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Nach Einbrüchen in der Pandemie soll AOK-Kampagne verstärkt zur Teilnahme motivieren

Vor allem in der ersten Pandemiewelle im Frühjahr 2020, aber auch in der zweiten Welle von Oktober 2020 bis Februar 2021 gab es starke Einbrüche bei den Krebs-Früherkennungsuntersuchungen für gesetzliche Versicherte. Das zeigt eine aktuelle Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), die heute in Berlin vorgestellt worden ist. Gleichzeitig ist in der Pandemie ein deutlicher Rückgang bei den Krebs-OPs zu verzeichnen. Eine Langzeit-Analyse des WIdO macht zudem deutlich, dass ein relevanter Teil der anspruchsberechtigten Menschen in den vergangenen zehn Jahren nicht von der Krebs-Früherkennung erreicht worden ist. Mit der Kampagne „Deutschland, wir müssen über Gesundheit reden“ will die AOK gegensteuern und die Aufmerksamkeit für das Thema Krebs-Früherkennung erhöhen, über das laut den Ergebnissen einer aktuellen Forsa-Befragung viele Menschen nicht gern sprechen und das oftmals verdrängt wird.

Deutliche Rückgänge von bis zum 20 Prozent infolge der Pandemie

Besonders starke Rückgänge waren im „Pandemie-Jahr“ 2020 bei der Früherkennung von Hautkrebs (minus 19,8 Prozent gegenüber 2019) zu verzeichnen. Dieser Trend setzte sich auch im 1. Quartal 2021 mit minus 20,8 Prozent fort. Die WIdO-Auswertung auf Basis der GKV-Frequenzstatistik zeigt für das Jahr 2020 auch beim Mammografie-Screening sowie bei der Prostatakrebs-Früherkennung deutliche Rückgänge der Teilnahmequoten gegenüber dem Vorjahr von jeweils 8,1 Prozent. Bei der Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs waren es minus 5,5 Prozent. Lediglich bei den Koloskopien zur Früherkennung von Darmkrebs war trotz Rückgängen in der ersten Pandemiewelle in der Jahresbilanz sogar ein leichter Anstieg von 2,1 Prozent festzustellen. „Hier wäre der Anstieg ohne die Pandemie sicher noch höher ausgefallen, denn seit Anfang 2019 können Männer schon ab 50 statt ab 55 Jahren an der Vorsorge teilnehmen. Zudem werden seit Mitte 2019 Anspruchsberechtigte per Anschreiben von ihrer Krankenkasse zu dieser Vorsorge eingeladen“, erläutert Jürgen Klauber, Geschäftsführer des WIdO, die Ergebnisse. Wenn man neben den Früherkennungs-Koloskopien auch alle diagnostischen Darmspiegelungen im ambulanten und stationären Bereich in die Betrachtung einbeziehe, ergebe sich aber im Jahr 2020 insgesamt ein Rückgang von 6,5 Prozent gegenüber dem Jahr 2019.

Ausgebliebene Diagnostik lässt schwerere Erkrankungen und mehr Tote befürchten

Diese ausgebliebene Diagnostik in der Pandemie dürfte nach Einschätzung der Experten gesundheitliche Folgen haben, wenn Tumore erst später erkannt werden. Darauf deutet auch eine aktuelle WIdO-Analyse zur Entwicklung der Darm- und Brustkrebsoperationen hin. Die Auswertung der AOK-Abrechnungsdaten aus den Kliniken zeigt im gesamten Pandemie-Zeitraum von März 2020 bis Juli 2021 einen Rückgang der Darmkrebs-Operationen von 13 Prozent gegenüber 2019. Bei den Brustkrebs-OPs ist ein Rückgang von 4 Prozent zu verzeichnen. „Mittelfristig könnte sich dies in einem größeren Anteil höherer Schweregrade bei den Erkrankungen zeigen und auf die Sterblichkeit auswirken“, erläutert WIdO-Geschäftsführer Jürgen Klauber.         

