In Hamburg erleiden pro Jahr rund 6000 Menschen einen Schlaganfall, in der Metropolregion sind es fast doppelt so viele. Werden die Patient:innen schnell versorgt, können Komplikationen und bleibende Schäden vermieden werden. Hamburg ist beispielhaft in der Organisation der Versorgung von Schlaganfallpatient:innen. Die Externe Qualitätssicherung ist hierbei ein wichtiges Instrument, erklärt Prof. Dr. Christian Gerloff, Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), anlässlich des Weltschlaganfalltags am Freitag, 29. Oktober.

Was zeichnet die Schlaganfallbehandlung in Hamburg aus?

Prof. Dr. Christian Gerloff: In Hamburg haben sich alle Klinken, die an der Schlaganfallversorgung teilnehmen, in der Hamburger Arbeitsgemeinschaft Schlaganfall zusammengeschlossen. In dieser Arbeitsgemeinschaft werden einheitliche Zuweisungs- und Behandlungskonzepte für akute Schlaganfallpatient:innen festgelegt, die bereits frühzeitig innovative Behandlungsansätze flächendeckend für die Metropolregion Hamburg in die klinische Praxis integrieren. Außerdem sind von Hamburg aus wissenschaftliche Impulse ausgegangen, die weltweit zur Verbesserung der Schlaganfallversorgung beigetragen haben. So konnte zum Beispiel mit der vom UKE koordinierten WAKE-UP Studie der Effekt der Thrombolyse bei Schlaganfall mit unbekanntem Symptombeginn nachgewiesen werden. Das ist ein Behandlungsansatz, der inzwischen in allen relevanten nationalen und internationalen Leitlinien als Empfehlung aufgenommen wurde.

Können konkrete Zahlen den Erfolg der Hamburger Arbeitsgemeinschaft Schlaganfall belegen?

Prof. Dr. Christian Gerloff: Eine wichtige Rolle für die kontinuierliche Verbesserung der Versorgung von Patient:innen mit Schlaganfall in Hamburg spielt die Externe Qualitätssicherung, die alle Klinken verpflichtet, Angaben zu Prozess- und Ergebnisparametern in der Schlaganfallbehandlung zu machen. Auf der Basis dieser öffentlich zugänglichen Informationen werden jedes Jahr im Dialog zwischen den Kliniken die Indikatoren für die Qualität der Behandlung angepasst. In einer kürzlich publizierten wissenschaftlichen Auswertung von erhobenen Daten aus der Schlaganfallbehandlung konnte gezeigt werden, wie die Aktivitäten in der Arbeitsgemeinschaft zu einer kontinuierlichen Verbesserung der Schlaganfallbehandlung in Hamburg geführt haben. So konnte über einen Zeitraum von zehn Jahren der Anteil der Schlaganfallpatient:innen, bei denen eine Thrombolyse, also die Auflösung des gefährlichen Blutgerinnsels im Gehirn, innerhalb von 30 Minuten nach Einlieferung ins Krankenhaus gestartet wurde, von 8 Prozent auf 54 Prozent gesteigert werden. Besteht eine Durchblutungsstörung über einen kritischen Zeitraum hinaus, entsteht eine irreversible Schädigung des Gehirns mit häufig bleibenden neurologischen Ausfallserscheinungen.

Was sind die Anzeichen für einen Schlaganfall bei Männern und Frauen?

Prof. Dr. Christian Gerloff: Bei der großen Mehrzahl aller Schlaganfälle (etwa 85 Prozent) handelt es sich um Durchblutungsstörungen des Gehirns (ischämischer Schlaganfall, Hirninfarkt). Hierbei kommt es durch den Verschluss einer großen oder kleinen Arterie des Gehirns zu einer Durchblutungsstörung bestimmter Gehirnregionen, die sich durch entsprechende Ausfallserscheinungen bemerkbar macht. Typische Schlaganfallsymptome sind plötzlich auftretende Lähmungen, Sprachstörungen, Sehstörungen, Gefühlsstörungen oder Koordinationsstörungen. Häufig ist nur eine Körperseite betroffen und typischerweise treten die Symptome ohne begleitende Schmerzen auf.

Was gilt es, bei dem Verdacht auf einen Schlaganfall zu tun?

Prof. Dr. Christian Gerloff: Bei der Behandlung des akuten Schlaganfalls zählt jede Minute, und zwar jede Minute bis zu einer qualitativ hochwertigen, spezialisierten Therapie. Ein schnellerer Beginn der optimalen Behandlungsschritte ist der Schlüssel zu weniger bleibenden Schäden und höherer Lebensqualität bei den Betroffenen. Betroffene sollen daher bei Anzeichen für einen Schlaganfall sofort die 112 wählen. Die Patienten:innen werden dann vom Rettungsdienst umgehend in eine Hamburger Klinik mit Stroke Unit, also einer Schlaganfall-Spezialstation, eingeliefert.

Über Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)

Das 1889 gegründete Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ist eine der modernsten Kliniken Europas und mit rund 14.100 Mitarbeitenden einer der größten Arbeitgeber in Hamburg. Pro Jahr werden im UKE rund 449.000 Patient:innen versorgt, 88.000 davon stationär und 361.000 ambulant. Zu den Forschungsschwerpunkten des UKE gehören die Neurowissenschaften, die Herz-Kreislauf-Forschung, die Versorgungsforschung, die Onkologie sowie Infektionen und Entzündungen. Über die Medizinische Fakultät bildet das UKE rund 3.400 Mediziner:innen, Zahnmediziner:innen und Hebammen aus.

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