Wolfgang Bosbach, 30 Jahre Anwalt bei WINTER Rechtsanwälte – können Sie sich noch an die erste Begegnung mit der Kanzlei erinnern? Wie war die?

Wolfgang Bosbach: An das genaue Datum leider nicht, aber an meinen Antrittsbesuch Ende der 1980-er-Jahre noch sehr genau: Rechtsanwalt Jansen hatte mir damals die Chance gegeben eine Stage als Rechtsreferendar bei „Rechtsanwälte Winter, Jansen & Lamsfuß“ zu absolvieren. Nachdem wir uns über die Modalitäten einig waren, kamen die Herren Winter und Lamsfuß noch kurz dazu. Das alles war noch am Standort in der Mutzer Straße, wo ich damals ein kleines Büro im Keller bekam … Im Laufe der Jahre habe ich mich dann bis in die 1. Etage hochgearbeitet.

Die Karriere des Wolfgang Bosbach mit der Leitung eine Supermarkfiliale vor dem Anwaltstitel auf dem zweiten Bildungsweg ist schon oft erzählt worden – gibt es aus diesem eher ungewöhnlichen Lebensweg etwas, das Sie jungen Menschen gerne mitgeben möchten?

Bosbach: Wir alle müssen unseren eigenen Weg gehen. Es ist schwierig, universal gültige Ratschläge zu geben, die für jeden und jede passend sind. Ich kann nur sagen, was für mich immer wichtig war: Mach das, was Du wirklich machen möchtest! Was nicht nur Last, sondern auch Freude ist! Was man anfängt, sollte man auch zu Ende machen, keine halben Sachen! Nicht immer auf die Uhr gucken: Wenn die Arbeit nicht nur Mühe, sondern auch Spaß macht, kann es ruhig mal etwas später werden.

Ihren Schwerpunkt als Anwalt haben Sie inzwischen im Bereich Reiserecht gelegt. Woher kommt dieses Faible?

Bosbach: Zunächst war das über viele Jahre hinweg nur ein ganz kleiner Teil meiner Arbeit, aber seit der Corona-Pandemie sieht das völlig anders aus. Die gesamte Reisebranche hat nach wie vor massive Probleme. Nicht nur in Deutschland sondern in ganz Europa und weiten Teilen der Welt. Viele Reisen mussten pandemiebedingt abgesagt werden oder waren mit erheblichen Mängeln behaftet – und das Ausmaß an Hartnäckigkeit und zum Teil Raffinesse, mit der viele Veranstalter versuchen, ihre Kunden davon abzuhalten ihr Geld zurück zu verlangen, ist schon erstaunlich. Seit Anfang 2020 kamen jeden Tag neue Fälle dazu, jetzt mache ich fast nur noch Reiserecht. Von dieser Spezialisierung profitieren die Mandanten enorm.

Sie sind schnell Partner der Kanzlei geworden. Trotzdem war Ihr politischer Weg auch zu diesem Zeitpunkt bereits vorgezeichnet?

Bosbach: Jein. Dass ich auch weiterhin politisch aktiv sein würde, war klar. Das habe ich auch nie verschwiegen, im Gegenteil. Aber erst 1994 ergab sich ja die Chance, Mitglied des Deutschen Bundestages – und damit Berufspolitiker – zu werden. Und solange der Bundestag noch in Bonn war, ließ sich das auch mit der Anwaltstätigkeit gut vereinbaren mit dem Umzug nach Berlin wurde das dann immer schwieriger.

Bundesweit bekannter und gefragter Politiker und gleichzeitig Anwalt in Bergisch Gladbach – wie viel Zeit blieb denn damals überhaupt, Mandate in der Heimat zu übernehmen? Und wie ging das ganz praktisch?

Bosbach: Jedes Jahr hat 52 Wochen. Davon sind allerdings nur 22 Sitzungswochen des Deutschen Bundestages mit strenger Präsenzpflicht in Berlin. Da geht natürlich nebenbei nix. Gar nichts! In den übrigen Wochen war es durchaus möglich, auch einige Stunden am Tag als Anwalt zu arbeiten, zumal mir eine 60- oder 70-Stunden-Woche nie etwas ausgemacht hat. Und gerade am Wochenende hat man herrliche Ruhe zum Arbeiten.

In Ihrer aktiven Zeit als Bundestagsabgeordneter sind Sie für Ihre Mandanten auch in Gerichtsverhandlungen aufgetreten. Wie haben die Richter/innen auf Sie reagiert? Wurden Sie als Anwalt wahrgenommen oder doch eher als der bekannte Bundestagsabgeordnete?

Bosbach: Ganz unterschiedlich. Von in der Verhandlung selber kein Wort. Aber anschließend intensive politische Gespräche: Die gingen von „Aaah, der Herr Abgeordneter kommt in die Niederungen der Justiz“ bis hin zu „Das hat der Gesetzgeber so entschieden, wenn Sie ahnen, was ich damit sagen will, Herr Rechtsanwalt.“ War aber immer alles okay.

Nach Ihrem Verzicht auf eine weitere Kandidatur ist ihr Lebensmittelpunkt wieder in Gänze ins Rheinisch-Bergische zurückgekehrt. Was vermissen Sie und was genießen Sie jetzt besonders?

Bosbach: Im Moment vermisse ich corona-bedingt den ganz normalen Alltag. Die Unbefangenheit im Umgang mit anderen, die Spontaneität etwas zu unternehmen. Grundsätzlich den Umgang mit vielen großartigen Kolleginnen und Kollegen – auch aus anderen Fraktionen. Und natürlich die Truppe in meinem MdB-Büro. Wir waren ein tolles Team!

WINTER Rechtsanwälte haben eine mittlerweile 100-jährige Geschichte – was glauben Sie macht den Erfolg der Kanzlei aus? Was unterscheidet Ihrer Meinung nach WINTER von anderen?

Bosbach: Wir sind weder eine „Firma“ mit unzähligen „Backoffices“, in denen man kaum Kontakt zur Mandantschaft haben kann, noch ein Klein- oder Kleinstbetrieb, der sich gar nicht auf die vielen unterschiedlichen Rechtsgebiete spezialisieren kann, wie das im Interesse der Mandantschaft notwendig wäre. WINTER Rechtsanwälte sind ein kleines, mittelständisches Unternehmen mit viel Kompetenz und Erfahrung auf fast allen Rechtsgebieten. Das wissen unseren Mandanten zu schätzen.

Gibt es etwas, das Sie sich von Ihren Kolleginnen und Kollegen wünschen würden? Oder etwas, was sie ihnen wünschen würden?

Bosbach: Puh. Die schönste, aber auch schwierigste Frage von allen! Natürlich das, was wir uns gerade in diesen Zeiten permanent gegenseitig wünschen: Bitte gesund bleiben – und optimistisch! Es kommen auch wieder andere, bessere Zeiten! Sich immer in die Lage der eigenen Mandanten, aber auch in die der Gegenseite hineinzuversetzen. Bei allen Fällen so herangehen, als würde man in eigener Sache kämpfen und bitte immer daran denken: Nur die wenigsten Mandantinnen und Mandaten sind selbst Juristen. Also bitte immer so formulieren, dass das auch Nicht-Juristen verstehen. Und bitte immer mit Freude an eine Sache herangehen!

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