85 Tage kämpften die Ärztinnen und Ärzte um das Überleben der kleinen Leonie (Name geändert), die an Meningokokken erkrankte. Ihre Mutter berichtet im Interview, wie sie diese Zeit erlebt hat und wie es ihrer Tochter heute geht.

Kathrin (Name geändert), wann haben Sie bemerkt, dass mit Ihrer Tochter etwas nicht stimmt?

Es war Silvester, Leonie war zu dem Zeitpunkt elf Monate alt. Sie hat die ganze Nacht nicht geschlafen, morgens hatte sie leichtes Fieber. Ich dachte, sie würde zahnen und bin zur Arbeit gegangen. Meine Schwiegermutter hat sich um Leonie gekümmert und hat ihr ein fiebersenkendes Mittel gegeben. Aber es wurde nicht besser und schließlich hat sie mich angerufen. Wir sind dann ins Krankenhaus gefahren, weil sie mittlerweile knapp 39 Grad Fieber hatte und wir uns Sorgen gemacht haben.

Kam der Verdacht auf Meningokokken im Krankenhaus sofort auf?

Nein. Die Ärztinnen und Ärzte haben einen Virus vermutet. Sie haben uns wieder nach Hause geschickt, weil man nichts machen könne. Aber Leonie ging es nicht besser und sie konnte ja nicht sprechen und uns sagen, was mit ihr los ist. Mein Mann und ich waren verzweifelt und fühlten uns so hilflos. Wir fuhren ein weiteres Mal mit ihr in die Notaufnahme. Aber man schickte uns wieder nach Hause. Dort habe ich mich kurz ausgeruht, ich war völlig erschöpft. Als ich aufwachte, war Leonies gesamter Körper mit lila Ausschlag bedeckt. Sie atmete sehr flach und wir sind sofort wieder ins Krankenhaus. Als sie Leonie so sahen, fingen alle sofort an zu rennen und alles musste so schnell wie möglich gehen, um sie zu retten.

Was passierte mit Leonie?

Sie hatte einen septischen Schock, mehrere Organe versagten und aufgrund der Hauteinblutungen vermuteten die Ärztinnen und Ärzte dann sofort eine Meningokokken-Erkrankung. Der Verdacht bestätigte sich. Zu der bakteriellen Meningitis (Hirnhautentzündung) kam eine Sepsis (Blutvergiftung). Leonie bekam Bluttransfusionen, musste wegen Organversagens an die Dialyse und wurde mehr als 20-mal an ihrem rechten Bein operiert. Sie musste um ihr Leben kämpfen. Für uns war es das Schlimmste, das wir je durchmachen mussten und wir konnten nicht viel für sie tun, außer bei ihr zu sein und zu beten. Nach 85 Tagen konnten wir sie endlich nach Hause bringen. Es ist das größte Glück, das wir je hatten.

Welche Folgeschäden hat Leonie davongetragen?

Sie war monatelang an einen Beatmungsschlauch angeschlossen, was eine Stimmbandlähmung verursachte. Ihre Nebenniere ist wahrscheinlich dauerhaft geschädigt und ihr Immunsystem ist geschwächt. Ihr rechtes Bein ist zudem stark vernarbt und ein Muskel musste entfernt werden. Es steht noch nicht fest, ob sie ihr Bein retten können oder ob es amputiert werden muss.

Wie geht es Ihrer Familie heute?

Wir sind sehr dankbar, Leonie aufwachsen und spielen zu sehen und zu den glücklichen Familien zählen zu dürfen, die ihr Baby nach einer solchen Zeit nach Hause bringen durften. Auch wenn sie schon im Alter von wenigen Monaten mehr durchgemacht hat, als die meisten Menschen jemals erleben werden.

Was würden Sie anderen Eltern gerne mit auf den Weg geben?

Wir wollen mit unserer Geschichte Bewusstsein dafür schaffen, wie tückisch Meningokokken-Erkrankungen sind. Wir wollen Eltern darauf aufmerksam machen, weil wir nicht wussten, dass es drei verschiedene Impfungen für einen umfassenden Schutz gegen Meningokokken gibt und die Standardimpfung gegen Gruppe C nicht gegen die anderen Meningokokken-Gruppen schützen kann. Um andere Kinder und ihre Familien davor zu bewahren, das durchzumachen, was wir erlebt haben, kann ich allen Eltern nur raten, sich zu informieren und die Kinderärzt*innen auf den bestmöglichen Schutz anzusprechen.

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