Jedes Jahr kommen in Deutschland rund 6.000 Kinder mit einem angeborenen Herzfehler zur Welt. Viele von ihnen können heute ein weitgehend normales Leben führen. Wie ein angeborener Herzfehler frühzeitig erkannt und behandelt wird, darüber sprechen wir anlässlich des „Tag des Herzkranken Kindes“ am 5. Mai mit Prof. Dr. Michael Hübler, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinderherzmedizin und Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE).

Fast jedes 100. Kind kommt mit einem angeborenen Herzfehler auf die Welt? Um welche Herzfehler handelt es sich?

Prof. Dr. Michael Hübler: Wir kennen mehr als 50 verschiedene Herzfehler oder Fehlbildungen der vom Herzen abgehenden Blutgefäße. Die können ganz unterschiedlicher Ausprägung sein – von einem kleinen Loch in der Herzscheidewand über komplexe Gefäßfehlbildungen bis zu Neugeborenen, die mit einem hypoplastischen Linksherzsyndrom (HLHS) auf die Welt kommen. Beim HLHS ist die linke Herzkammer oft nicht größer als eine Erbse – ein seltener, aber auch einer der schwierigsten Herzfehler, die es gibt.

Es heißt, Gene spielen dabei eine Rolle?

Prof. Hübler: Gene spielen selbstverständlich eine Rolle bei angeborenen Herzfehlern. Sie regulieren die Herzentwicklung, die ja schon sehr früh in den ersten Schwangerschaftswochen beginnt. Wir wissen heute, welche Arten von Herzfehlern vererbt werden und welche durch neu aufgetretene Genveränderungen verursacht werden. Die meisten Herzfehler, ungefähr 90 Prozent, sind erblich bedingt. Meist tragen beide Elternteile wenige seltene Genveränderungen, haben aber selbst keinen oder keinen schwerwiegenden Herzfehler. Erbt ein Kind von beiden Elternteilen die Genveränderung, kann diese Kombination zu einem schwerwiegenden Herzfehler führen. Für die weitere Familienplanung empfehlen wir diesen Eltern deshalb eine genetische Beratung.

Für viele Familien ist es erst einmal ein Schock, wenn sie die Diagnose Herzfehler hören. Was sagen Sie ihnen? Wie gut lässt sich der angeborene Herzfehler heute behandeln?

Prof. Hübler: Einige Herzfehler lassen sich schon vorgeburtlich im Ultraschall darstellen. Das gibt uns die Möglichkeit, schon sehr früh gemeinsam mit den Eltern zu reden, sie über die Behandlungsmöglichkeiten aufzuklären und das weitere Vorgehen mit ihnen abzustimmen. Die Geburt kann dann entsprechend geplant werden und wird von spezialisierten Gynäkolog:innen und Kinderkardiolog:innen begleitet. Zeitnah werden nach der Geburt die notwendigen Eingriffe vorgenommen. Denn je früher der Herzfehler behandelt wird, desto besser sind die Aussichten für die weitere Entwicklung des Kindes. Was ich den Eltern immer mitgebe: Für jeden angeborenen Herzfehler gibt es mittlerweile eine gute Behandlungsstrategie, die es den kleinen Patient:innen erlaubt, eine nahezu normale Lebenserwartung und auch Lebensqualität zu haben. Viele Kinder können sogar geheilt werden.

Mit welchem angeborenen Herzfehler haben Sie es am häufigsten zu tun?

Prof. Hübler: Sehr häufig sehen wir die sogenannten Ventrikelseptumdefekte. Das bedeutet, dass sich in der Herzscheidewand zwischen den beiden Herzkammern ein Loch befindet. Da der Druck in der linken Kammer immer höher ist als in der rechten, fließt das sauerstoffreiche Blut von der linken Kammer durch den Defekt zurück in die rechte Kammer und nicht wie eigentlich üblich in den Körperkreislauf. Ein kleiner Ventrikelseptumdefekt verursacht meist keine Probleme und kann sich im Laufe der ersten Lebensjahre von selbst verschließen. Ein größerer Defekt kann durch die erheblich erhöhte Pumparbeit des linken Herzens bereits bei Säuglingen zu Zeichen einer Herzschwäche führen. Dies äußert sich dann in Atemnot, Trinkschwäche, vermehrtem Schwitzen und geringerer Gewichtszunahme des Kindes. Diese Kinder müssen früh operiert werden, um Schäden am Herzen und anderen Organen zu vermeiden. Wenn ein solcher Defekt längere Zeit unentdeckt bleibt, kann es mittel- und langfristig auch zum Lungenhochdruck kommen, der sehr schwer zu behandeln ist.

Wie kann ein angeborener Herzfehler diagnostiziert werden?

Prof. Hübler: Die Kinderärzte können Herzfehler, wie beispielsweise einen Ventrikelseptumdefekt, schon beim Abhören von Herz und Lunge wahrnehmen. Durch ein EKG, eine Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiographie) und weitere bildgebende Verfahren können Befunde erhoben werden, die bei der Planung einer Behandlungsstrategie hilfreich sind.

Welche Behandlungsmethoden stehen bei einem Ventrikelseptumdefekt zur Verfügung?

Prof. Hübler: Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, den Defekt zu verschließen – entweder im Rahmen einer Operation oder einer Herzkatheteruntersuchung. Manchmal auch durch beide Verfahren gleichzeitig, im Hybridverfahren. Die Wahl der Behandlungsmethode hängt unter anderem von der Größe des Lochs, seiner Form und seiner Lage ab. Bei einer Operation wird das Loch mithilfe von künstlichen Gewebepflastern, sogenannten Patches, verschlossen. Im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung kann in bestimmten Fällen die Öffnung dagegen mit einem Schirmchen abgedichtet werden.

Über Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)

Das 1889 gegründete Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ist eine der modernsten Kliniken Europas und mit rund 13.600 Mitarbeitenden einer der größten Arbeitgeber in Hamburg. Pro Jahr werden im UKE rund 511.000 Patientinnen versorgt, 106.000 davon stationär und 405.000 ambulant. Zu den Forschungsschwerpunkten des UKE gehören die Neurowissenschaften, die Herz-Kreislauf-Forschung, die Versorgungsforschung, die Onkologie sowie Infektionen und Entzündungen. Über die Medizinische Fakultät bildet das UKE rund 3.400 Medizinerinnen und Zahnmedizinerinnen aus.

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