– Frankfurter Umland bietet die deutlichsten Vorteile unter den sieben größten deutschen Städten
– Pendelkostenrechner erstmals auch mit den Faktoren Homeoffice und Arbeitszimmer 

Leben im Umland, arbeiten in der City – das ist für viele Menschen Alltag. Denn der Wohnungskauf im Umland scheint meist günstiger als in der Metropole. Dafür fallen Pendelkosten an. Lohnt sich das? Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat für die Postbank die Lage in den sieben größten deutschen Städten untersucht. Eine Modellrechnung zeigt, wann der Kostenvorteil des günstigeren Immobilienerwerbs im Umland durch Fahrtkosten und -zeit aufgezehrt ist. Das Ergebnis: Das Frankfurter Umland schneidet am besten ab. Auch in einigen Städten und Gemeinden rund um Düsseldorf, München und Hamburg können Pendler*innen gegenüber der Metropole erheblich sparen.

Homeoffice-Regelungen in der Corona-Pandemie haben vielen Beschäftigten mehr Unabhängigkeit vom Arbeitsort beschert und bei so manchem den Wunsch nach einem Umzug ins Grüne geweckt. Wer dank Homeoffice-Vereinbarung nicht mehr täglich zur Arbeit pendeln muss, möchte sich dafür in den eigenen vier Wänden vielleicht ein Arbeitszimmer einrichten. Eine größere Wohnung wiederum verteuert unter Umständen den Immobilienerwerb. Diese Entwicklung hat die Postbank nun erstmals in ihren Pendelkostenrechner einbezogen.

Deutschlands sieben größte Städte im Vergleich

Verglichen wurde jeweils der Kauf einer durchschnittlich teuren 70-Quadratmeter-Wohnung in der Metropole mit dem Erwerb in den angrenzenden Landkreisen zum regionalen Durchschnittspreis. In die Pendelkosten-Analyse wurden jeweils die vier bevölkerungsreichsten Städte der Landkreise sowie auch alle weiteren Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern einbezogen. Der Kaufpreisvorteil wurde mit den jährlichen Pendelkosten verrechnet. Dazu zählt neben den Kosten für das Ticket im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder für das Auto samt Benzin auch der höhere Zeitaufwand. Verglichen wurden auch weitere Varianten mit Homeoffice-Tagen, einem Preisaufschlag für eine verkehrsgünstige Lage im Umland und einer größeren Wohnung im Speckgürtel.

Schnelle Bahnanbindung wichtig

Die Auswertung belegt: Käufer*innen können sparen, wenn ihr Wohnort per Bahn gut an die Metropole angebunden ist. Alle Umland-Städte, in denen Pendler*innen mindestens 40 Jahre lang vom Kaufpreisvorteil des günstigeren Immobilienerwerbs profitieren, verfügen durchweg über eine zügige Bahnanbindung, die weniger als 20 Minuten für die Fahrt in die City benötigt. Spitzenreiter ist Langen (Hessen): Für die 22 Kilometer lange Fahrt nach Frankfurt müssen Pendelnde mit der Bahn lediglich neun Minuten einplanen. Die Ersparnis aus dem günstigeren Immobilienkauf in Langen ist rechnerisch erst nach knapp 76 Jahren aufgezehrt. Aus Dreieich auf Platz zwei im Pendel-Ranking dauert es 14 Minuten bis Frankfurt, die Ersparnis bleibt 61 Jahre lang erhalten. Die kreisfreien Städte Duisburg (an der Stadtgrenze zu Düsseldorf) und Offenbach (an der Stadtgrenze zu Frankfurt) profitieren ebenfalls von einer schnellen Verbindung. So lässt sich die 28 Kilometer lange Pendelstrecke aus Duisburg mit der Bahn in zwölf Minuten bewältigen, aus Offenbach dauert es neun Minuten.

Wenig Vorteile für Autofahrer

Bei täglicher Fahrt mit dem Auto schmelzen Kaufpreisvorteile dagegen deutlich schneller dahin. Das gilt für fast alle untersuchten Städte. Nur zwei Städte im Frankfurter Umland bieten Kaufpreisvorteile auch für Autopendler*innen, die mindestens 40 Jahre Bestand haben: Neu-Isenburg kommt auf 50 Jahre, Dreieich auf 40 Jahre. Allerdings sind auch hier Bahnfahrer*innen im Vorteil. Immobilienexpert*innen sind sich einig, dass Städte mit Bahnanschluss an die Metropole weiter an Attraktivität gewinnen werden. Das sorgt gleichzeitig für wertstabile Immobilien in der entsprechenden Region. „Eine gute Schienenanbindung ist das A und O. Kaufinteressierte, die pendeln wollen, sollten bei ihrer Entscheidung für Wohneigentum im Umland unbedingt darauf achten“, sagt Eva Grunwald, Leiterin Immobiliengeschäft Postbank.  

