Mit dem Frühling beginnt auch wieder die Brutzeit der Kraniche. Wenn dann die erste Kranichküken unterwegs sind, passiert es immer häufiger, dass diese aus falsch verstandener Tierliebe „gerettet“ werden.
Kraniche brüten vorwiegend im April. Ihre gut versteckten Gelege am Boden bestehen aus zwei oliv bis rötlichbraun bzw. graubraun gefleckten Eiern – meist in feuchtem oder nassem Gelände.
Besonders in den Monaten April, Mai und Juni passiert es jedes Jahr wieder, dass junge Kranichküken der Natur entnommen werden.

Vor allem jetzt, wo viele Menschen pandemiebedingt die Liebe zur Natur vor der Haustür entdeckt haben, erwacht sofort der Helferinstinkt bei einem allein aussehenden Kranichküken. Doch ist das der falsche Umgang, wie Kranichexpertin Beate Blahy erklärt: „Bitte niemals in freier Natur ein Küken aufsammeln und mit nach Hause nehmen, auch wenn es noch so herzzerreißend piept!“

Auf die Natur ist Verlass

Gerade wenn Menschen beim Spazieren von den Wegen abkommen und sich unwissend den Brutgebieten nähern, ziehen sich Kraniche sofort zurück. Frisch geschlüpfte Jungen können ihren Eltern dabei oftmals nicht schnell genug folgen. Sie werden unruhig und beginnen nach ihnen zu rufen. „Das Rufen gilt jedoch nicht uns, sondern ausdrücklich den eigenen natürlichen Eltern“, betont Blahy, „diese warten nämlich im Verborgenen dringend darauf, dass der Mensch, dieser gefährliche Feind, bald fortgeht und die Altkraniche ihre Jungen wieder abholen können.“ In solch einem Fall ist es am besten, das Gebiet so schnell wie möglich wieder zu verlassen. Ein Wiederkehren der Eltern zu ihren Küken ist garantiert – wenn sie noch da sind.
Das Gleiche gilt auch für das Mitnehmen der Eier aus Gelegen und die anschließende Aufzucht zu Hause. Die illegale Entnahme ist nicht nur ein Verstoß gegen das Naturschutzgesetz, es kommt auch zur regelmäßigen Fehlprägungen der Vögel.

Die ersten 48 Stunden sind entscheidend

Wer sich in den ersten zwei Tagen um Futter und Fürsorge kümmert, wird als Bezugsperson erkannt und übernimmt die Elternrolle. Das hat zur Folge, dass sich diese Tiere ihrer eigenen Art nicht mehr zugehörig fühlen, sondern eher dem Menschen. Ein späteres Zurückkehren zu Artgenossen ist nicht mehr möglich – dieser Prozess ist unumkehrbar. Menschen, die anfangs in bester Absicht die Elternrolle übernommen haben, können schlussendlich nicht die Bedingungen schaffen, die Kranichküken benötigen, um auch mental gesund aufzuwachsen.

So viel Zeit hat kaum jemand!

Um sich sicher zu fühlen, brauchen Kranichküken die permanente Anwesenheit ihrer Eltern. „Die jungen Küken müssen jeden Tag viele Stunden in der Natur geführt werde, um sich alle Nahrungsquellen zu erschließen und Lebensräume wie auch natürliche Feinde kennenzulernen“, betont Blahy. In den meisten Fällen landen die selbst aufgezogenen Vögel jedoch in Volieren. Deshalb: Finger weg von Kranichküken! „Die Natur und ihre Geschöpfe wissen selbst am besten, wie die Dinge zu regeln sind“, gibt die Kranichexpertin mit auf dem Weg.

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