Hören – ein komplexer Sinn
Jedes Geräusch löst unsichtbare Schwingungen aus, sogenannte Schallwellen, die durch die Luft übertragen werden. Egal ob Baulärm, Musik oder Stimmen – jeder Laut erzeugt einzigartige Schallwellen, durch die der Mensch sie unterscheidet. Das Außenohr, das aus Ohrmuschel und Gehörgang besteht, empfängt dafür die Schallwellen und leitet sie weiter ins Mittelohr. Dort bringen sie zunächst das Trommelfell in Schwingung, das dann die Signale weiterleitet an die Paukenhöhle. Im Inneren der Paukenhöhle befinden sich die drei Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel, die den meisten Menschen noch aus dem Biologieunterricht bekannt sind. Sie gehören zu den kleinsten Knochen des menschlichen Körpers und übertragen die Schwingungen weiter zur Hörschnecke, auch Cochlea genannt, im Innenohr. Dort erzeugen die Haarzellen durch die Schwingungen elektrische Impulse, deren Weiterleitung über den Hörnerv zum Gehirn erfolgt. Gibt es bei diesem komplexen System eine Störung, kann es zu einer Hörschädigung kommen. Zu der Gruppe der Menschen mit Hörschädigung gehören schwerhörige, ertaubte oder gehörlose Menschen. Die Übergänge zwischen gehörlos und schwerhörig können fließend sein. Dabei unterscheiden Mediziner zwei Arten von Hörstörungen. Einerseits treten im Außen- und Mittelohr Probleme bei der Weiterleitung des akustischen Reizes auf – die sogenannte Schallleitungsstörung. Andererseits gelten sogenannte Schallempfindungsstörungen als Schäden, bei denen das Innenohr oder der Hörnerv betroffen sind, sodass die Informationen nicht ans Gehirn weitergeleitet werden. In diesem Fall fehlen Betroffenen ganze Tonhöhenbereiche, die sie auch unabhängig von der Lautstärke nicht hören. Sowohl plötzlicher Hörverlust als auch der schleichende Prozess können unbehandelt nicht nur physische, sondern auch mentale Auswirkungen haben. „Wenn Hörgeräte hier keine Abhilfe schaffen, bieten neuartige Cochlea-Implantate auch schwer Hörgeschädigten oder sogar Gehörlosen eine Behandlungsalternative“, erklärt Prof. Dr. Götz Lehnerdt.
Minimalinvasive Operation für mehr Lebensqualität
Da Hörgeräte lediglich die Schallwellen verstärken, werden sie in der Regel auch nur bei Patienten angewendet, die unter einer Schallleitungs- oder leicht- bis mittelgradigen Schallempfindungsschwerhörigkeit leiden. Bei Cochlea-Implantaten hingegen empfängt ein hinter dem Ohr sitzendes Mikrofon die Schallwellen und leitet diese an den angeschlossenen Sprachprozessor weiter. Dieser filtert die Signale und sendet sie anschließend über Radiowellen durch die Haut zur Empfängerspule, wo sie in elektrische Signale umgewandelt werden, die über Elektroden den Hörnerv stimulieren. Geschädigte Bereiche des Innenohrs lassen sich so umgehen, sodass sowohl Kinder als auch Erwachsene mit schwerem Hörverlust oder gehörlos Geborene wieder hören können. Es ist jedoch Voraussetzung, dass der Hörnerv noch intakt ist. Prof. Lehnerdt erklärt: „Der Einsatz der Empfangsspule in den Schädelknochen erfolgt minimalinvasiv, indem wir den Elektrodenträger in die Hörschnecke einführen. Nach einigen Wochen setzen wir bei der Erstanpassung dann den Sprachprozessor mit seinem Gegenmagneten auf, der letztlich die Übertragung der Signale an das Implantat ermöglicht. Im Laufe der ambulanten Hörrehabilitationstherapie werden weitere Feinabstimmungen und Anpassungen vorgenommen, um den Bedürfnissen des Trägers ganz individuell gerecht zu werden.“
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