Beste Pendel-Standorte rund um Frankfurt

Wie groß die Vorteile sind, die der Immobilienkauf im Umland bringt, unterscheidet sich von Metropole zu Metropole. Deutschlands Pendler-Hauptstadt ist Frankfurt am Main. In gleich neun Städten im Speckgürtel der Banken-Metropole können Pendler*innen laut HWWI-Modellrechnung mehr als 40 Jahre lang Geld sparen. Die langfristigen Preisvorteile, die der günstigere Immobilienkauf bringt, werden rund um andere Metropolen kaum erreicht.

Preisgefälle rund um München und Hamburg

Wer in Deutschlands teuerster Stadt München eine Wohnung sucht, wirft schnell auch einen Blick auf Regionen jenseits der Stadtgrenze. Das kann sich für Pendler*innen lohnen. Die Anbindung an die bayerische Landeshauptstadt ist vielerorts gut und der Preisvorteil relativ groß, sodass Käufer*innen trotz Pendelns auf lange Sicht Geld sparen können. Top-Pendler-Städte mit Kaufpreisvorteilen, die mehr als 40 Jahre lang Bestand haben, sind Dachau, Puchheim, Taufkirchen (Vils) und Karlsfeld. Allerdings geht die Rechnung nicht auf, wenn die Ansprüche wachsen: Mehr Platz für ein Arbeitszimmer, 20 Prozent teurer als im kreisweiten Durchschnitt – selbst wenn die Pendeltour ins Büro nur noch an drei Tagen pro Woche ansteht, schmelzen die Kaufpreisvorteile sehr schnell dahin. Lediglich in neun Städten rechnet sich der Umzug noch mehr als zehn Jahre lang. In jeder zweiten der 32 untersuchten Städte und Gemeinden im Münchener Umland haben Pendler*innen überhaupt keinen Kaufpreisvorteil.

Investitionschancen bietet auch das Hamburger Umland. Der Preisvorteil gegenüber dem Kauf in der Hansestadt ist recht groß, die Anbindung vielerorts gut. Bahnpendler*innen aus Pinneberg, Seevetal und Ahrensburg profitieren mehr als 40 Jahre lang vom Erwerb im Speckgürtel.

Rund um Düsseldorf kommen Pendler*innen neben Duisburg auch in Neuss und in Erkrath langfristig günstiger weg – auch dank schneller Verbindung in nur elf Minuten pro Strecke. Im Kölner Umland schafft es Hürth unter die Städte mit einem langfristigen Kaufpreisvorteil von mehr als 40 Jahren.

Stuttgart: Ersparnis wird schneller verfahren

Damit sich das Pendeln lohnt, muss der Preisunterschied zwischen Metropole und Speckgürtel möglichst groß ausfallen. Rund um Stuttgart zum Beispiel sind die Kaufpreisvorteile im Umland verglichen mit dem Preisniveau in der baden-württembergischen Landeshauptstadt nicht so deutlich wie in anderen Städten. Das führt dazu, dass die Ersparnis im Pendleralltag schneller „verfahren“ wird. So findet sich im Stuttgarter Umland keine Stadt, in der die Kaufpreisvorteile vier Jahrzehnte oder länger Bestand haben. Pendler*innen zehren die Ersparnis nach maximal 30 Jahren auf – wenn sie mit der Bahn fahren. Wer sich selbst hinters Steuer setzt, verfährt das gesparte Geld spätestens nach 16 Jahren.

Der Faktor Zeit: Lange Wege führen nach Berlin

Neben dem Preisunterschied zwischen Stadt und Umland ist die Anbindung entscheidend. Die Pendelanalyse der Postbank zeigt, dass Pendler*innen nur langfristig profitieren, wenn die Strecke in weniger als 20 Minuten zu bewältigen ist. Besonders deutlich wird das beim Blick nach Berlin. Lediglich aus Teltow schaffen es Pendler*innen in unter 20 Minuten in die City. Nur acht der 33 untersuchten Städte im Berliner Speckgürtel erreichen Bus- und Bahnzeiten von unter 30 Minuten pro Strecke.

