Wer in den vergangenen Wochen die astronomische Kunstuhr im Deutschen Uhrenmuseum Glashütte besichtigen wollte, musste feststellen, dass der monumentale Uhrenkasten derzeit leer steht. Weder ist das anzeigenreiche Zifferblatt mitsamt dem dahinter befindlichen Uhrwerk zu sehen, noch der markante Gong zu hören, der normalerweise alle 15 Minuten ertönt. Ein kleines Schild gibt Aufschluss über den Grund dafür. Das Uhrwerk der Kunstuhr befindet sich derzeit in der Generalüberholung. Alle 15 bis 20 Jahre steht diese an und nimmt mehrere Wochen in Anspruch. Die letzte Revision fand im Jahr 2004 statt. Dieser turnusmäßige Vorgang ist erforderlich, um den zuverlässigen und fehlerfreien Gang des Uhrwerkes mit all seinen Funktionen dauerhaft zu gewährleisten. Dadurch, dass die Uhr über ein multifunktionales Kalenderwerk verfügt, wird bei Betrieb darauf geachtet, dass die Uhr zu keiner Zeit stehen bleibt. Ein nachträgliches Stellen jeder einzelnen Anzeige wäre sehr aufwändig. Die Uhr lief also seit mittlerweile 17 Jahren ohne größere Unterbrechung. Diese lange Laufzeit bringt Abnutzungen, Verschmutzungen oder mitunter sogar Fehlfunktionen mit sich, die mit der Revision beseitigt werden sollen.

Entstehung der Kunstuhr

Die astronomische Kunstuhr ist eine der Hauptattraktionen im Deutschen Uhrenmuseum Glashütte. Geschaffen wurde sie zwischen 1892 und 1925 vom Meisteruhrmacher Hermann Goertz, der ab 1918 in Glashütte wirkte und hier auch seine „Große Uhr“, wie er sie nannte, fertigstellte. Mit Mitteln aus dem Künstlerhilfe-Fonds kaufte der Freistaat Sachsen 1929 die wertvolle Uhr für 15.000 Reichsmark und übergab sie der Deutschen Uhrmacherschule Glashütte als Schenkung. Seitdem hat sie Ihren Platz im Foyer des ehemaligen Schulgebäudes, das seit dem Jahr 2008 das Deutsche Uhrenmuseum Glashütte beherbergt.

Was passiert bei der Revision?

Unterstützt durch die Erkenntnisse der bisherigen Revisionen wurde vor Beginn ein Plan über die auszuführenden Arbeiten erstellt. Auch dieses Mal wurde wieder festgelegt, alle Arbeitsschritte detailliert zu dokumentieren, um sie für zukünftige Revisionen bereitstellen zu können. Zu Beginn der aktuellen Revision wurde das Uhrwerk mitsamt dem Zifferblatt von der Halterung im hölzernen Uhrenkasten gelöst. Erstmals seit 17 Jahren war das Uhrwerk nun wieder sichtbar. Nach Verbringung des Werkes in die Uhrmacherwerkstatt und nach intensivem Studium der Gesamtkonstruktion und der Funktionsabläufe wurde mit der Demontage begonnen. Die entnommenen Teile werden nun begutachtet und auf Abnutzungsspuren oder Beschädigungen geprüft. Bei festgestellten Mängeln (z. B. gebrochene Lagersteine, beschädigte Zähne an Trieben oder Rädern) werden erforderliche Maßnahmen ergriffen. Entscheidend ist dabei immer, so sorgsam und so originalgetreu, wie möglich vorzugehen. Sämtliche Teile des Uhrwerkes werden gereinigt. Im Falle von festgestellter Oxidation erfolgen passende Konservierungsmaßnahmen. In weiteren Schritten werden Funktionsflächen, wie zum Beispiel die Laufflächen der Wellen, aufwändig poliert. Für die Dokumentation werden die Teile genau vermessen. Aus den daraus gewonnen Ergebnissen lassen sich auch Rückschlüsse auf die funktionalen Zusammenhänge im Uhrwerk ableiten. Bei der abschließenden Re-Montage des Uhrwerkes kommt es nun darauf an, das Zusammenspiel der Teile perfekt aufeinander abzustimmen. Damit sind die Funktionsabläufe bis zur nächsten Revision sichergestellt.

Bisherige Revisionen

Die aktuelle Revision ist bereits die fünfte seit der Fertigstellung der Uhr im Jahr 1925. Die vorangegangenen Überholungen fanden in den Jahren 1938, 1956, 1984 und 2004 statt. Im Jahr 1956 wurde sie vom Glashütter Uhrmachermeister Alfred Helwig durchgeführt, der in diesem Zuge auch die Anzeige der Mondphase umgestaltete. An Stelle der ursprünglichen Mondscheibe setzte er eine sich drehende Kugel ein, die die Mondphasen nun noch anschaulicher präsentiert. Diese Darstellung wurde nach Fertigstellung der Uhr bereits von Goertz favorisiert, konnte von ihm selbst aber nicht mehr verwirklicht werden. Um die Uhr für eine sehr lange Lebensdauer mit möglichst großen Revisionsintervallen auszulegen, hatte Hermann Goertz bei der Konstruktion des Uhrwerkes entsprechende Vorkehrungen getroffen. Die Lager und Zapfen der Uhr wurden so gestaltet, dass sie eine lange Ölhaltung gewährleisteten. Die Laufflächen verfügen über eine große Härte und eine hervorragende Politur, wodurch Abnutzungserscheinungen minimiert werden. Zudem wurde der Großteil der Räder und Hebel soweit zerlegbar konstruiert, dass deren Reinigung sowie die Neuvergoldung der Räder ermöglicht wurden.

Technische Daten der Kunstuhr

Die Uhr ist in allen Belangen ein Superlativ. Das monumentale Gehäuse aus Mahagoniholz misst in Höhe, Breite und Tiefe 250 x 150 x 50 cm. Die Antriebsgewichte für Gehwerk und Schlagwerk wiegen 12,5 kg und 20 kg, das Sekundenpendel wiegt insgesamt 12 kg. Das Schlagwerk schlägt mit einem Doppelschlag jede Viertelstunde und zu jeder vollen Stunde mit einem einfachen Schlag die Stundenzahl. Das Uhrwerk und das Zifferblatt zusammen genommen verfügen über 1.756 Einzelteile; darunter 122 Räder und Triebe, 54 Hebel und Federn, 13 Lagersteine und zwei Steinpaletten des Ankers, 424 Schrauben und Muttern, 17 Zeiger, zwei Anzeigenscheiben, drei Ziffernringe und eine Anzeigekugel. Allein für die Herstellung des Zifferblattes waren seinerzeit etwa 700 Teile nötig. Auf dem Gesamtzifferblatt, welches über acht Einzelzifferblätter für die Zeit-, Kalender- und astronomischen Anzeigen verfügt, können insgesamt 20 Angaben abgelesen werden. Dazu zählen Stunde, Minute, Sekunde, ein ewiger Kalender mit Angabe von Tag, Wochentag, Monat, Jahr, Schaltjahr, die Äquation (Zeitgleichung) und die Gangdauer- Anzeigen für Gehwerk und Schlagwerk. Die astronomischen Anzeigen präsentieren das Mondalter, den Mondlauf, die Mondphase, die Zeiten des Sonnenauf- und Sonnenuntergangs mit der mittleren Glashütter Ortszeit und das Sternhimmelblatt, das den aktuell sichtbaren Teil des Sternenhimmels über Glashütte sowie den realen Stand der Sonne zu den Sternbildern und im Tierkreis abbildet.

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