Ostdeutsche Braunkohlekraftwerke, die auch nach 2030 am Netz bleiben sollen, werden bei kontinuierlichem Ausbau erneuerbarer Energien und weiter steigenden CO2-Preisen schon in den kommenden Jahren unwirtschaftlich. Eine vorgezogene Abschaltung der Blöcke im Rahmen eines schnelleren Kohleausstiegs würde somit für ihren Betreiberkonzern Leag keinen finanziellen Nachteil darstellen, der entschädigt werden müsste. Das ist das Fazit einer neuen Untersuchung des Analysehauses Energy Brainpool im Auftrag der Ökoenergiegenossenschaft Green Planet Energy. „Die geplanten staatlichen Entschädigungen für die Leag sind wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen, sondern wurden politisch ausgekungelt“, sagt Sönke Tangermann, Vorstand bei Green Planet Energy. „Der Bund muss, wenn er den Klimaschutz ernst nimmt, vom Betreiber angesichts der immer dramatischeren Klimakrise jetzt ein früheres Abschaltdatum einfordern.“

Aktuell sieht der Ausstiegsfahrplan der Bundesregierung vor, dass Block R im Braunkohlemeiler Lippendorf Ende 2035 abgeschaltet wird, die Leag-Kraftwerke Schwarze Pumpe und Boxberg (Blöcke R und Q) sollen sogar erst Ende 2038 vom Netz gehen. Die Leag soll als Kompensation für diesen langgestreckten Kohleausstieg rund 1,75 Milliarden Euro aus Steuergeldern erhalten. Nun zeigt sich aber: Steigt der Preis für CO2-Verschmutzungsrechte – die für die Kohlebetreiber Teil der Betriebskosten sind – bis 2038 weiter auf ein realistisches Niveau von 105 Euro, so rutschen die drei ostdeutschen Kraftwerke schon ab dem Jahr 2024 ins Minus. Sie können ihren Kohlestrom danach nicht mehr gewinnbringend anbieten. „In diesem Fall liegt der voraussichtliche Nettobarwert der Kraftwerke im Jahr 2030 bei null Euro“, sagt Analyst Michael Claußner. 

Energy Brainpool hat für die Berechnung die Strommarkt-Erlöse und Betriebskosten der Kraftwerke stundenscharf modelliert. Dabei wurden neben dem wahrscheinlichsten Szenario steigender CO2-Kosten, fortschreitender Energiewende und strengerer Klimapolitik auch zwei Alternativ-Szenarien berechnet, die zeigen: Die ostdeutschen Braunkohle-Kraftwerke würden nur dann auch über 2030 hinaus wirtschaftlich bleiben, wenn der CO2-Preis langfristig auf Niveau der letzten Jahre stagnieren oder der Zubau erneuerbarer Energien in den nächsten Jahren einbrechen sollte. „Das heißt: Eine zaudernde Klimapolitik würde einzig und allein den Kohlekonzernen nützen – das können wir uns als Gesellschaft aber nicht mehr leisten“, kritisiert Sönke Tangermann.

Stattdessen fordert Green Planet Energy wenige Tage vor der Bundestagswahl: Die nächste Regierung muss den Kohleausstieg deutlich beschleunigen. „Spätestens 2030 muss Schluss sein, ohne Ausnahme“, fordert Tangermann, „sonst kann Deutschland seine Klimaziele nicht mehr retten.“ Wie groß der Handlungsdruck ist, zeigt eine gemeinsame Untersuchung von Energy Brainpool und dem Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS): Danach verursacht allein das Leag-Kraftwerk Lippendorf drei Prozent des gesamten Treibhausgas-Restbudgets, das Deutschland im Rahmen der Paris-Ziele noch zur Verfügung steht. Bis zum geplanten Abschaltjahr 2035 würde der Meiler noch 134 Millionen Tonnen CO2 ausstoßen. Der allein daraus entstehende Klimaschaden – etwa für Extremwetterschäden oder Ernteausfälle – würde für die Gesellschaft Folgekosten in Höhe von mehr als 28 Milliarden Euro nach sich ziehen, so das FÖS.

Über die Green Planet Energy eG

Die Ökoenergiegenossenschaft Green Planet Energy zählt mit rund 28.000 Genossenschaftsmitgliedern und mehr als 200.000 Strom- und Gaskund:innen zu den wichtigsten Ökoenergieanbietern in Deutschland. Das Unternehmen ist 1999 unter dem Namen Greenpeace Energy aus einer Stromwechselkampagne der Umweltschutzorganisation Greenpeace hervorgegangen und heißt seit Mitte September 2021 Green Planet Energy.

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