»Forschungseinrichtungen wie das THM arbeiten hier im Freistaat an innovativen Technologien für die Energiewende und die Kreislaufwirtschaft«, betonte Minister Sebastian Gemkow während seines Besuchs. »Mit ihrer Forschung und Entwicklung sowie dem Transfer in die Anwendung leisten sie wichtige, auf Nachhaltigkeit und Wertschöpfung zielende Beiträge. Das stärkt den Wissenschafts- und Hochtechnologie-Standort Sachsen und kann zusätzliche Arbeitsplätze im Freistaat schaffen helfen.«
»In Sachsen agieren mehr und mehr Unternehmen, für die moderne Recyclinglösungen besonders wichtig sind«, erklärt Dr. Mareike Partsch, die gemeinsam mit Prof. Johannes Heitmann das Fraunhofer THM leitet. Das gilt für die Elektroauto-Werke in Zwickau, Leipzig und Dresden ebenso wie für die Solarfabriken in Freiberg, die Akku- und Ultrakondensator-Hersteller in Kamenz und Großröhrsdorf oder für viele andere Unternehmen. »Wir wollen die Zusammenarbeit zwischen diesen Playern weiter ausbauen, große Clusterprojekte koordinieren und industrielle Infrastrukturen für die Kreislaufwirtschaft von morgen schaffen«, sagt Mareike Partsch, die in Personalunion auch zum Vorstand des sächsischen Energietechnik-Branchenverbandes »Energy Saxony« gehört. Insofern ist das Fraunhofer THM auch als Nukleus für neue Wertschöpfungsketten und zukunftsorientierte Industrien in Sachsen konzipiert.
Vom Downcycling zum echten Batterierecycling
Ein wichtiger Forschungsschwerpunkt am Fraunhofer THM ist das Batterierecycling. Zwar gibt es auch heute schon Möglichkeiten, Lithium, Kobalt, Nickel, Platin und andere strategisch wichtige Metalle aus Altbatterien zurückzugewinnen. Weil diese Elemente aber oft in sehr geringen Konzentrationen vorliegen, sind klassische Recyclingprozesse zu aufwendig und ineffizient. Zudem führen sie in der Praxis nicht selten zu einem »Downcycling«, also zu einer Herabstufung in den Stoffkreisläufen. Das aus Altbatterien herausgelöste Nickel beispielsweise wandert heute oft nicht in die Batterieproduktion zurück, sondern endet als Zuschlagstoff im Hochofen. »Mit unseren Technologien wollen wir ein echtes Recycling statt Downcycling ermöglichen«, unterstreicht Mareike Partsch. »Das heißt, wir müssen die gewonnenen Materialien so aufbereiten, dass sich daraus wieder erstklassige Batterien herstellen lassen.« Dafür erproben die THM-Teams verschiedene hydrometallurgische, mechanische und elektrochemische Verfahren und kombinieren diese. Sie wollen auch dafür sorgen, dass Ingenieure und Designer künftig schon bei der Material- und Produktentwicklung das spätere Recycling mitdenken. Geplant ist, diese Rückgewinnungstechnologien auch für Solarmodule, Brennstoffzellen, Elektrolyseure und Leistungselektronik anzuwenden. Denn auch diese Systeme enthalten viele wertvolle Materialien.
Kleine Materialdefekte für bessere Leistungselektronik
Leistungselektronik wiederum beschäftigt auch die Teams um Johannes Heitmann – allerdings aus einer anderen Perspektive: Durch ihre Expertise in der Defektcharakterisierung können sie Schwachpunkte in Halbleitermaterialien identifizieren und dadurch Materialentwicklungen effizienter gestalten. Diese Materialdefekte können allerdings auch sehr nützlich sein: »Durch gezielt eingebaute Defekte in neuartige Halbleitermaterialien können elektronische Bauelemente unter Umständen schneller schalten oder höhere Spannungen und stärkere Ströme unterstützen«, erläutert der Physiker Heitmann. Derartig verbesserte Leistungselektronik ist ein Grundbaustein für die beschleunigte Marktdurchdringung der Elektromobilität oder kann beispielsweise Solaranlagen mit höherer Energieausbeute ermöglichen. »Diese absichtlich eingebrachten Defekte lassen sich ebenfalls für quantenphysikalische Phänomene für Sensorik- und Computinganwendungen ideal nutzen«, so Heitmann weiter.
Möglich wurden diese ambitionierten Forschungsprojekte nicht zuletzt durch öffentliche Fördermittel. Dazu gehören fünf Millionen Euro, die das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus (SMWK) aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) als Anschubfinanzierung bereitgestellt hat. Weitere sieben Millionen Euro hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) als Projektmittel für die Aktivitäten der Partner im Rahmenprogramm »Forschungsfabrik Batterie« bewilligt.
Das 1985 gegründete Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB betreibt entsprechend des Fraunhofer-Modells angewandte Forschung und Entwicklung in den Geschäftsbereichen Leistungs- und Energieelektronik und Halbleiter. Dabei deckt das Institut in umfassender Weise die Wertschöpfungskette für komplexe Elektroniksysteme ab, vom Grundmaterial zum vollständigen Elektronik- und Energiesystem. Schwerpunkte liegen in den Anwendungsgebieten Elektromobilität und Energieversorgung.
Das Institut erarbeitet für seine Auftraggeber Lösungen auf den Feldern Materialentwicklung, Halbleitertechnologie und -fertigung, elektronische Bauelemente und Module, Aufbau- und Verbindungstechnik, Simulation, Zuverlässigkeit, bis hin zur Systementwicklung in der Fahrzeugelektronik, Energieelektronik und Energieinfrastruktur. Das IISB verfügt u.a. über umfangreiche Halbleiterprozesstechnik, ein Testzentrum für Elektrofahrzeuge und ein Anwendungszentrum für Gleichstromtechnik.
Der Hauptstandort des Fraunhofer IISB ist in Erlangen, daneben gibt es Standorte am Energie Campus Nürnberg (EnCN) sowie in Freiberg.
Das Fraunhofer IISB kooperiert eng mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und ist Gründungsmitglied des "Energie Campus Nürnberg" (EnCN) sowie des "Leistungszentrums Elektroniksysteme" (LZE). In gemeinsamen Projekten und Verbänden arbeitet das IISB mit zahlreichen nationalen und internationalen Partnern zusammen.
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