Die Lebensmittelproduktion in Deutschland belastet die Umwelt und das Klima. Gleichzeitig können vor allem kleinere landwirtschaftliche Betriebe kaum noch überleben. Der WWF Deutschland fordert deshalb, die von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir angestoßene Debatte über den Wert von Lebensmitteln ernsthaft und ohne Polemik zu führen.

Für Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland, ist es zu kurzsichtig, die niedrigen Lebensmittelpreise als sozialpolitische Errungenschaft zu betrachten. „Wir alle zahlen einen hohen, aber versteckten Preis für die Art, wie Lebensmittel produziert werden. Wenn bis zu 40 Prozent der produzierten Lebensmittel weggeworfen werden, Tiere für niedrige Fleischpreise leiden müssen und die Artenvielfalt der intensiven Massenproduktion geopfert wird, dann zeigt das die Notwendigkeit der Debatte. Wir müssen mehr Wahrheit in die Lebensmittelpreise bringen und der Produktion von Lebensmitteln einen höheren Wert beimessen.“

Kaum ein landwirtschaftlicher Betrieb kann heute noch ausschließlich vom Verkauf seiner Produkte leben. Die Einkommen von Landwirt:innen in Deutschland bestehen zu 40 Prozent aus staatlichen Subventionen. Trotzdem geht es vielen Betrieben wirtschaftlich schlecht. „Jedes Jahr geben tausende Betriebe auf, für die Mehrheit der Betriebe ist die Hofnachfolge nicht gesichert. Die Landwirtschaft ist zum Sozialfall geworden. Wo an der Existenzgrenze gewirtschaftet wird, bleibt zudem wenig Platz für Arten- und Klimaschutz“, kritisiert Christoph Heinrich.

Die Konsequenz der Niedrigpreispolitik sind intensivere Anbaumethoden. Daraus folgen immer größere Maschinen, großflächigere monotone Felder, mehr Chemie, mehr Dünger und weniger Artenvielfalt. Das Grundwasser ist vielerorts mit Nitraten belastet. „Man kann diese Logik der auf Masse getrimmten Landwirtschaft nur mit einer Verständigung über Umweltqualitäten, Tierwohl und faire Produzentenpreise durchbrechen. Wer gute Lebensmittel so anbaut, wie es die Mehrheit der Bevölkerung will, der muss für diese hochwertigen Produkte auch einen fairen Preis erzielen können“, fordert Christoph Heinrich.

Höhere Verbraucherpreise bedeuten allerdings nicht, dass auch höhere Erlöse bei den Landwirt:innen ankommen. Bei Getreideprodukten fließen weniger als 5 Prozent des Verbraucherpreises an die Landwirt:innen zurück. Davon müssen diese dann noch ihre Betriebskosten decken.

Die Bundesregierung muss also eine Strategie entwickeln, wie die Einkommenssituation für Landwirtinnen und Landwirte und gleichzeitig die Qualität der Produktion verbessert werden können. „Staatliche Anreize für Gemeinwohlleistungen sind dabei ein Mittel, ein fairer Preis für Lebensmittel ist aber genauso wichtig. Das ist zugleich ein Lackmustest für die Sozialsysteme in unserem Land. Werthaltige Lebensmittel müssen sich alle leisten können, sonst stimmt etwas nicht,“ so Christoph Heinrich.
 

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