass geht es um die stetige, wenn auch minimale Veränderung und Interferenz gleicher Muster. Die Veränderung ist das Ziel, nicht das Ergebnis. Sein Interesse an atonaler Musik führte ihn zu einem Kompositionsstudium an der Juilliard School in New York und anschließend nach Paris, wo er bei Nadia Boulanger studierte. 1965 begegnete er dem Sitar-Spieler und Komponisten Ravi Shankar, der einen prägenden Einfluss auf ihn ausübte. Seine Musik verabschiedete sich zunehmend von traditionellen Kategorien wie Harmonie, Tempo oder Melodie. Stattdessen begann Glass, Ensemblestücke in einem repetitiven Stil zu komponieren. Der erste Satz des Konzertes für vier Saxophone und Orchester hat ein fließendes Tempo, in dem die tieferen Instrumente drei rhythmische und melodische Zellen einführen, aus denen sich die Musik entwickelt. Im zweiten Satz im Scherzo-Stil führt das Baritonsaxophon eine synkopierte Jazzfigur ein, zu der sich schließlich das Tenorsaxophon gesellt. Am Ende dieses Satzes ist ein Diminuendo zu verzeichnen. Die synkopischen Rhythmen nehmen sowohl in der Geschwindigkeit als auch in der Lautstärke ab, die Musik verebbt. Der langsame dritte Satz wurde von einem Rezensenten der amerikanischen Erstaufführung so beschrieben: „So erholsam wie ein Wiegenlied". Auch dieser Satz endet verhalten. Stetig wechselnde Taktarten machen den Finalsatz mit seinem fröhlichen, synkopischen, aufsteigenden Thema zu einer munteren Angelegenheit. Orchester und Solisten werden stets auf Trab gehalten und eilen dem turbulenten Schluss entgegen.

Astor Piazzolla (1921-1992)

Tango Suite für Saxophonquartett und Orchester

arr. Theodore Kerkezos

Noch Anfang der fünfziger Jahre hatte Piazzolla dem Tango zunächst den Rücken gekehrt und sich nach Paris begeben, um bei Nadia Boulanger Komposition zu studieren. Im Nachhinein erinnert er sich an diese Zeit als „die Befreiung vom verschämten Tangospieler zu einem selbstbewussten Komponisten.“ Boulanger sei Dank, denn ohne den Namen Astor Piazzollas ist der Tango als musikalische Kunstform heutzutage schlichtweg nicht zu denken. Er ist nicht nur ein argentinisches Nationalsymbol und zählt zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit, er ist wohl auch eines der erfolgreichsten Exportprodukte des südamerikanischen Landes. Seine Tango Suite entstand 1985 für zwei Gitarren, doch entstanden in den folgenden Jahren unzählige Bearbeitungen für weitere Besetzungen. Der Unterschied zwischen dem originalen Klang der Gitarren und dem eines Saxophonquartetts mit Orchester könnte zwar kaum größer sein, echtes Tango-Gefühl kommt aber dennoch auf. Gleich im ersten Satz müssen die Bläser Schlagzeugklänge mit Füßen und Händen produzieren, wie es normalerweise Gitarristen auf dem Corpus ihres Instruments tun. Später werden Glockenklänge und Imitationen des Saitenglissandos auf der Gitarre verlangt. All dies trägt zur ebenso urigen wie originalen Atmosphäre der drei Sätze bei, in deren Verlauf jeweils mehrere Tangomelodien in freier Weise entwickelt werden.

Richard Strauss (1864-1949)

Till Eulenspiegels lustige Streiche op. 28

Historisch sind die Figur und ihre Scherze belegt: Der echte Till lebte in den frühen Jahren des vierzehnten Jahrhunderts in der Gegend um Braunschweig und starb nicht etwa am Galgen, wie Richard Strauss es in seiner Symphonischen Dichtung suggeriert, sondern an der Pest. Als Schelm ohne Gleichen und ohne Furcht reist Till quer durch Europa, spielt den Narren und deckt Laster, Korruption, Habgier und Torheit auf. Niemand ist vor seiner irrationalen Frechheit gefeit: Handwerker, Kaufleute, Klerus, Adel, die Justiz und sogar der Papst werden auf die Schippe genommen. Strauss bleibt dem Geist der Geschichte dieses Anti-Helden treu, indem er Tills burleske Geschichte als eine Reihe von Episoden in Rondoform präsentiert, die mit leichter Hand aneinandergereiht sind. Das Werk des damals erst 30-jährigen Komponisten zählt heutzutage zu den beliebtesten und meistgespielten Orchesterwerken überhaupt und gilt zudem als Lehrstück angewandter Instrumentationskunst. „Es war einmal" – mit einer kurzen, verträumten Phrase in den Streichern beginnt das Werk, bevor direkt Till auftritt – dargestellt durch ein lebhaftes Hornsolo, wohl eines der bekanntesten Themen des Werkes. Das Thema wird vom gesamten Orchester aufgenommen, bis Tills zweites, schelmischeres Motiv in der hohen Klarinette erklingt und der Teufel in einer schillernden, schwindelerregenden Demonstration orchestraler Brillanz losgelassen wird. Der Schelm reitet über einen Marktplatz und richtet Chaos an, als Priester verkleidet verspottet er die Geistlichkeit, er verliebt sich in ein Mädchen und schließlich stichelt er gegen ein paar eingebildete Akademiker. Doch mit den Späßen ist es vorbei, als Till gefangen genommen und vor Gericht gestellt wird. Das Orchester trägt eine düstere Anklage vor, in der Till jämmerlich wimmert, bevor durch die Posaunen das Urteil verkünden wird: Tod durch Erhängen. Ein Trauermarsch führt zum Galgen, wo Till bis zur letzten Sekunde versucht, durch Zureden und Beschwatzen sein Leben zu retten. Zu spät – als der tödliche Hebel betätigt wird, kündigt eine trillernde Flöte Tills letzten Atemzug an. Im bezaubernden Epilog erklingt noch einmal das „Es war einmal“-Thema, bevor der unbändige, respektlose Geist des Titelhelden für einen letzten musikalischen Scherz zurückkehrt.

WAS              

„Prosit“ – Mit Saxophonsound ins neue Jahr
5. Philharmonisches Konzert der Bremer Philharmoniker

WANN

Sonntag, 16. Januar 2022, 11 Uhr
Montag, 17. Januar 2022, 19:30 Uhr
Dienstag, 18. Januar 2022, 19:30 Uhr

WO                

Konzerthaus Glocke
Domsheide 4/5
28195 Bremen

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Plantage 13
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