Zurzeit steht Afghanistan im Fokus der öffentlichen Debatte. Wieder einmal erleben wir Flüchtlingspolitik im Krisenmodus. Weil nicht vorausschauend gehandelt wurde. Weil die Politik vor allem auf Abschottung und Ausgrenzung setzte. Weil sie auf die bevorstehende Wahl schielte, statt auf die Nöte und Rechte von Menschen zu schauen. Das alles hätte nicht passieren müssen. Eine andere Flüchtlings- und Migrationspolitik ist möglich. Daran erinnern PRO ASYL, der Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat, die Diakonie Hessen und der Initiativausschuss für Migrationspolitik in Rheinland-Pfalz in ihrem Positionspapier „Solidarität entgrenzen“, das von rund 45 weiteren Organisationen und Initiativen unterstützt wird.

Angesichts globaler Krisen fordern die Menschenrechtsorganisationen die Entgrenzung von Solidarität. Konzepte, die Sicherheit und Wohlstand für wenige verheißen und dafür Unsicherheit, Armut, Verelendung und Perspektivlosigkeit für viele in Kauf nehmen, werden scheitern – sowohl innerhalb einer Gesellschaft als auch in einer interdependenten und globalisierten Welt.

Entscheidung zwischen Abschottung und Weltoffenheit

Diese Lehre des Klimawandels, der Pandemie und der weltweiten Gerechtigkeitskrise gilt auch für die Migrations- und Flüchtlingspolitik: Derzeit entscheidet sich auch am Hindukusch, ob wir angesichts globaler Herausforderungen auf Nationalismus, Ausgrenzung, Abschottung und autoritäre Strukturen setzen oder Schutzsuchenden als weltoffene, inklusive, gerechtigkeits- und menschenrechtsbasierte Gesellschaft begegnen.

Dass es nur #offengeht, haben Millionen von Menschen 2015 im „Sommer und Herbst der Flucht“ praktisch vorgelebt, als sie sich bei der Aufnahme von fast einer Million Flüchtlingen aus Kriegs- und Krisengebieten engagierten. Menschen, die in Deutschland den Schutz suchten, der ihnen andernorts vorenthalten wurde, trafen auf eine lebendige, humane, empathische und an der Idee der universell gültigen Menschenrechte orientierte Zivilgesellschaft.

An unteilbaren Menschenrechten orientieren

Die Politik hat es seitdem versäumt, dieses Engagement durch den Aufbau von Strukturen (ausreichend) zu unterstützen und hat sich stattdessen durch immer neue gesetzliche Restriktionen für Schutzsuchende darum bemüht, dass „2015 sich nicht wiederholt“.

Diese menschenverachtende Abschottungs- und Ausgrenzungspolitik muss beendet und endlich durch eine Migrations- und Flüchtlingspolitik ersetzt werden, die sich an den unteilbaren Menschenrechten orientiert.
Konkret erwarten die Unterzeichner:innen der Erklärung unter anderem:

•         die Schaffung sicherer und legaler Zugangswege und die Gewährleistung eines fairen und rechtsstaatlichen Asylverfahrens in Europa;
•         die umfassende und zeitnahe Gewährleistung der Familienzusammenführung in Deutschland;
•         humanitäre Bleiberechtsregelungen für Geduldete und die Gewährung gleicher politischer Beteiligungsrechte (Wahlrecht auf allen Ebenen) nach fünf Jahren Aufenthalt;
•         die Bekämpfung von Rassismus in all seinen Erscheinungsformen und in allen gesellschaftlichen Bereichen.
•         eine regelhafte und kontinuierliche inhaltliche und finanzielle Förderung der Arbeit für demokratische Werte und gegen jede Form von rassistischer Diskriminierung.

Wir rufen dazu auf,
•         vor der Bundestagswahl am 26. September an die Kandidat:innen demokratischer Parteien heranzutreten und sie nach ihren Konzepten für eine offene und solidarische Gesellschaft zu fragen und
•         unsere Erwartungen an eine menschenrechtsbasierte Migrations- und Flüchtlingspolitik im Rahmen der Interkulturellen Woche vom 26. September bis zum 3. Oktober zu diskutieren, zu erweitern und öffentlich zu machen.

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