Eigentlich war das Symposium bereits für April 2020 geplant, doch die Covid-19-Pandemie machte einen Strich durch die Rechnung und das Symposium musste verschoben werden und wurde schließlich zu einer Online-Veranstaltung, Obwohl die Teilnehmer den persönlichen Austausch untereinander vermissten, wurde die Veranstaltung über die Online-Plattformen wie ZOOM und YOUTUBE zu einem Segen. Es meldeten sich über 250 Personen aus rund dreißig Ländern an, also mehr als dreimal so viele, wie es bei einer Präsenzveranstaltung auf dem Friedensau Campus gewesen wären.
Es ist bezeichnend, dass die Universität Friedensau der Sponsor dieses intellektuellen adventistischen Festes über verschiedene Aspekte der Apokalyptik war. In einem der ältesten Gebäude auf dem Friedensau-Campus prangt an einer der Hauswände in großen Lettern der Schriftzug „Der Herr Kommt“. Das Thema dieser Konferenz: „The Kingdom of God Is at Hand“ (Das Reich Gottes ist nahe) passt perfekt zu diesem grundlegenden Ethos der Universität, wo Studenten und Mitarbeiter täglich daran erinnert werden, dass „Der Herr Kommt.“ Diese Worte waren passenderweise das Grundthema der viertägigen Tagung über Apokalyptik – die Überzeugung, dass die Welt zu einem Ende kommen wird. Für Siebenten-Tags-Adventisten ist dieses Ende natürlich auch ein Neuanfang, da der Herr kommt, um die Gläubigen zu holen, damit für sie die Ewigkeit beginnt.
An der viertägigen Konferenz nahmen einundzwanzig Referenten aus verschiedenen Ländern Europas (u.a. aus Friedensau), aber auch aus den Vereinigten Staaten, Kanada, Australien und Nigeria teil. Aufgrund der Tatsache, dass Referenten und Teilnehmer in sehr unterschiedlichen Zeitzonen leben, mussten die Programmzeiten kreativ angepasst werden. Für Westeuropäer lief das Programm täglich von 15.00 bis 22.00 Uhr. Die Referenten waren über Zoom zugeschaltet, während die Zuhörer zwischen einem YouTube-Kanal in englischer Sprache und einem mit deutscher Simultanübersetzung wählen konnten.
Am ersten Tag des Symposiums eröffnete Dr. Rolf Pöhler, der Leiter des Adventistischen Studieninstituts, die Veranstaltung mit seinem Hauptvortrag über „Adventistische Apokalyptik im Angesicht der Zeit.“ Die biblischen Prophezeiungen, insbesondere in den Büchern Daniel und der Offenbarung, werden von Adventisten vor allem als Vergangenheitsbewältigung, aber auch als Auswirkung auf die Gegenwart und natürlich auf die Zukunft verstanden. Pöhler gab einen kurzen Überblick über die Probleme, mit denen Adventisten konfrontiert sind, wenn sie den apokalyptischen Schriften in der Bibel einen Sinn geben wollen, nachdem sie ihre Botschaft nun seit fast zwei Jahrhunderten verkündigen. Wie gehen wir mit der beunruhigenden Tatsache um, dass viele Elemente des traditionellen adventistischen Endzeitszenarios zunehmend unwahrscheinlich erscheinen? Wie informiert uns die adventistische Apokalyptik über die Gegenwart? Wie können wir uns durch das Studium der biblischen Prophetie in unserem gegenwärtigen Leben leiten lassen, im „Schon“ und im „Noch nicht“ des Reiches Gottes?
Die Referenten forderten die Zuhörer, sich mit zahlreichen Aspekten adventistischer prophetischer Überzeugungen zu befassen. Einige konzentrierten sich auf die Schlüsselfrage, was Apokalyptik ist und wie sich apokalyptische Ansichten im Laufe der Zeit entwickelt haben und wie die biblischen Schreiber damit umgingen. Was war ihr Hintergrund? Welche literarische Gattung konnten sie verwenden? Für wen haben sie geschrieben? Wie konnte der Text ihre eigene Zeit überdauern?
Ein wichtiges Unterthema der Konferenz behandelte, wie Adventisten in der Vergangenheit die apokalyptischen Prophezeiungen interpretierten. Eine Reihe von Vorträgen wies auf Probleme hin, die dadurch entstanden, weil viele der Vorhersagen, die Adventisten auf Grundlage ihres Verständnisses der biblischen Bücher Daniel und Offenbarung gemacht hatten, nicht eingetroffen sind. Wiederholt wurde erwähnt, dass eine ernsthafte Aktualisierung der Auslegungen längst überfällig sei. Auf dem Weg in die Zukunft betonten einige der Vortragenden, dass sichergestellt werden müsse, dass die apokalyptische Botschaft für heute bedeutungsvoll bleibt. Sie solle Hoffnung vermitteln, anstatt Angst zu machen – wie es in der Vergangenheit so oft der Fall war. Außerdem solle die biblische Apokalyptik dazu inspirieren, unsere soziale und politische Verantwortung anzunehmen, während wir erwartungsvoll und aktiv auf das Kommen des Herrn warten.
Gegen Ende des Symposiums wurde Pastor Dennis Meier, der Leiter der regionalen Kirchenleitung der Adventisten in der Region Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern, mit der herausfordernden Aufgabe betraut, die verschiedenen Stränge des Symposiums zusammenzuführen und vorzuschlagen, „wohin wir von hier aus gehen sollten.“ Seine Analyse wurde in von ihm gewohnter Weise kreativ, aufschlussreich und inspirierend präsentiert.
„Mit den Lehren aus der Vergangenheit,“ so Meier, „müssen uns in die Zukunft bewegen“. Und wenn es ein Thema gibt, das absolute Priorität auf unserer apokalyptischen Agenda haben sollte, dann sei es die Entwicklung einer „adventistischen Ökotheologie." Dies, betonte er, sei der eine Punkt auf seiner Wunschliste für das nächste Symposium. Er schloss damit, dass wir am Ende erkennen müssten, dass es beim apokalyptischen Denken nicht um uns gehe, nicht um unsere Rolle als elitäre Gruppe in einem Endzeitszenario, sondern um Jesus Christus.
Dr. Rolf Pöhler, der das Symposium koordiniert hatte, lud abschließend alle Referenten ein, ein paar Anmerkungen zur Tagung zu machen. Dadurch wurde deutlich, dass Umfang und Qualität des Symposiums sehr geschätzt wurden und dass dieses vierte Internationale Symposium – trotz aller Corona-Restriktionen – ein voller Erfolg und eine Startrampe für weitere Studien gewesen ist. Viele werden sich darauf freuen, die Vorträge dieses Symposiums bald in gedruckter Form zu sehen. Das 5. Internationale Symposium ist für April 2023 geplant.
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