Platz für Homeoffice im Eigenheim

„In der Corona-Krise hat das Umland eindeutig an Attraktivität hinzugewonnen“, sagt Postbank-Expertin Eva Grunwald. Zudem verringert das Homeoffice die Pendelzeiten und -kosten.  Aber: Bürotage daheim lassen sich besser und angenehmer im Arbeitszimmer als am Küchentisch bestreiten. Die Wohnung im Grünen sollte also möglichst etwas größer ausfallen als die Stadtwohnung. Für eine verkehrsgünstige Lage müssen Käufer*innen mit einem Aufschlag rechnen. Vor diesem Hintergrund haben die Expert*innen des HWWI in diesem Jahr weitere Modellrechnungen erstellt: Wie lange profitieren Käufer*innen vom günstigeren Umlandpreis, wenn sie mit zwei Homeoffice-Tagen pro Woche planen können, die neue Wohnung mit Arbeitszimmer 20 Quadratmeter größer ist und der Preis außerdem 20 Prozent über dem kreisweiten Durchschnitt liegt? Bei kreisfreien Städten entfällt der Aufschlag für die verkehrsgünstige Lage.

Verkehrsgünstig wohnen mit eigenem Arbeitszimmer?

Deutschlandweit beste Bedingungen gibt es unter diesen Voraussetzungen in Duisburg: Dank vergleichsweise niedriger Quadratmeterpreise lässt sich dort auch der Erwerb von 90 statt 70 Quadratmetern stemmen, um in einer großen Wohnung mit Arbeitszimmer zu arbeiten. Eine gute Anbindung sorgt dafür, dass das Office in Düsseldorf an den Bürotagen zügig zu erreichen ist. Der Kaufpreisvorteil bleibt rechnerisch 87 Jahre lang bestehen. Auf mehr als 40 Jahre kommen Langen (56 Jahre), die kreisfreie Stadt Offenbach (53 Jahre), Maintal (51 Jahre) und Dreieich (45 Jahre) – alle im Frankfurter Umland. Unter den Top Ten finden sich auch zwei Hamburger Umlandstädte: Schwarzenbek und Pinneberg bieten ebenfalls langfristige Vorteile für Teilzeit-Pendler*innen, die in einer etwas größeren und teureren Wohnung leben wollen.

Die Pendelanalyse zeigt, dass sich ein Umzug für Pendler*innen langfristig in vielen Fällen nur lohnt, wenn ihre Ansprüche nicht mit den Entfernungskilometern wachsen. Weniger Pendel-Tage reduzieren zwar die Kosten, ein zusätzlicher Raum für das Homeoffice ist angesichts recht hoher Quadratmeterpreise aber auch jenseits der Stadtgrenze nicht überall drin. Wer länger profitieren möchte, müsste beim Erwerb selbst bei reduzierten Pendel-Tagen durch Homeoffice ein kleineres Arbeitszimmer in Kauf nehmen oder ein Objekt finden, das ohne Preisaufschlag auf den kreisweiten Durchschnitt auskommt.

Pendeln möglichst individuell betrachten

Wer sich nach Wohnen im Grünen sehnt, aber in einer Metropole arbeitet, sollte ganz genau rechnen“, empfiehlt Postbank-Expertin Grunwald. Unterschiedliche Kosten ergeben sich je nach Arbeitszeitmodell, Homeoffice-Regelungen und je nachdem, ob in einem Haushalt ein oder zwei Arbeitnehmer pendeln. Eine Rolle spielt auch, ob die Pendelei in die Metropole als Übergangslösung gedacht ist, weil etwa ein Jobwechsel geplant oder der Renteneintritt absehbar ist. Familien sollten berücksichtigen, dass Kinder in der Kita möglicherweise länger betreut werden müssen, während die Eltern noch in der Bahn unterwegs sind oder im Stau stehen. Auch das kostet Geld. „Jeder Kaufinteressierte sollte seine eigene, individuelle Rechnung aufmachen. Mit dem Postbank Wohnatlas zeigen wir, wie das geht“, sagt Eva Grunwald.

Hintergrundinformationen zum Postbank Wohnatlas 2021

Der Postbank Wohnatlas ist eine jährlich erscheinende, mehrteilige Studienreihe, die den deutschen Immobilienmarkt unter verschiedenen Aspekten regional bis auf Kreisebene beleuchtet. Für die vorliegende Analyse wurden unter der Leitung von Diplom-Volkswirtin Dörte Nitt-Drießelmann, Senior Researcherin beim Hamburger WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), die Pendelkosten für Bewohner der Umlandkreise der sieben größten deutschen Städte untersucht.

