Aktienmärkte im Aufwind
Mittlerweile ist die Aufwärtsphase an den Aktienmärkten soweit fortgeschritten, dass sich einige Aktienindizes im Bereich einer Verdopplung seit dem Tiefpunkt im März 2020 bewegen. Dieser enorme Anstieg, der als dynamische Gegenbewegung zum plötzlich auftretenden COVID-Crash seinen Anfang fand, lief dabei weitestgehend ohne spürbare Korrekturen ab. Eine breit angelegte Euphorie ist unter Anlegern jedoch noch nicht zu erkennen, analysiert Thomas Grüner, Gründer und Vice Chairman von Grüner Fisher Investments. Deshalb stellten sich laut Grüner auch viele Marktteilnehmer die Frage, wie lange der nächste kräftige Rückgang noch auf sich warten lassen wird. Eine häufig gestellte Frage sei hierbei, ob sich der Monat September dafür nicht anbieten würde, da dieser mit einer durchschnittlichen Performance von -0,61 Prozent der „schwächste Börsenmonat“ in der langen Zeitreihe des US-Index S&P 500 sei.
Der Kalender ist kein Markttreiber
„Rational denkenden Anlegern bereiten Analysen und Börsenmythen, die auf den Kalender fokussiert sind, kein allzu großes Kopfzerbrechen“, sagt Grüner. Aktienmärkte ließen sich nicht vom Kalender beeinflussen. Sie seien effizient und verarbeiteten alle weithin bekannten Informationen nahezu augenblicklich. „Es ist also ein wenig erfolgsversprechendes Unterfangen, seine Strategie an saisonalen ‚Mustern‘ auszurichten“, so Grüner. Sollte ein einzelner Börsenmonat tatsächlich eine vorhersehbare Negativität mit sich bringen, hätten die Aktienmärkte diesen Sachverhalt bereits seit Jahrzehnten eingepreist und jegliche Ineffizienzen beseitigt, meint Grüner.
Der Durchschnitt vernebelt den Blick
Dennoch gäbe es zahlreiche Anleger, die sich mit der Idee anfreunden könnten, zu vorbestimmten Zeitpunkten nicht im Aktienmarkt investiert zu sein. Jedoch sollten sie die Tatsache akzeptieren, dass Aktienmärkte im langfristigen Bild einem grundlegenden Aufwärtstrend folgen. Selbst der „schlechteste“ Börsenmonat September, dem es immerhin gelungen ist, in der langen Historie des S&P 500 einen negativen Durchschnitt zu erreichen, sei bei näherer Betrachtung kein Kandidat für einen kategorischen Marktaustritt. „Der Durchschnittswert wurde von einigen heftigen Ausreißern nach unten in den 1930er Jahren beeinflusst, zudem verdeutlicht ein negativer Monatsdurchschnitt auch nicht, dass der Börsenmonat ‚üblicherweise‘ negativ verläuft“, erläutert Grüner. Am Aktienmarkt setzten sich Durchschnitte tendenziell aus extremen Werten zusammen.
Korrekturen sind jederzeit möglich
Der September sei also nicht vorbelastet, eine stimmungsgetriebene Korrektur könne allerdings jederzeit auftreten – ganz unabhängig von der Kalenderbetrachtung. Für langfristige Investoren zähle nicht das kurzfristige Timing, sondern die langfristig positive Entwicklung. „Wer Korrekturen timen will und dabei die zeitliche Länge der vorangegangenen Aufwärtsphase, Kurs- oder Renditezahlen oder eben den Kalender zu Rate zieht, der betreibt ein gefährliches Spiel“, ist Grüner überzeugt. „Wer langfristig aktienähnliche Renditen erreichen will, muss in den übergeordneten Bullenmärkten investiert sein – und den Marktaustritt nur in einem fundamentalen und anhaltenden Bärenmarkt vollziehen.“
Fazit
Der Kalender schaffe Grüner zufolge Raum für Börsenmythen und mache die Datenanalyse unterhaltsamer. Am Ende führen Anleger jedoch besser damit, wenn sie sich nicht auf kurzfristige Timing-Spielchen einlassen. „Wer einen negativen September erwartet und aus dem Markt aussteigt, der könnte sich mit etwas Glück eine kleine negative Rendite ersparen. Ebenso könnte er allerdings hohe Opportunitätskosten verursachen“, schließt Grüner. Dies seien jedoch Diskussionen, die man als langfristiger Anleger getrost ignorieren könne.
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