Zu Recht setze die neue Bundesregierung nun endlich prioritär auf die Schließung der weißen Flecken, um die Bürgerinnen und Bürger mit Gigabit zu versorgen, statt sie – wie von der alten Bundesregierung in der TKG-Novelle geplant – mit einem „Recht auf schnelles Internet“ (RasI) abzuspeisen. „Das bringt gerade mal ein paar Mbit/s mehr, ist bürokratisch, zu langsam und verzögert den echten Glasfaserausbau“, unterstreicht Grützner. „Wir müssen ganze Orte mit Glasfaser versorgen und nicht erst einzelne Häuser“, fordert er. „Besser Gigabit mit gezielter Förderung statt RasI muss das Ziel im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger sein“, betont der VATM-Geschäftsführer.
Für einzelne Häuser, die nicht kurzfristig mit Glasfaser versorgt werden könnten, bräuchte man extrem schnell realisierbare Übergangslösungen via Funk oder Satellit. Moderne Satellitentechnologie ist in aller Munde und neue Studien belegen eindeutig die Leistungsfähigkeit für alle denkbaren Homeoffice- und Homeschooling-Anwendungen. Der vom bisherigen BMVI vorgesehene Digitalisierungszuschuss erfasst nicht mal ein Prozent der Problemfälle und muss aus Sicht des VATM sofort nachgebessert werden.
„Daneben enthält das Gesetz viele neue Verbraucherschutzvorgaben mit hoher Komplexität und Detailtiefe, was ebenfalls für deutlich mehr Bürokratie sorgt und oft nicht einmal im Sinne der Kundinnen und Kunden ist“, sagt der VATM-Geschäftsführer. Die Angabe ladungsfähiger Anschriften aller genutzten Telefondienste auf seitenlangen Papiertelefonrechnungen anstatt digitaler Lösungen, Verschärfungen bei Haftungsregelungen und Kündigungsrechten als auch überzogene Versorgungsauflagen belasten die Unternehmen ebenfalls.
Besonders problematisch sind die im Gesetz vorgesehenen Minderungsrechte. Im Festnetz stehen die TK-Anbieter dabei vor der großen Herausforderung, dass sie Leistungsangaben in die Verträge aufnehmen müssen, obwohl jeder Politiker weiß, dass die Leistung bei Kupfernetzen mit jedem Meter Kupfer abnimmt und jeder Anschluss – ohne jede Schuld des Anbieters – eine sehr unterschiedliche Leistung aufweist. Hinzu kommt, dass die Verkabelung im Wohnhaus ebenso wie kundenseitige Einstellungen an den Geräten und WLAN in der Praxis oft zu Verschlechterungen führen. Vor allem aber sind Schwankungen aufgrund hoher Reserven in den Netzen oft völlig unerheblich für den E-Mail-Verkehr oder für ruckelfreie Videos. Für den Festnetzbereich wird ein ausreichend sicheres Messtool – Voraussetzung für jeden Minderungsanspruch – von der Bundesnetzagentur wohl noch im Dezember bereitgestellt werden. Im Mobilfunk ist das gesetzlich vorgesehene Minderungsrecht in der Praxis noch problematischer, da die für den einzelnen Kunden nutzbare Bandbreite unter anderem davon abhängt, wie viele Nutzer sich noch in der jeweiligen Mobilfunkzelle befinden und sogar wie die Witterungsbedingungen sind. Ein Mobilfunkanbieter hat auf solche Faktoren keinerlei Einfluss. An einem Messtool für den Mobilfunkbereich wird daher verständlicherweise noch gearbeitet.
Optimierter Verbraucherschutz ist im Sinne der Anbieter, die auf zufriedene Kundinnen und Kunden setzen. „Wir bitten die neue Bundesregierung dringend um einen intensiveren Dialog mit der Wirtschaft, damit sinnvolle Lösungen für Kunden und Wirtschaft statt maximierter Bürokratie erreicht werden“, betont Grützner.
Positiv ist, dass durch die TKG-Novelle ein stärkeres Gewicht auf die Gleichbehandlung der Wettbewerber durch die Telekom gelegt werden soll, damit von allen TK-Unternehmen gegenüber allen Kunden ein gleich guter Service erbracht werden kann, zum Beispiel bei Entstörung oder Umschaltung (Prinzip des „Equivalence of Input“/Gleichwertigkeit des Zugangs). EoI erspart komplizierte Regulierungsverfahren und verhindert schlechte Leistungen. „Genau das wird aber nun von der Bundesnetzagentur in der Praxis nicht vollständig umgesetzt und dennoch wird die Regulierung einseitig zu Gunsten der Telekom heruntergefahren“, kritisiert Grützner.
Auch die Bemühungen, die Genehmigungsbürokratie in den Griff zu bekommen und lange Verfahrenslaufzeiten zu beschleunigen, bewertet der VATM positiv. Nun wird es aber meist bei den Ländern und Kommunen liegen, ob diese Erleichterungen wirklich greifen. Gleiches gilt für die Stärkung moderner Verlegetechnologien oder One-Stop-Shop-Regeln, damit die Antrags- und Genehmigungsflut beim Ausbau gestoppt werden kann.
Insgesamt muss die neue Bundesregierung darauf achten, das hohe Wettbewerbsniveau zu halten, das den Glasfaserausbau selbst und innovative Diensteangebote beschleunigt. „Längerfristige Vorausschau, echter Vorrang für bedarfsgetriebenen eigenwirtschaftlichen Ausbau, deutlich besser strukturierter geförderter Ausbau, weniger Überbau und schnellere Genehmigungsverfahren bringen Deutschland voran – nicht aber staatliche Planung oder Steuergelder, die höhere Baupreise, aber nicht mehr Kilometer bringen“, fasst der VATM-Geschäftsführer zusammen.
Auch der Aufbau und die Zuständigkeit neuer Behörden müsse überdacht werden, wenn hierdurch versiertes Personal verloren werde, Zuständigkeiten nicht vereinfacht und gebündelt, sondern bruchstückhaft verschoben werden. Grützner: „Eine Zuständigkeitserweiterung der MIG zunehmend auf den gesamten Festnetzbereich entspricht daher weder der ursprünglichen Planung noch dient es den Zielen eines beschleunigten Ausbaus. Die Bundesregierung bleibt hier gefordert und muss klare Fehlentwicklungen verhindern.“
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