Im Fall, den der Europäische Gerichtshof (EuGH) zu entscheiden hatte, forderte ein Feuerwehrmann aus Offenbach auch für die Zeiten der Rufbereitschaft eine Bezahlung. Sein Arbeitgeber vergütet ihm nur die Einsätze und die Fahrt dorthin, nicht aber die Rufbereitschaft selbst. Nach seiner Einschätzung sei seine Freizeitgestaltung durch die etwa 40 Rufbereitschaften im Jahr stark eingeschränkt – auch wenn er tatsächlich nur siebenmal ausrücken musste.
Wie der EuGH geurteilt hat
Der EuGH entschied am 9. März 2021, dass Rufbereitschaft Arbeitszeit sein kann (Aktenzeichen C-580/19). Das gelte dann, wenn die freie Zeit des Arbeitnehmers erheblich beeinträchtigt ist. Im konkreten Fall muss der Feuerwehrmann spätestens 20 Minuten nach dem Anruf in voller Montur an der Stadtgrenze sein. Durch den knappen Zeitrahmen bis zu einem möglichen Einsatz sei der Arbeitnehmer in seiner Ortswahl und den Möglichkeiten, sich seinen Interessen zu widmen, erheblich eingeschränkt, so eine der Begründungen des EuGH.
Was das Urteil bedeutet
„Das Urteil hat auch Folgen für Deutschland“, sagt Gunnar Roloff, Rechtsanwalt bei Ecovis in Rostock. „Wenn die Freizeit durch die Rufbereitschaft stark eingeschränkt ist, ist dies wie Arbeitszeit und daher zu bezahlen. Üblicherweise werden diese Zeiten aber, anders als die Einsatzzeit und die Anfahrt, nicht in voller Höhe vergütet“, fügt er hinzu.
Roloff rechnet nicht damit, dass es dazu eine neue gesetzliche Regelung in Deutschland geben wird. Häufig sind solche Fragen im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag festgelegt. „Es ist aber sinnvoll, sich die Verträge mit den Arbeitnehmenden nach diesem Urteil nochmals genau anzuschauen“, erklärt Roloff, „denn nicht immer sind die Vereinbarungen aktuell. Dann sollten Sie diese nachträglich anpassen.“
Tipp: Rufbereitschaft oder Bereitschaftszeit?
Rufbereitschaft und Bereitschaftszeiten unterscheiden sich. Bei der Rufbereitschaft können sich Mitarbeitende an einem Ort ihrer Wahl aufhalten. Haben sie Bereitschaftsdienst, verbringen sie ihre Zeit am Arbeitsplatz, etwa in einer Feuerwehrwache oder einem Rettungsfahrzeug. In der Regel wird ein Teil der Schicht voll vergütet und ein anderer Teil geringer.
Gunnar Roloff, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Ecovis in Rostock
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