„Die Gründung der SozDia ist unmittelbar damit verbunden, was uns 1990 umgetrieben hat. Und so wie es in der großen Politik zu einer Selbstermächtigung der Bürger kam, so hat auch SozDia Räume für einen Aufbruch in die eigene Verantwortung geschaffen“, sagte Markus Meckel, der als letzter Außenminister der DDR den Einigungsvertrag mitverhandelte. „Und das ist auch die große Stärke der SozDia als sozialdiakonische Trägerin, die sie unbedingt beibehalten und durchaus noch stärker auch in die Kirche tragen sollte: nicht paternalistisch arbeiten, sondern emanzipatorisch, die Menschen befähigen, für sich selbst zu sprechen.“
Ulrike Trautwein würdigte die SozDia vor allem dafür, Jugendliche unterschiedlicher Orientierung abzuholen und einzubinden, sich dabei nicht beirren zu lassen und gegen alle Widerstände immer weiterzumachen. „Leider ist es keine Selbstverständlichkeit, sich junger Menschen anzunehmen – insbesondere derer, die es schwer haben, ihren Platz in der Mitte der Gesellschaft zu finden und die oft nicht gesehen werden. Mein Respekt gebührt der SozDia dafür, gesellschaftliche Herausforderungen stets vorausblickend zu erkennen und flexibel darauf zu reagieren. Das werden wir in den kommenden Monaten und Jahren besonders brauchen, denn noch wissen wir nicht, was die Pandemie und die anhaltende Vereinzelung mit den Menschen macht.“
„Wo gemeinsames Handeln stattfindet, wo Ermöglichungsräume eröffnet werden, da mischen sich Menschen ein und gestalten die Gesellschaft gemeinsam. Wir wollen vormachen, wie das gelingen kann. Oder, wie Markus Meckel sagt, ansteckend wirken“, so Gastgeber Michael Heinisch-Kirch in seiner Begrüßungsrede.
Er befürchtet, dass die Corona-Pandemie sonst eine destruktive gesellschaftliche Entwicklung beschleunigt. „So wie wir vor 30 Jahren viele orientierungslose Jugendliche hatten, die sich radikalisierten, ist es auch heute wieder von größter Bedeutung, Frieden zu leben und Demokratie zu gestalten.“
Von zentraler Bedeutung für gesellschaftliche Teilhabe und ein friedliches Zusammenleben – darüber waren sich alle einig – sind die Themen Bildung, Wohnen und Arbeit.
In mehreren Themenräumen dazu diskutierten die Teilnehmenden in der Folge mit Expert*innen darüber, welche Herausforderungen hier anstehen und wie die Stiftung mit ihrer Arbeit auch weiterhin dazu beitragen kann, diese zu bewältigen. Getreu dem Stiftungsmotto „einfach machen“ wurde so der Blick bereits wieder in die Zukunft gerichtet. Neben der Fortführung des begonnenen fachlichen Austauschs sollen die angedachten Lösungen und formulierten Forderungen an die Politik und weitere Akteure über den Festakt hinauswirken.
Teilnehmende entwerfen Forderungen an die Politik
Insbesondere jungen Menschen gegenüber gelte es, eine achtsame und zugewandte Haltung einzunehmen. Die individuellen Bedürfnisse von Kitakindern und ihre Sicht auf die Welt ernst zu nehmen, sie an Entscheidungen zu beteiligen und mit ihnen das Leben in der Gemeinschaft demokratisch zu gestalten, entspricht auch dem Konzept „Die Kita als weltoffenes Dorf“, welche die Arbeitsgrundlage für die 12 Kindertagesstätten in Trägerschaft der SozDia bildet. So brauche es bereits bei den Kleinsten ein Miteinander auf Augenhöhe, bei dem sich alle gesehen und gehört fühlen. Demokratie in der frühkindlichen Bildung trage entscheidend dazu bei, dass Kinder zu Gestalter*innen ihres eigenen Lebens und unserer Gesellschaft heranwachsen können.
Auszubildende, die in der Pandemie verstärkt mit psychischen, finanziellen und existenziellen Problemen zu kämpfen haben, brauchen unbürokratische Beratungs- und Unterstützungsangebote, so eine weitere zentrale Forderung. Manche seien seit über einem Jahr in Kurzarbeit und stünden unter enormen Druck. Ihre Ausbildung finde vielfach nur noch online statt – die Praxis bleibe auf der Strecke.
Auch auf dem Wohnungsmarkt brauche es dringend Unterstützung für junge, aber auch für viele andere Menschen. Der Wohnungsmarkt ist strukturell prekär, die politischen Lösungsstrategien greifen nicht. Auch die öffentlich diskutierte mögliche Enteignung von Wohnungsunternehmen würde absehbar keine reelle Lösung des Problems bringen. Die Wohnungswirtschaft muss in die Verantwortung genommen werden. Und: Obwohl strukturelle Probleme letztlich nicht individuell lösbar sind, bedarf es doch eines kurzfristigen Ausbaus des geschützten Marktsegments sowie eines Runden Tisches, der auf den schwierigen Zugang junger Menschen zu Wohnraum eingeht. Dabei gilt es Maßnahmen zu entwickeln, die auch Diskriminierungsverfahren entgegenwirken. Zudem müsse mehr Baufläche für Wohnprojekte sozialer Träger*innen bereitgestellt werden.
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