In den jetzt vorgelegten sechs Evidenzberichten stellt das IQWiG die Evidenz dar, die es weltweit zu ausgewählten Maßnahmen bei Personen mit kognitiven Einschränkungen bzw. unterschiedlich ausgeprägter Demenz recherchiert hat, und bewertet die Qualität der Studien. Hinsichtlich Personen mit milder kognitiver Einschränkung untersuchte das Institut die Effekte nicht medikamentöser Maßnahmen wie kognitives Training, Ernährungs- oder Sportinterventionen. Mit Blick auf leichte bis schwere Demenz ging es um die Evidenz zu technischen Unterstützungssystemen wie Zuwendungsrobotern oder Schlaf-Monitoring, zum Dementia Care Management, zu erweiterter Differentialdiagnostik durch strukturellen Bildgebung des Gehirns (mittels CT oder MRT) sowie zu einer strukturierten Aufklärung über die Erstdiagnose.
Themen von besonderem Interesse für die Versorgung und mit besonderem Förderbedarf
Mit dem am 1. Januar 2020 in Kraft getretenen Digitale-Versorgung-Gesetz hat der Gesetzgeber festgelegt, dass die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) dem BMG medizinische Leitlinien vorschlagen kann, deren Entwicklung oder Aktualisierung das IQWiG dann im Auftrag des BMG mit Evidenzrecherchen unterstützt. Erklärtes Ziel des Gesetzgebers ist es dabei, Themen von besonderem Interesse für die Versorgung und mit besonderem Förderbedarf aufzugreifen.
Als Pilotprojekt hatte das BMG dem IQWiG im Jahr 2016 einen Auftrag für eine Evidenzrecherche zur interdisziplinären S3-Leitlinie „Vaginale Geburt am Termin“ erteilt. Dafür hatte das IQWiG Studien zu verschiedenen Fragen rund um das Thema recherchiert, bewertet und in insgesamt acht Evidenzberichten veröffentlicht. Auf dieser Grundlage erarbeitete eine Leitliniengruppe der AWMF unter Federführung der deutschen Fachgesellschaften für Gynäkologie und Geburtshilfe sowie für Hebammenwissenschaft inzwischen Empfehlungen für die neue S3-Leitlinie „Vaginale Geburt am Termin“.
Das BMG hat dem IQWiG bereits zwei weitere Aufträge für Evidenzrecherchen erteilt: zu den S3-Leitlinien „Klinische Ernährung in der Gastroenterologie – Pankreas“ und „Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen – Insomnie bei Erwachsenen“. Beide Evidenzrecherchen werden voraussichtlich Ende 2021 veröffentlicht. Weitere Aufträge sind in Vorbereitung.
Ein Evidenzbericht zu jeder PICO-Frage
Ausgangspunkt für die Evidenzberichte zur S3-Leitlinie Demenzen sind insgesamt sechs Fragestellungen, die von den Fachgesellschaften DGPPN und DGN in Abstimmung mit Patientenvertreterinnen und -vertretern und der AWMF formuliert wurden: Zu jeder dieser sogenannten PICO-Fragen wurden konkret die jeweilige Patientengruppe (P), die Intervention (I), eine Kontroll-Intervention zum Vergleich (C = Comparison) sowie die Endpunkte (O = Outcome) bestimmt, die relevant sind, um über eine Intervention zu entscheiden: beispielsweise Kognition, Aufmerksamkeit und Aktivitäten des täglichen Lebens.
Zu jeder PICO-Frage hat das IQWiG einen Evidenzbericht erstellt. Die Evidenzberichte liefern aber keine Ableitung von Nutzen oder Schaden der verschiedenen Interventionen. Diese Bewertung ist Aufgabe der jeweiligen Leitliniengruppe, die die konkreten Empfehlungen für die Behandlung von Patientinnen und Patienten entwickelt.
Konstruktive Zusammenarbeit mit den Fachgesellschaften
„Eine nicht gesicherte Finanzierung, mehrere beteiligte Fachgesellschaften mit entsprechendem Abstimmungsbedarf und natürlich eine besonders relevante und drängende Thematik: Die Aktualisierung der S3-Leitlinie Demenzen zeigt beispielhaft, wann das IQWiG nach dem Willen des Gesetzgebers bei der Leitlinienarbeit unterstützen soll“, erläutert IQWiG-Leiter Jürgen Windeler. „Aufgabe des IQWiG ist es dabei nicht, Nutzenbewertungen einzelner Interventionen durchzuführen, sondern die verfügbare Evidenz zu definierten PICO-Fragen zusammenzutragen.“
„Die Evidenzberichte des IQWiG bilden eine sehr gute Grundlage für die Nutzenbewertung und die Empfehlungen der Leitliniengruppe“, betont Richard Dodel, Leitlinienkoordinator für die S3-Leitlinie Demenzen bei der DGN, und lobt die konstruktive und zielführende Zusammenarbeit mit dem IQWiG. Frank Jessen, Leitlinienkoordinator für die S3-Leitlinie Demenzen bei der DGPPN, ergänzt: „Die bekannt hohe methodische Kompetenz des IQWiG drückt sich auch in der Qualität der Evidenzberichte aus. Die Berichte adressieren wesentliche und auch schwierig zu recherchierende Aspekte der Demenz-Leitlinie.“
Das IQWiG ist ein unabhängiges wissenschaftliches Institut, das Nutzen und Schaden medizinischer Maßnahmen für Patienten untersucht. Wir informieren laufend darüber, welche Vor- und Nachteile verschiedene Therapien und Diagnoseverfahren haben können.
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