Langzeit-Auswertung: „Luft nach oben“ vor allem beim Darmkrebs-Screening

Eine Langzeit-Auswertung auf Basis der AOK-Abrechnungsdaten für die Jahre 2009 bis 2020 macht zudem deutlich, dass es bei der regelmäßigen Teilnahme an den Krebs-Früherkennungsuntersuchungen schon vor der Pandemie „Luft nach oben“ gab. „Sie zeigt, dass die Teilnahmeraten bei allen Untersuchungen zur Krebs-Früherkennung erhöht werden sollten“, sagt Gerhard Schillinger, Leiter des Bereiches Medizin im AOK-Bundesverband. So wurde nur etwa die Hälfte der anspruchsberechtigten Menschen, die im vergangenen Jahr 65 Jahre alt waren, in den vergangenen zehn Jahren von der Darmkrebs-Früherkennung erreicht. Auch bei der Prostatakrebs-Früherkennung wurden die anspruchsberechtigten Männer insgesamt zu selten oder zu spät erreicht: So nahmen in der Altersgruppe zwischen 54 und 70 nur knapp ein Drittel der Männer in mindestens drei der vergangenen zehn Jahre an der Früherkennung teil. Beim Hautkrebs-Screening nahmen 13 Prozent der Männer und 16 Prozent der Frauen zwischen 45 und 70 Jahren im betrachteten Zehn-Jahres-Zeitraum die Früherkennung mindestens vier Mal in Anspruch. Besser sieht es bei der Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs aus: Über 80 Prozent der Frauen zwischen 29 und 40 haben den Empfehlungen entsprechend in mindestens drei von zehn Jahren an der Vorsorge teilgenommen. „Diese Früherkennung ist eine Erfolgsgeschichte. Vor der Einführung 1971 war der Gebärmutterhalskrebs mit 16.000 Neuerkrankungen pro Jahr der häufigste bösartige Tumor bei jungen Frauen, inzwischen konnte die Neuerkrankungs-Zahl auf 4.300 Fälle reduziert werden.“ Auch beim Mammographie-Screening zur Früherkennung von Brustkrebs, das in Deutschland schon seit 2009 flächendeckend umgesetzt wird, sind recht hohe Teilnahmequoten zu verzeichnen: Nur ein Viertel der anspruchsberechtigen Frauen nahm im betrachteten Zeitraum nicht teil.

AOK-Kampagne rückt Krebs-Früherkennung in den Fokus

Mit einer Kampagne will die AOK das Thema Krebs-Früherkennung noch stärker in den Fokus der Öffentlichkeit rücken und die Menschen motivieren, die gesetzlich vorgesehenen Untersuchungen wahrzunehmen. Die Kampagne „Deutschland, wir müssen über Gesundheit reden“ umfasst unter anderem TV-Spots und Anzeigen zum Thema Früherkennung. „Mit diesen Kommunikationsmaßnahmen wollen wir gerade jetzt, in der nach wie vor andauernden Pandemie, einen Anstoß geben, einen Termin bei seinem Arzt oder bei der Ärztin zu vereinbaren und gegebenenfalls versäumte Untersuchungen nachzuholen“, erklärt Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes. Die Ergebnisse einer aktuellen Forsa-Befragung im Auftrag des AOK-Bundesverbandes zeigten, dass es sich hier oft um schambesetzte Untersuchungen handele, zu denen man sich überwinden müsse und über die Menschen nicht gern sprechen. So geben 42 Prozent der Befragten an, selten oder nie im persönlichen Umfeld über Gesundheitsvorsorge oder Vorsorgeuntersuchungen zu sprechen. Etwa jedem fünften Befragten (21 Prozent) ist es sehr beziehungsweise ein wenig unangenehm oder peinlich, im Bekannten-, Freundes- oder Kollegenkreis darüber zu sprechen. Bei Männern unter 45 Jahren trifft dies fast auf jeden Dritten zu (31 Prozent). 35 Prozent der Befragten erklärten, dass die Beschäftigung mit Früherkennung und Vorsorge nach ihrer Einschätzung durch Tabus beeinträchtigt wird.

Forsa-Befragung zeigt generell große Offenheit für Krebs-Früherkennung   

Ein überwiegender Teil der Menschen in Deutschland steht dem Thema Krebsvorsorge laut den Ergebnissen der Forsa-Befragung jedoch sehr offen gegenüber. Zwei Drittel der Befragten stimmen der Aussage zu, dass sie regelmäßig zu Krebsvorsorgeuntersuchungen gehen. Auf der anderen Seite gibt fast jeder vierte Befragte an, dass er sich nicht für Krebsvorsorge interessiert. Die Ergebnisse zeigen, dass Frauen dem Thema grundsätzlich offener gegenüberstehen als Männer. Im Rahmen der Online-Studie wurden vom 21. bis zum 29. September 2021 insgesamt 3.225 Männer und Frauen ab 18 Jahren befragt.

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