Gestern Abend scheiterten die parlamentarischen Verhandlungen von Rot-Rot-Grün zur Novelle des Mobilitätsgesetzes. Das bedeutet, dass die mit der Zivilbevölkerung erarbeiteten neuen Abschnitte des Mobilitätsgesetzes zum „Wirtschaftsverkehr“ und „Neuen Mobilität“ in dieser Legislaturperiode nicht mehr vom Abgeordnetenhaus verabschiedet werden. Nach Informationen aus Verhandlungskreisen kündigte insbesondere die SPD in den Verhandlungen längst geschlossene Kompromisse wieder auf. Die Mobilitätsverbände im „Bündnis Berliner Straßen für alle“ hatten den Referentenentwurf zwar als nicht weitreichend genug kritisiert, bedauern aber dennoch das jetzige Scheitern.

Durch das Scheitern der Verhandlungen bleibt eines der zentralen Gesetzesvorhaben der rot-rot-grünen Landesregierung Berlins unvollendet. Das Mobilitätsgesetz, einst vor allem auf Vorschlag der SPD in den Koalitionsvertrag aufgenommen, wird in zentralen Fragen weiter lückenhaft bleiben. Damit wird der Verbesserung der Mobilität in Berlin ein Bärendienst erwiesen.

„Wie wir hören, störte sich die SPD vor allem am Ziel, den Autoverkehr in Berlin deutlich zu reduzieren. Damit widerspricht sie nicht nur ihrem eigenen Wahlprogramm, sondern auch allen wissenschaftlichen Erkenntnissen für die Verbesserung der Mobilität in Städten und dem Konsens zivilgesellschaftlicher Stakeholder von Mobilitätsorganisationen wie dem VCD bis hin zu Wirtschaftsverbänden wie der IHK. Damit haben in der SPD endgültig die Autosozen wieder das Ruder übernommen, die aus ideologischen Gründen für Stillstand in Berlin sorgen wollen”, so Denis Petri von Changing Cities.

Die Rot-Rot-Grüne Landesregierung hatte 2016 in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen, ein umfassendes Mobilitätsgesetz in enger Zusammenarbeit von Senat, Koalitionsfraktionen und Zivilgesellschaft zu verfassen. Das Beteiligungsverfahren zu den beiden letzten Teilen Wirtschaftsverkehr und neue Mobilität begann im August 2019. Partner des Berliner Bündnisses „Straßen für alle“ waren Teil des Dialogprozesses und brachten umfangreiche Expertise zur Verbesserung der Mobilität in Berlin ein. Der Referentenentwurf wurde von den Verbänden als inkonsequent und nicht weitgehend genug kritisiert.

Peter Fuchs von der Organisation PowerShift ergänzt: „Wir sind tief enttäuscht. Jahrelange Arbeit war für die Katz. Und wir sind wütend: Die Berliner SPD hat sämtliche Eingaben der Mobilitätsszene für mehr Klima- und Flächengerechtigkeit im Berliner Verkehr ignoriert. Die Verweigerungshaltung der SPD, wenn es um wirksame Maßnahmen zur Abkehr von PKW und um eine Umverteilung des öffentlichen Raumes geht, ist eine Haltung aus dem letzten Jahrhundert. Heute gilt: Politik für das Auto ist Politik gegen soziale Gerechtigkeit im Verkehrssystem. Wer zahllose und nahezu kostenlose Parkplätze verteidigt, steht der Mobilität der Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner im Weg.“

„Verloren hat durch das Scheitern der Verhandlungen die ganze Stadt. Es wird vorerst keine Ladezonen, kein aktives Parkraummanagement, keine Verbesserung des Verkehrsflusses  geben. Die SPD hat dafür gesorgt, dass Berlin und vor allem auch der Wirtschaftsverkehr weiter im Stau stehen und ungeschützte Verkehrsteilnehmer*innen immer noch im Straßenverkehr gefährdet werden”, so Frank Masurat vom ADFC Berlin.

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