Schon im März hatte der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerk (ZVDH) auf massive Preissteigerungen und Materialengpässe bei Holzprodukten und Dämmstoffen hingewiesen. Eine aktuelle Umfrage unter rund 7.000 Innungsbetrieben bundesweit zeigt, wie ernst die Lage auch in Baden-Württemberg ist:

Über 75 % der Dachdeckerbetriebe in Baden-Württemberg berichten über Preissteigerungen von bis zu 50 %. Einige müssen sogar Steigerungen von über 100 % hinnehmen. Dies betreffe vor allem Latt- und Schalholz, aber auch Holzfaserdämmstoffe und OSB-Platten seien mittlerweile deutlich teurer geworden. Bei Dachlatten beobachten Betriebe sogar eine Verdreifachung des Preises innerhalb weniger Monate. Zudem seien Lieferfristen von zwei bis drei Monaten üblich.

Einige Betriebe geben an, inzwischen gar kein Material mehr zu erhalten. Ähnliches bei den EPS-Dämmstoffen: die Hälfte der Betriebe meldet, dass sie bis zu 50 % mehr zahlen müssten als noch im letzten Jahr. Und auch hier lange Lieferzeiten: Die Dachdeckerbetriebe warten bis zu 10 Wochen oder länger auf das bestellte und eingeplante Material. Aber das ist noch nicht alles. Auch PUR/PIR-Dämmstoffe, Bitumen, Unterspannbahnen, Metalle für Dachkonstruktionen und Mineralwolle seien zum Teil deutlich teurer geworden und werden zeitverzögert geliefert.

Da viele Lieferanten ihre Angebote nur noch als Tages- oder Wochenpreis abgeben, werde zudem die Angebotserstellung für Dachdeckerunternehmen deutlich erschwert bis unmöglich gemacht. Besonders dramatisch sei, dass bereits Aufträge storniert wurden. Doch auch dann wird der Bauherr kaum eine Alternative finden, denn die Materialengpässe betreffen alle.

Jeder vierte Dachdecker nennt Baustellenstopps als eine der Auswirkungen und über die Hälfte der Befragten muss geplante Bauvorhaben verschieben. Rund 10 % der Betriebe hätten bereits Kurzarbeit angemeldet, so ein weiteres Ergebnis der Umfrage.

Bauboom und Energiewende in Gefahr

Landesinnungsmeister des Dachdeckerinnungsverbands BW, Karl-Heinz Krawczyk dazu: „Wir sehen ernsthaft die Energiewende gefährdet. Unser Betriebe leisten einen entscheidenden Beitrag zur Erreichung der gesetzten Klimaziele. Wenn nun Dächer, Geschossdecken und Fassaden nicht im vorgesehenen Maß gedämmt werden, oder komplette Dachsanierungen wegfallen, hat das direkte Auswirkungen auf den Energieverbrauch und damit auf den CO2-Austoß“. Zudem führten Baustopps zwangsläufig zu einer Verschärfung auf dem Wohnungsmarkt.

Die Gründe für die Materialengpässe und damit verbundene Preissteigerungen sind vor allem auf den globalisierten Märkten zu finden. Insbesondere die USA und China importieren Holzprodukte und Dämmstoffe aus Deutschland, um den deutlich gestiegenen Bedarf in den eigenen Ländern zu decken. So wird Holz aus deutschen Wäldern inzwischen zu horrenden Preisen aus dem Ausland aufgekauft und in einigen Ländern mitunter als Spekulationsobjekt gehandelt, was die Preise noch weiter nach oben treibt.

„Uns ist durchaus bewusst, dass in einer vom Freihandel geprägten globalisierten Wirtschaft Exportverbote oder sonstige dirigistische Maßnahmen nicht zielführend sind,“ erklärt Krawczyk. „Dennoch erscheint es uns dringend notwendig, dass die Politik zwischen den Marktpartnern sensibilisiert und zumindest vermittelnd eingreift. Letztlich geht es hier auch um Verbraucherschutz, denn die exorbitant steigenden Baupreise bleiben am Ende auf den Schultern der Hausbesitzer liegen“.

Krawczyk abschließend: „Wir suchen weiterhin das Gespräch mit allen beteiligten Akteuren und versuchen schnellstmöglichst eine Lösung zu finden. Aber auch die Politik darf sich hier nicht wegducken. Klimaschutz und Wohnungsnot gehen uns alle an“.

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Der Landesinnungsverband des Dachdeckerhandwerks Baden-Württemberg vertritt als berufsständische Organisation die Dachdecker-Innungsbetriebe in den zehn angeschlossenen Dachdecker-Innungen in Baden-Württemberg. Sitz des Verbandes ist in Karlsruhe.

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