• Neuer Bußgeldkatalog soll Ende Oktober in Kraft treten
  • Verstöße gegen Tempolimits und Parkvorschriften werden deutlich teurer
  • AvD hält die Verschärfungen teilweise für überzogen

Der Bundesrat hat am 8. Oktober 2021 in seiner letzten Sitzung vor Endes seines Geschäftsjahres eine Verschärfung von Verkehrssanktionen beschlossen. Mit der sogenannten Bußgeldnovelle werden unter anderem die Verstöße gegen Geschwindigkeitsbeschränkungen, Falschparken und Bilden einer Rettungsgasse mit höheren Bußen versehen. Der neue Bußgeldkatalog soll noch im Oktober in Kraft treten. Der Automobilclub von Deutschland (AvD) informiert über die neuen Sanktionen.

Der geänderte Bußgeldkatalog ergänzt die am 20. April 2020 beschlossene Novellierung der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Geändert oder neu eingeführt wurden damals etwa Regeln für das Überholen von Radfahrern, die Pflicht für Lieferfahrzeuge und Lkw zum Schritttempo beim Rechtsabbiegen innerorts und das Verbot unberechtigt eine Rettungsgasse zu benutzen. Gleichzeitig sollten im Bußgeldkatalog entsprechendes Fehlverhalten bestraft sowie bestehende Regelsätze für viele Parkverstöße und Geschwindigkeitsübertretungen erhöht werden. Die ursprünglichen Anpassungen der Bußen wurden durch Bundesrats-Fachausschüsse bei den Fahrverboten noch kurzfristig geändert. Der neu gefasste Katalog trat wegen eines Zitierfehlers nicht zeitgleich in Kraft. Das führte zu langwierigen politischen Diskussionen. Gerichte wenden deshalb nach April 2020 bis heute den vorher gültigen Bußgeldkatalog an.

Deutliche Erhöhung bei Tempoverstößen

Eine der wichtigsten Folgen aus den politischen Diskussionen ist die Beibehaltung der bisherigen Schwellen für Fahrverbote und für Punkteeinträge. Der AvD hatte sich von Anfang an gegen Verschärfungen ausgesprochen. Die wichtigsten Änderungen hat der AvD hier zusammengestellt:

  • Übertretung der Geschwindigkeit innerorts – Siehe Schaubild
  • Übertretung der Geschwindigkeit außerorts – Siehe Schaubild
  • Wer unberechtigt durch eine gebildete Rettungsgasse fährt oder sich an Einsatzfahrzeuge dranhängt zahlt zwischen 280 Euro bis 320 Euro, je nach Begehung, und muss mit 1 Monat Fahrverbot und 2 Punkten in Flensburg rechnen.
  • Falsch Halten oder Parken wird ebenfalls deutlich teurer. Zum Beispiel wird das Halten in zweiter Reihe mit 55 Euro belegt. Wird dabei jemand gefährdet, sind schon 70 Euro fällig, die Behinderung ist mit 80 Euro, Sachbeschädigung mit 100 Euro festgesetzt, jeweils mit einem eingetragenen Punkt.
  • Auch das unerlaubte Parken auf Geh- und Radwegen wird erheblich höher geahndet. Im Grundtatbestand sind jetzt schon 55 Euro verhängt, wird der Fuß- oder Radverkehr behindert oder länger als eine Stunde geparkt, stehen bis zu 80 Euro im Katalog und es gibt einen Punkt.
  • Das Blockieren einer gekennzeichneten Feuerwehrzufahrt ist jetzt mit 100 Euro und einem Punkt gelistet.
  • Schwerbehinderten-Parkplätze unberechtigt zu nutzen kann künftig 55 Euro Verwarngeld nach sich ziehen.
  • Das gilt jetzt auch für Parken auf Parkplätzen für E-Fahrzeuge oder Carsharing-Wagen, wenn man keines der genannten Pkw-Kategorien führt. Auch dann können 55 Euro verhängt werden.
  • Fahrer von Lkw und Lieferwagen, die innerorts beim Rechtsabbiegen nicht Schrittgeschwindigkeit fahren, müssen künftig 70 Euro zahlen und bekommen einen Punkt eingetragen. Damit wird auf Gefährlichkeit der nicht ordnungsgemäß durchgeführten Richtungsänderung eines Fahrzeug-Lenkers reagiert, die für geradeaus fahrende Radfahrer ein tödliches Risiko darstellt.
  • Besondere Rücksicht auf zu Fuß Gehende beim Abbiegen wird auch von Fahrzeugführern verlangt. Wird der Fußgänger gefährdet, zahlen motorisierte Fahrzeugführer 140 Euro und erhalten 1 Monat Fahrverbot sowie einen Punkt. Die Regel gilt auch für Radfahrer, die 70 Euro zahlen müssten und einen Punkt im Register erhalten.

AvD sieht keinen Grund für viele der verschärften Neuregelungen

Fast alle Neuregelungen im Bußgeldkatalog waren schon in der Novelle vom letzten Jahr enthalten. Der untaugliche Versuch einiger Bundesländer unverhältnismäßige Fahrverbote für Autofahrer einzuführen ist damit vom Tisch. Die Verabschiedung des Bußgeldkatalogs beendet gleichzeitig die Rechtsunsicherheit, welche Sanktionen anwendbar sind.

Für den AvD besteht auch jetzt keine Notwendigkeit, die Bußen in diesem Maße anzuheben. Die Statistiken zeigen, dass sich Kraftfahrer überwiegend an die Verkehrsregeln halten. Die entsprechenden Registereinträge in Flensburg sind in den letzten Jahren nicht angestiegen. Verkehrsteilnehmer beachteten die Vorschriften schon überwiegend unter Geltung der bisherigen Sanktionsgrenzen. Das zeigen auch die Entwicklungen der Unfall- und Unfallopferzahlen, bei denen in den Jahren 2019 und 2020 die niedrigsten je aufgezeichneten Zahlen registriert wurden. Auch ohne die Pandemieeffekte weisen die Zahlen seit Jahren immer niedrigere Geschädigtenzahlen aus.

Der AvD sieht aber in der unzureichenden Durchsetzung der bestehenden Verkehrsregeln gegenüber Kraftfahrern, aber auch gegenüber Radfahrern und Fußgängern, ein Problem. Abschreckende Bußen dürfen nicht mangelnde Kontrolldichte verschleiern.

Der AvD tritt weiter dafür ein, dass sich zur Steigerung der Verkehrssicherheit alle Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr mit der gebotenen Vorsicht verhalten und jederzeit Rücksicht auf andere nehmen.

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