So funktioniert die Modellrechnung

Ausgangspunkt für die Modellrechnung sind die kalkulatorischen Kosten für den Kauf einer 70 Quadratmeter großen Eigentumswohnung aus dem Bestand zuzüglich Notargebühren (2% vom Kaufpreis) und Grunderwerbssteuer in der Metropole und im jeweiligen Umlandkreis. Der Erwerb erfolgt zum jeweiligen Durchschnittspreis des Jahres 2020, wobei in den Umlandstädten und -gemeinden der Durchschnittspreis des jeweiligen Landkreises zugrunde gelegt wird. Für die Kalkulation wird angenommen, dass die Fahrtzeiten für den Stadtbewohnenden innerhalb der City identisch sind mit denen des Pendelnden von seiner Haustür zum Bahnhof der betreffenden Stadt und vom Hauptbahnhof der Metropole zu seinem Arbeitsplatz. Zusätzliche Zeiten entstehen für Pendler*innen also vom Umland-Bahnhof zum Hauptbahnhof der Metropole. Analysiert wurden sowohl die Fahrtzeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖPNV) als auch mit dem Auto.

Die Pendelkosten setzen sich aus den Ticketpreisen für Bus und Bahn beziehungsweise den laufenden Kosten für das Auto pro Kilometer zusammen. Hinzu kommen die Zeitkosten: Für den zusätzlichen Zeitaufwand durch das Pendeln wurde der im Mittel erzielte Bruttolohn im Jahr 2020 in der jeweiligen Metropole veranschlagt. In diesem Jahr wurde darüber hinaus erstmals eine weitere Variante berechnet: Eine Homeoffice-Lösung erlaubt es dem Berufspendelnden, nur noch an drei statt an fünf Tagen pro Woche ins Büro zu pendeln (130 statt 220 Tage im Jahr), dafür erfordert das Homeoffice ein zusätzliches Arbeitszimmer (20 Quadratmeter Wohnfläche mehr). Mit einem 20-Prozent-Preisaufschlag wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass verkehrsgünstig gelegene Wohnungen für Pendler*innen in den Umlandstädten und -gemeinden häufig nicht zum kreisweiten Durchschnittspreis zu haben sind. Eine Ausnahme bilden hier kreisfreie Städte.

Annahmen und Berechnungen der Pendelkosten

1. In der Gemeinde des Landkreises wird eine Eigentumswohnung von 70 Quadratmetern zum Durchschnittspreis des Landkreises im Jahre 2020 erworben. Alternativ wird eine Eigentumswohnung von 70 Quadratmetern in der Metropole zum Durchschnittpreis der Metropole im Jahre 2020 gekauft.
2. Der berechnete Kaufpreis wird um Notargebühren von 2 Prozent sowie der derzeit im Bundesland geltenden Grunderwerbsteuer erhöht.
3. Einsparungen beim Kauf einer Eigentumswohnung im Umland im Vergleich zu einem Kauf in der Metropole werden um notwendige Mobilitätskosten (direkte entfernungsabhängige Mobilitätskosten und bewerteter Zeitaufwand für das Pendeln), die durch den Umzug in das Umland entstehen, reduziert.
4. Zusätzliche Mobilitätszeiten für Bewohner des Umlandes gegenüber den Bewohnern der Metropole entstehen für den Weg vom Bahnhof der Umlandgemeinde zum Hauptbahnhof der Metropole. Alle Pendler*innen nehmen den Weg von Bahnhof zu Bahnhof.
5. Als Pendelzeit für den einfachen Weg wird die kürzeste Reisezeit angesetzt, die mit dem jeweiligen Verkehrsmittel am Dienstagmorgen, den 12.05.2020, zwischen 07.00 Uhr und 08.00 Uhr erzielt werden konnte. Damit blieben die Fahrtzeiten im ÖPNV und mit dem PKW gegenüber dem Vorjahr unverändert, da aufgrund der Corona-Beschränkungen die aktuellen Fahrzeiten im PKW-Verkehr nicht das langjährige Mittel widerspiegeln und auch das Angebot im ÖPNV gegenüber dem Normalfahrplan teilweise ausgedünnt wurde.
6. Die Mobilitätszeiten für Hin- und Rückweg sind identisch.
7. Die Mobilitätskosten pro einfachem Entfernungskilometer liegen nach Abzug der Steuervergünstigungen bei 0,35 Euro für den PKW und bei 0,10 Euro für den ÖPNV.
8. Der Zeitaufwand für das Pendeln wird mit dem Medianeinkommen von sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten (Brutto je Stunde) bewertet, der im Jahre 2020 in der Metropole erzielt wurde.
9. Pro Haushalt pendelt ein*e Arbeitnehmer*in

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