Im Bauhauptgewerbe besteht kein Spielraum für generelle Lohnerhöhungen per 1. Januar 2022. Dies betonte der Schweizerische Baumeisterverband in der ersten Verhandlungsrunde mit den Gewerkschaften über den Lohn 2022. Die Branche mit den weitaus höchsten Handwerkerlöhnen muss sich darauf konzentrieren, die sehr gut bezahlten Arbeitsplätze zu erhalten. Angesichts benachbarter, konkurrierender Branchen wie dem Gartenbau mit weit tieferem Lohnniveau wird dies immer schwieriger. Darüber hinaus belasten Turbulenzen bei den Baumaterialpreisen und die wegen der Corona-Pandemie unsicheren Konjunkturaussichten die Bauunternehmen.

Am Montag, 6. September 2021 fand die erste von drei Verhandlungsrunden über den Lohn 2022 zwischen dem SBV und den Gewerkschaften statt. Die Verhandlungsdelegation des SBV bekräftigte bei der Verhandlung in Bern, dass in der Branche mit den weitaus grössten Handwerkerlöhnen generelle Lohnerhöhungen per 2022 nicht möglich sind.

Wettbewerbsfähigkeit gegenüber benachbarten, konkurrenzierenden Branchen erhalten

Die Gewerkschaften wurden aufgefordert, aktiv dazu beizutragen, dass sich die Lohnschere zu benachbarten Branchen wie dem Gartenbau nicht weiter öffnet. Baufirmen leiden darunter, dass die Gartenbaubranche immer wieder als direkter Konkurrent in Tätigkeitsfelder des Bauhauptgewerbes auftritt. Um wettbewerbsfähig zu bleiben und die Top-Arbeitsplätze erhalten zu können, dürfen die Lohn- und Lohnnebenkosten im Bauhauptgewerbe deshalb nicht weiter ansteigen. Denn ein neuer GAV in der Westschweiz offenbart so richtig, wie gross der Wettbewerbsnachteil aufgrund der sehr hohen Löhne im Bauhauptgewerbe heute ist. Für ungelernte Hilfskräfte muss ein Bauunternehmen im Bauhauptgewerbe gegenüber einem Gartenbauer 600 Franken Monatslohn mehr bezahlen. Ein Gartenbau-Polier hat Anspruch auf einen Mindestlohn von 5200 Franken – das ist weniger, als ein Maurer mit Lehrabschluss als Mindestlohn erhält und somit über 1000 Franken weniger pro Monat als sein Pendant im Bauhauptgewerbe.

Konjunkturaussichten weiterhin unsicher

Nachdenklich stimmen auch die Konjunkturaussichten. Der Umsatz des Bauhauptgewerbes bewegt sich weiterhin unter dem Niveau von 2019. Die Corona-Pandemie hemmt weiterhin die Produktivität und über den Konjunkturaussichten hängt ein Damoklesschwert. Dementsprechend zeigen sich manche Firmen zurückhaltend bei Neuanstellungen, was eine tiefere Beschäftigung im Bauhauptgewerbe zur Folge hat. Im Juli 2021 hatte es laut Seco ein Viertel mehr Arbeitslose im Hochbau und Tiefbau als noch im Juli 2019. Der Fokus muss daher kurz- und mittelfristig darauf liegen, die Bautätigkeit wieder auf das gewohnte Niveau zu heben, um Arbeitsplätze zu bewahren.

Unrealistische generelle Lohnforderungen der Gewerkschaften

Generelle Lohnerhöhungen kommen bei solchen ungewissen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht in Frage. Sowohl Erhöhungen der Mindestlöhne als auch generelle Anpassungen der Effektivlöhne sind nicht angebracht. Hingegen spricht nichts dagegen, wenn Baufirmen selbst individuelle gute Arbeitsleistungen mit Lohnsteigerungen honorieren wollen.

Flächendenkende, kostentreibende Lohnanpassungen sollen der Vergangenheit angehören. Die Leistung des einzelnen Mitarbeiters und seines Teams sollen in den Vordergrund rücken und finanziell gewürdigt werden. Und doch brachten die Gewerkschaftsfunktionäre völlig unrealistische Lohnforderungen ein. Konkret forderten die Gewerkschaften generell CHF 100.- pro Monat zusätzlichen Lohn für das LMV-Personal auf den Effektiv- und Mindestlöhnen sowie zwei Franken zusätzlich für Mittagsentschädigungen.

Die nächste Verhandlungsrunde zwischen dem Schweizerischen Baumeisterverband und den Gewerkschaften ist für den 1. Oktober 2021 angesetzt. Eine dritte Verhandlungsrunde findet voraussichtlich am 4. November 2021 statt.

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