Am 1. Januar 2022 jährt sich die Einführung von Euro-Banknoten und Münzen zum zwanzigsten Mal. Die bereits drei Jahre zuvor erfolgte Einführung des Euro wurde damit sichtbar vollendet. Prof.  Dr.  Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“, hat die Euro-Einführung in seiner wissenschaftlichen Arbeit kontinuierlich begleitet. Er bewertet den Erfolg des Euro folgendermaßen:

„Der Euro hat Wirtschaften und Reisen in Europa ohne Zweifel erleichtert und geholfen, den Handel im Europäischen Binnenmarkt weiter zu vertiefen. Auch konnte Europas Währung bislang ihr Stabilitätsversprechen einlösen. Die Inflationsrate in der Eurozone schwankte seit Einführung auf moderatem Niveau von zwei Prozent. Auch aus deutscher Perspektive hat sich der Euro als stabil erwiesen. Die DM-Ära war im Durchschnitt inflationärer als die Zeit seit 1999.
 Dennoch gibt es keinen Anlass für freudige Euro-Geburtstagsfeiern. Europas Gemeinschaftswährung hat zentrale ökonomische Hoffnungen nicht erfüllen können. Für Südeuropa hat die Gemeinschaftswährung nicht den erhofften anhaltenden Aufschwung gebracht. Nach einigen wenigen guten Jahren hat der Euro stattdessen für Länder wie Italien und Griechenland eine lange Phase der Stagnation und Krisen eingeleitet. Jene osteuropäischen Mitgliedsländer, die dem Euro nicht beigetreten sind, haben die Südeuropäer beim Wachstum weit abgehängt. Aber auch aus Sicht des europäischen Nordens konnte der Euro seine Versprechen bei wichtigen Themen nicht einhalten. Der Vertrag von Maastricht hatte noch versucht, die Euro-Länder mit einem Haftungsausschluss, einem Verbot der monetären Staatsfinanzierung und mit den europäischen Fiskalregeln zu fiskalischer Disziplin zu bringen. Auf diese Weise sollten die Vergemeinschaftung von Schulden und die Einführung einer Transfergemeinschaft verhindert werden. Diese Vorkehrungen haben ihr Ziel nicht erfüllt. Einige Staaten Südeuropas können ihre Schuldenstände heute nur noch durch umfangreiche Finanzierungshilfen und Garantien seitens der EZB und der EU bewältigen.
 Auffällig ist, dass die Währungsunion keine Anziehungskraft mehr auf die ökonomisch erfolgreichen Staaten Osteuropas ausübt. Die allmählich wohlhabend werdenden Staaten Polen, Ungarn und Tschechien streben eine Euro-Einführung nicht mehr an, auch weil sie nicht für südeuropäische Schulden in die Haftung genommen werden wollen.
 Ob der Euro seinen bisherigen Stabilitätserfolg fortsetzen wird, ist heute unsicherer denn je. Zwar ist die gegenwärtig sehr hohe Inflationsrate zum Teil Folge vorübergehender Faktoren. Jedoch ist die Skepsis gewachsen, ob die EZB eine überraschend hohe Inflation überhaupt noch entschlossen bekämpfen könnte. Schließlich spielt ihre lockere Geldpolitik eine Schlüsselrolle bei der Finanzierung hoch verschuldeter Staaten. Der Euro schreibt keine ungetrübte Erfolgsgeschichte. Dies sollte sich die Politik ehrlich eingestehen und entschlossen daran arbeiten, den Ordnungsrahmen der Währungsunion zum Besseren zu verändern.“

Über ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim

Das ZEW in Mannheim forscht im Bereich der angewandten und politikorientierten Wirtschaftswissenschaften und stellt der nationalen und internationalen Forschung bedeutende Datensätze zur Verfügung. Das Institut unterstützt durch fundierte Beratung Politik, Unternehmen und Verwaltung auf nationaler und europäischer Ebene bei der Bewältigung wirtschaftspolitischer Herausforderungen. Zentrale Forschungsfrage des ZEW ist, wie Märkte und Institutionen gestaltet sein müssen, um eine nachhaltige und effiziente wirtschaftliche Entwicklung der wissensbasierten europäischen Volkswirtschaften zu ermöglichen. Durch gezielten Wissenstransfer und Weiterbildung begleitet das ZEW wirtschaftliche Veränderungsprozesse. Das ZEW wurde 1991 gegründet. Es ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Derzeit arbeiten am ZEW Mannheim rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen rund zwei Drittel wissenschaftlich tätig sind.

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