Jedes Jahr erleiden rund 1000 Menschen in Stadt und Landkreis Hof einen Schlaganfall. Der ein oder andere davon ließe sich durch Vorbeugung vermeiden, und ein Teil der Fälle ginge glimpflicher aus, wenn Betroffene oder Angehörige und schneller reagieren würden.

Was sind Auslöser eines Schlaganfalls?

Dr. Glumm: Die Gefahr eines Schlaganfalls ist bei Menschen mit den Risikofaktoren Bluthochdruck, Zuckererkrankung und Vorhofflimmern besonders hoch. Auslöser eines Schlaganfalls ist meist ein Gefäßverschluss und damit eine plötzliche Minderversorgung des Gehirns mit nährstoffreichem Blut. Die Gehirnzellen werden nicht mehr ausreichend versorgt und sterben ab. Folgen sind Störungen oder Ausfälle von Gehirn- und Körperfunktionen.

Welche Auswirkungen kann ein Schlaganfall haben?

Dr. Glumm: Pro Minute sterben bei einem verstopften Hirngefäß etwa zwei Millionen Nervenzellen. 30 Minuten Reaktionszeit mehr oder weniger können über ein bis sechs Monate Reha mehr oder weniger entscheiden. Es ist deshalb extrem wichtig, beim Auftreten typischer Beschwerden schnell zu reagieren. Es gibt keine andere Krankheit, die das Leben von Patienten und Angehörigen von einer Sekunde auf die andere so massiv verändern kann. Der Schlaganfall ist heute eine der häufigsten Ursachen für hochgradige Pflegebedürftigkeit. Besonders dramatisch ist, dass im Bundesschnitt nur rund 15 Prozent der Patienten die hoch wirksame Lysetherapie erhalten, oft weil sie zu spät ins Krankenhaus kommen. In Hof konnte durch Optimierung der äußeren und inneren Abläufe im letzten Jahr eine Quote von 25 Prozent erreicht werden.

Was ist eine Lysetherapie?

Dr. Glumm: Die hochwirksame Lysetherapie kann nur innerhalb der ersten Stunden erfolgen. Dabei wird geronnenes Blut medikamentös aufgelöst. Ist eine Lysetherapie nicht möglich oder nicht ausreichend, besteht auch die Möglichkeit, mittels eines Katheters mechanisch einzugreifen.

Welche Symptome weisen auf einen Schlaganfall hin?

Dr. Glumm: Häufige Symptome eines Schlaganfalls sind Lähmungen, die das Gesicht (zum Beispiel hängender Mundwinkel) oder eine Körperhälfte betreffen können. Typisch sind auch halbseitige Gefühlsstörungen, die sich als Taubheit oder Kribbeln äußern können. Dabei ist in der Regel die der geschädigten Hirnhälfte gegenüberliegende Körperhälfte betroffen. Bei Beteiligung des Sprachzentrums (meist linke Gehirnhälfte) kommt es zu Sprachstörungen. Sehstörungen im Sinne von halbseitigen Gesichtsfeldausfällen oder plötzlicher Blindheit auf einem Auge können ebenso Ausdruck einer Durchblutungsstörung sein. Schlaganfälle im Bereich des Kleinhirns oder Hirnstamms äußern sich oft durch Symptome wie plötzlich auftretenden Dauerschwindel mit Scheinbewegungen sowie eine Gang- und Standunsicherheit.

Große Infarkte und vor allem größere Hirnblutungen gehen oft mit Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma einher. Diese können sowohl plötzlich eintreten, als sich auch auf Grund einer langsam zunehmenden Hirnschwellung innerhalb von Stunden bis Tagen entwickeln.

Wie kann man testen, ob eine Schlaganfall vorliegt?

Dr. Glumm:  Mit dem FAST-Test können Sie innerhalb weniger Sekunden einen Schlaganfall feststellen. Die Buchstaben stehen für die englischen Worte Face (Gesicht), Arms (Arm), Speech (Sprache) und Time (Zeit). Der Test gehört mittlerweile zur Grundausbildung von Rettungspersonal.

Face: Bitten Sie die Person, zu lächeln. Ist das Gesicht einseitig verzogen? Das deutet auf eine Halbseitenlähmung hin. Arms: Bitten Sie die Person, die Arme nach vorne zu strecken

und dabei die Handflächen nach oben zu drehen. Bei einer Lähmung können nicht beide Arme gehoben werden, sinken ab oder drehen sich. Speech: Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen. Ist sie dazu nicht in der Lage oder klingt die Stimme verwaschen, liegt vermutlich eine Sprachstörung vor. Time: Sobald Symptome auftreten, wählen sie unverzüglich die 112 und schildern sie Ihre Symptome. Auch wenn die Beschwerden wieder verschwinden, sollten Betroffene umgehend eine neurologische Klinik aufsuchen.

Wie kann ich einen Schlaganfall vermeiden?

Dr. Glumm: Neben unvermeidbaren Risikofaktoren wie einem hohen Lebensalter und männliches Geschlecht gibt es auch behandelbare wie Bluthochdruck, Diabetes oder Vorhofflimmern. Und natürlich kann auch eine gesunde Lebensweise zur Vermeidung von Schlaganfällen beitragen. Auch deshalb werde ich nicht müde, auf vermeidbare Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht und Bewegungsmangel hinzuweisen. Bei Bedarf erhalten die Patienten Unterstützung für eine Entwöhnung oder Ernährungsumstellung.

Was geschieht im Krankenhaus?

Dr. Glumm: Schlaganfallpatienten werden am Besten auf Spezialeinheiten sog. Stroke Units (Stroke=Schlaganfall) von einem Team aus neurologisch ausgebildeten Ärzten, Therapeuten und Pflegern behandelt. Außerdem widmet sich diese Einheit Patienten mit nur kurzzeitigen Störungen, sog. TIA (transitorisch ischämische Attacke) auf dem Boden vorübergehende Durchblutungsstörung des Gehirns. Diese kann ein Anzeichen für einen bevorstehenden Schlaganfall darstellen und muss ernst genommen werden: TIA-Patienten haben am meisten zu verlieren. Eine konsequente Diagnostik nach solch einem vorübergehenden Ereignis kann unter Umständen einen Schlaganfall mit dauerhafter Behinderung verhindern.

Dr. Glumm, haben Sie nützliche Tipps für Angehörige?

Dr. Glumm: Während die nächsten Angehörigen meist gut mit den offensichtlichen Behinderungen wie Lähmungen zurechtkommen, fällt der Umgang mit Sprach- oder Wahrnehmungsstörungen schwer. Hier hilft es vor dem ersten Besuch mit der Pflege oder den Ärzten darüber zu sprechen, z.B. inwieweit das Sprachverständnis vielleicht trotz unverständlichem Sprechen dennoch erhalten ist. Wir versuchen im Sana Klinikum Hof in der Regel die Angehörigen mit einzubeziehen. Dies war jetzt lange Zeit durch die Corona-Pandemie nahezu unmöglich. Wir hoffen sehr bald wieder engeren Kontakt von Patienten und Angehörigen haben zu können.

Über die Sana Klinikum Hof GmbH

Das Sana Klinikum Hof gehört mit seinen 465 vollstationären Betten und 22 teilstationären Plätzen zu den größten somatischen Akutkrankenhäusern in Bayern. In 14 Fachabteilungen behandelt das Haus der Schwerpunktversorgung jährlich etwa 25.000 stationäre und 30.000 ambulante Patienten.

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