Angesichts ruinöser Schweinepreise lädt Bundesministerin Klöckner heute zu einem Krisengipfel, um die Probleme auf dem Schweinemarkt zu diskutieren. Martin Schulz, Neuland-Schweinehalter aus dem niedersächsischen Wendland und Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V., kommentiert:

„Aus Sicht der AbL ist die aktuelle Krise anders zu bewerten, als man es vom normalen Schweinezyklus gewohnt ist. Sie ist auch das Ergebnis einer falschen Ausrichtung der agrarpolitischen Rahmenbedingungen: Jahrzehntelang wurden den Bäuerinnen und Bauern Hoffnungen gemacht, dass die großen Chancen im Exportmarkt liegen. Die Devise war immer mehr und intensiver. Jetzt fällt neben Russland auch China als wichtiger Exportmarkt wegen angestrebter Selbstversorgung weg. Der Selbstversorgungsgrad von 120 Prozent im eigenen Land drückt erheblich auf die heimischen Preise. Der einheimische Markt ist übervoll und die Kühlhäuser sind noch aus dem letzten Jahr gefüllt. Erschwerend kommt hinzu, dass der Schweinefleischverzehr in Deutschland kontinuierlich zurückgeht. Ein Grund hierfür sind die Haltungssysteme, die viele Verbraucher*innen nicht mehr akzeptieren. Dies ist allen Marktbeteiligten lange bekannt. Die Landfrauenverbände fordern zu Recht zu bewussteren Fleischkonsum auf. Die zu hohen Tierzahlen in den besonders viehdichten Regionen sind im Dialog mit den Betroffenen entsprechend zu reduzieren. Voraussetzungen dafür sind eine höhere Wertschöpfung pro Tier und faire Erzeugerpreise."

Schulz sagt weiter:

"Ein Umbau der Tierhaltung hin zu mehr Tierwohl wird seit Jahren von Praktiker*innen und von Seiten der Wissenschaft angemahnt. Die entsprechenden Vorschläge der Borchert-Kommission liegen seit Februar 2020 auf dem Tisch von Bundesministerin Klöckner übergeben. Die Regierungsfraktionen haben die Umsetzung der guten Vorschläge systematisch blockiert, statt sie für die Praxis umzusetzen und den tierhaltenden Betrieben eine Perspektive zu bieten. Die AbL unterstützt ausdrücklich die Bemühungen innerhalb der Bund-Länder-Agrarministerkonferenz Ende September in Dresden, über einen Bundesratsbeschluss den Umbau der Tierhaltung zeitnah anzupacken. Betriebe, die sich bereits auf den Weg zu mehr Tierschutz machen wollen, bekommen aktuell für den Umbau ihrer Ställe häufig keine Baugenehmigung, weil diese artgerechten Stallsysteme immissionstechnisch nicht bewertet werden können. Die Datengrundlagen dafür liegen noch nicht vor, was skandalös ist. Wir begrüßen, dass der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) sich zur deutschen Schweinehaltung bekennt. Der LEH muss aber gerade in der jetzigen Situation Taten folgen lassen, damit wir die deutsche Schweinehaltung in den nächsten Monaten nicht im großen Stil auf Grund der ruinösen Preise verlieren. Lockangebote zu Ramschpreisen sind der falsche Weg. Insbesondere die Sauenhalter*innen in Deutschland laufen Gefahr, diese Krise nicht zu überstehen. Wir brauchen gerade deren Fachwissen und Einsatzbereitschaft, um eine gesellschaftlich akzeptierte Tierhaltung in Deutschland überhaupt umzusetzen“.

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