Was macht bestimmte Hirntumoren besonders aggressiv? Das war die Ausgangsfrage, die Christiane Opitz auf die Spur der krebsfördernden Stoffwechselprodukte brachte. Bereits vor einigen Jahren hatte die Wissenschaftlerin aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum entdeckt, dass bestimmte Abbauprodukte der essentiellen Aminosäure Tryptophan in Hirntumorzellen den so genannten Aryl-Hydrocarbon-Rezeptor (AHR) aktivieren. Der aktivierte Rezeptor bewirkt, dass in den Krebszellen eine Reihe von Genen abgelesen werden, die die Ausbreitung des Tumors fördern und ihn gleichzeitig vor einem Angriff durch Zellen des Immunsystems schützen.
Wie es dazu kommt, dass die krebsfördernden Abbauprodukte entstehen, war zunächst nicht völlig verstanden. Daher hat Christiane Opitz kürzlich mit Kolleginnen bei 32 verschiedenen Krebsarten systematisch untersucht, welche Tryptophan-abbauenden Enzyme mit einer Aktivierung des AH-Rezeptors in Verbindung stehen.
Ins Visier der Wissenschaftlerinnen geriet dabei das Enzym IL4I1: Kein anderes Enzym des Tryptophan-Stoffwechsels war so stark mit einer Aktivierung des AH-Rezeptors verknüpft wie IL4I1. Die von IL4I1 gebildeten Stoffwechselprodukte binden an den AH-Rezeptor und aktivieren ihn, was die Beweglichkeit der Krebszellen und damit die Ausbreitung des Tumors fördert. Außerdem sammeln sich in IL4I1-positiven Tumoren besonders viele hemmende Immunzellen an, die eine effektive Bekämpfung des Tumors unterdrücken. Die Forscherinnen fanden zudem Belege dafür, dass IL4I1 für die gefürchtete Resistenz von Tumoren gegen Immuntherapien mit den so genannten Checkpoint-Inhibitoren verantwortlich ist.
Der neu entdeckte Stoffwechselweg stellt einen möglichen Angriffspunkt für die Krebstherapie dar. Ziel ist es, das Tumorwachstum zu hemmen und das Immunsystem zu stärken. Opitz und Kolleginnen suchen nun nach Substanzen, die diesen Stoffwechselweg gezielt blockieren und sich als mögliche Tumormedikamente eignen. Die European Federation of Immunological Societies würdigt diese Ergebnisse, die den Bogen spannen von der tumorbiologischen Grundlagenforschung bis hin zur Prüfung einer möglichen klinischen Anwendung, mit dem Ita Askonas-Preis 2021.
Der Preis wird von der European Federation of Immunological Societies gemeinsam mit der European Journal of Immunology vergeben, um herausragende junge Immunologinnen auszuzeichnen. Der heute mit 20.000 Euro dotierte Preis wurde 2009 erstmals vergeben, Chistiane Opitz ist die 5. Preisträgerin. Offiziell verliehen wurde die Auszeichnung am 2. September beim 6. Europäischen Kongress für Immunologie.
Christiane Opitz absolvierte parallel zu ihrem Medizinstudium in Heidelberg, in den USA, in Schweden und der Schweiz absolvierte einen Masterstudiengang in Molekularer Zellbiologie. Nach ihrer Promotion zum Doktor der Medizin forschte sie als Postdoc an der Universität Indianapolis, USA, an der Universität Tübingen und schließlich am DKFZ in Heidelberg. 2013 baute Chistiane Opitz am DKFZ die Nachwuchsgruppe Hirntumor-Metabolismus auf, die sie bis heute leitet. Opitz wurde bereits mit zahlreichen hochrangigen Wissenschaftspreisen ausgezeichnet: mit dem Preis der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, dem Bayer Early Excellence Award oder dem Hella Bühler Preis der Universität Heidelberg.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.
Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern.
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
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