Junger Markt grüner Anleihen wächst besonders in Europa kräftig – DIW-Studie untersucht Auswirkungen von EZB-Anleihekaufprogrammen auf Unternehmensanleihen, die gezielt nachhaltige Projekte fördern – Programme verbessern Finanzierungsbedingungen für Emittenten – Klimabezogene Risiken sollten stärker in Bonitätsbewertung der Unternehmen einfließen

Die Anleihekaufprogramme der Europäischen Zentralbank (EZB) erleichtern Unternehmen die Finanzierung auch am noch jungen Markt grüner Anleihen. Dies ist das zentrale Ergebnis einer aktuellen Studie am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Die ÖkonomInnen Franziska Bremus, Franziska Schütze und Aleksandar Zaklan gehen darin der Frage nach, wie die EZB-Eingriffe die Renditen und Finanzierungsbedingungen am Markt für grüne Firmenbonds beeinflussen, die den Wandel zu einer klimaneutralen Wirtschaft unterstützen.

Junger Markt grüner Anleihen wächst – Europa im Fokus

Anhand unterschiedlicher Datenquellen zeigen die DIW-ExpertInnen die Entwicklung des noch überschaubaren, aber seit einigen Jahren boomenden grünen Anleihemarktes auf. Weltweit wuchsen die Neuemissionen von knapp 45 Milliarden Euro im Jahr 2015 auf 237 Milliarden Euro im Jahr 2020. Im vergangenen Jahr wurde fast die Hälfte aller neuen grünen Anleihen in Euro begeben. Waren die meisten grünen Neuemissionen in Euro anfangs öffentliche Anleihen, haben Firmenbonds inzwischen den Großteil des Marktes für grüne Anleihen erobert. Der Anteil von Neuemissionen grüner Unternehmensanleihen an allen begebenen Firmenbonds stieg von 2016 bis 2020 von unter einem auf 3,5 Prozent.

Mit Blick auf die EU-Klimaziele prüft auch die EZB ihre geldpolitische Strategie in Bezug auf Nachhaltigkeit. Im Rahmen ihrer Anleihekaufprogramme CSPP (Corporate Sector Purchase Programme) und PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) investiert sie bereits jetzt am Markt für grüne Unternehmensanleihen. "Grüne Anleihen, die unter das EZB-Kaufprogramm fallen, weisen eine ähnliche Renditeentwicklung auf wie konventionelle Bonds", erklärt Sustainable-Finance-Expertin Schütze. "Unsere Beobachtungen am nachhaltigen Anleihemarkt zeigen, dass die Rendite der von der EZB gekauften grünen Bonds stärker zurückgeht als die der nicht gekauften. Das deutet darauf hin, dass eine zusätzliche Nachfrage der EZB die grünen Anleihen als Finanzierungsinstrument für Unternehmen attraktiver macht."

Bonitätseinstufung als Stellschraube für mehr grüne Anleihen

Voraussetzung für den Kauf durch die EZB ist unter anderem eine hohe Bonität der grünen Anleihen (Investment Grade). Genau darin sehen die WissenschaftlerInnen die Stellschraube für eine grünere Ausrichtung der Geldpolitik. „Um die nachhaltige Transformation der Wirtschaft zu unterstützen, sollten bei der Bonitätsbewertung künftig klimabezogene Risiken für Unternehmen stärker berücksichtigt werden“, empfiehlt Studienautor und Umweltökonom Zaklan. Der klimaneutrale Umbau konfrontiert die Unternehmen mit neuen Marktbedingungen und Investitionen, die sich unter dem Oberbegriff Klimarisiken zusammenfassen lassen.

„Um die nachhaltige Transformation der Wirtschaft zu unterstützen, sollten klimabezogene Risiken stärker berücksichtigt werden“ Aleksandar Zaklan

„Werden die Klimarisiken beim Anleihekauf durch die EZB nicht berücksichtigt, könnten sich im Portfolio der Zentralbank künftig durch Ausfälle Wertminderungen ergeben“, so Zaklan. „Eine bessere Abbildung klimabezogener Risiken entspräche auch der EZB-Intention, dass die Preise der Anleihen die darunterliegenden Risiken ausreichend gut widerspiegeln.“  Dies wäre nicht nur für die Marktstabilität wichtig, sondern könnte auch die Finanzierungsbedingungen für Emittenten grüner Anleihen im Vergleich zu konventionellen Anleihen weiter verbessern.

Das DIW Berlin (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) ist seit 1925 eines der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland. Es erforscht wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Zusammenhänge in gesellschaftlich relevanten Themenfeldern und berät auf dieser Grundlage Politik und Gesellschaft. Das Institut ist national und international vernetzt, stellt weltweit genutzte Forschungsinfrastruktur bereit und fördert den wissenschaftlichen Nachwuchs. Das DIW Berlin ist unabhängig und wird als Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert.

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