Heute findet die mündliche Anhörung zur Klage des Internetproviders SpaceNet AG und des Verbandes der Internetwirtschaft (eco) und eines Parallelverfahrens der Telekom Deutschland GmbH gegen die Vorratsdatenspeicherung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) statt. Dort soll überprüft werden, ob die deutschen Vorschriften zur Vorratsdatenspeicherung gegen die EU-Grundrechte-Charta verstoßen.

Auch Digitalcourage engagiert sich seit langem gegen eine nutzlose und unverhältnismäßige Vorratsdatenspeicherung. Im Februar 2018 wurde unsere aktuell laufende Verfassungsbeschwerde (BVer2683/16) vom Bundesverfassungsgericht angenommen. Mehr als 30.000 Menschen haben die Klage damals mit unterzeichnet und über 20 prominente Mitbeschwerdeführer.innen unterstützen sie.

„Der Europäische Gerichtshof hat jetzt die Chance, die Vorratsdatenspeicherung ein für alle Mal vom Tisch zu fegen. Oder: Dem Drängen der Nationalstaaten nachzugeben und Schlupflöcher zu öffen für eine Überwachung als Normalzustand”, sagt Julia Witte von Digitalcourage.

Nationale Regierungen versuchen, die Entscheidungen des EuGH zu unterwandern

Im Oktober 2020 hatte das EuGH zuletzt festgestellt, dass eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung nicht zulässig ist. Gleichzeitig wurde damals aber auch Ausnahmen gemacht. Schon damals haben wir davor gewarnt, dass Regierungen dies nutzen werden um den Wesenskern der Entscheidung des EuGH zu unterwandern: Indem sie jedes Schlupfloch ausnutzen und so die Ausnahmen zur Regel machen.

Wir hoffen, dass der EuGH mit dem anstehenden Urteil nun so viel Klarheit schafft, dass dieser Strategie der Nationalstaaten ein Riegel vorgeschoben wird und die Vorratsdatenspeicherung als sicherheitspolitische Scheinmaßnahme endlich ad acta gelegt wird.

Was bedeutet Verfahren für die Klage von Digitalcourage vor dem deutschen Bundesverfassungsgericht?

Bis der Europäische Gerichtshof ein Urteil verkündet, kann es noch einige Monate dauern. Es ist gut möglich, dass das deutsche Bundesverfassungsgericht dies abwarten möchte, um kein Urteil zu sprechen, das kurze Zeit später durch das EuGH wieder ausgehebelt werden könnte.

Wenn das EuGH der Providerfirma SpaceNet Recht gibt und klar bestätigt, dass der Provider nicht zum Speichern der Verkehrsdaten verpflichtet ist, dann bliebe dem deutschen Gesetzgeber nichts anderes übrig als nachzuziehen: Mit einer Aufhebung der Verpflichung zur Vorratsdatenspeicherung.

Sollte der EuGH dem Druck der Mitgliedstaaten nachgeben, und die endgültige Entscheidung über eine Vorratsdatenspeicherung den Nationalstaaten überlassen, indem er weit interpretierbare Spielräume offen lässt, dann wird die Klage von Digitalcourage vor dem Bundesverfassungsgericht umso wichtiger. Denn wir vertreten weiterhin die Auffassung, dass die Vorratsdatenspeicherung schon mit dem Grundgesetz unvereinbar ist.

padeluun von Digitalcourage meint: „Nach wie vor wünscht sich Digitalcourage, dass letztendlich nicht Gerichte, sondern das Parlament sich gegen jede Vorratsdatenspeicherung auspricht. Denn anlasslose Speicherung von Verkehrsdaten ist keine rechtsstaatliche Ermittlungsmaßnahme, sondern – egal wie man es dreht oder wendet – eine Massenüberwachung der gesamten Bevölkerung.”

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