Das Jahr 2016 war für die jetzt 31-jährige Iranerin Samira Abdoli Kolory eine echte Lebenszäsur. Es markierte das Jahr ihrer Flucht aus dem Iran und Ankunft in Deutschland. Ihr Weg führte sie nach Brandenburg. Erste Kontakte und Hilfe fand sie bei der Flüchtlingshilfe Jüterbog, einer Gemeinschaft, der Pfarrerin Mechthild Falk ehrenamtlich vorsteht und die die junge Frau auf ihren ersten Wegen in ein neues Leben begleitete. „Samira ist eine Kämpferin. Vom ersten Tage an war es ihr wichtig, sich in ihrer neuen Heimat zu integrieren, beruflich, sprachlich, sozial. Sie ist für mich ein Musterbeispiel für Integration. Mit unglaublicher Energie und Fleiß schaffte sie in den vergangenen Jahren etwas, was vielen Geflüchteten nicht so leicht gelingt: Sie hat eine neue Heimat in Deutschland gefunden.“

Die junge Frau, die im Iran Bauingenieurwesen studierte und diesen Beruf in ihrer alten Heimat auch ausübte, stand jedoch in Deutschland wie viele andere erst einmal vor einem völligen Neuanfang. Da ihre Studienabschlüsse nicht anerkannt wurden, entschied sie sich für eine Ausbildung.

Heute ist sie Auszubildende als Kauffrau für Büromanagement im dritten Lehrjahr bei der Langenlipsdorfer Fläming Bau GmbH in Niedergörsdorf. Für ihre außerordentlichen Ausbildungsleistungen wird sie am 20. April 2021 in ihrem Ausbildungsbetrieb von der Handwerkskammer Potsdam als Azubi des Monats April geehrt.

Zu diesem presseöffentlichen Termin laden wir Sie herzlich ein.

Für Samira galt es zunächst Deutsch zu lernen, was sie im Turbogang erledigte. Pfarrerin Falk war auch bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle behilflich. Gemeinsam folgte ein Bewerbungsgespräch. Denn zunächst benötigte die junge Bauingenieurin einen Praktikumsplatz für eine Einstiegsqualifizierung (EQ), die sie an der Fachhochschule in Cottbus 2016/2017 absolvierte, als Basis für den gewünschten Ausbildungsplatz. Fündig wurden die beiden bei der Langenlipsdorfer Fläming Bau GmbH. Falk bezeichnet den Handwerksbetrieb als Goldgriff. „Da war von der ersten Sekunde an so eine hohe Bereitschaft, es miteinander zu versuchen und das auf beiden Seiten. Dieser Betrieb lebt Integration, ist beispielgebend,“ freut sie sich noch heute.

Auch Maik Liesigk und Matthias Handke, die Chefs des Bauunternehmens, sind froh über ihre Entscheidung, Samira als Auszubildende eine Chance gegeben zu haben. Sie weiß bereits heute, dass sie im Sommer, wenn sie erfolgreich auslernt, in den Betrieb übernommen wird. Den theoretischen Teil meistert sie bravourös in der Berufsschule im OSZ Teltow-Fläming. „Sie punktete im Betrieb gleich zu Beginn mit guten Deutschkenntnissen. In der Buchhaltung und im Kundenkontakt vervollkommnet sie diese immer weiter. Ihr ist es wichtig, dass sie akzeptiert wird, auch mit ihren kulturellen Wurzeln. Und das wird sie,“ lobt Liesigk seine Auszubildende und sein Team. Er beschreibt sie als eine junge Frau, der Zusammenhalt und ein gutes Arbeitsklima wichtig sind. „Sie will mit dem Team zusammen sein, ist gerne auf den Baustellen unterwegs, um auch zu sehen, was sie mit ihrer Arbeit im Büro erreicht. Sie telefoniert mit Kunden ohne sprachliche Hindernisse, sie ist bei uns angekommen.“

Mit ihrer freundlichen Art brachte sie nicht nur in den Baubetrieb, sondern auch nach Niedergörsdorf ein Stück Weltoffenheit. Die persische Kultur, das persische Essen und die persische Architektur gehören heute bei der Langenlipsdorfer Fläming Bau GmbH zu den Pausengesprächen, wenn auch durch Corona aktuell etwas gebremst.

Die inzwischen 31-jährige lebt heute mit ihrem Mann in einer eigenen Wohnung. Wo sie können, suchen sie Kontakte, wollen Menschen in ihrer neuen Heimat kennen lernen. Samira ist hier angekommen, sie will mit ihrem Mann hier leben. Eine Ausbildung im Handwerk bildet den Grundstein. Und selbst an die Steuererklärung wagt sie sich inzwischen eigenständig.

Von der Hilfe und Unterstützung, die Samira nicht nur im Handwerk, in Kirche und ihrer neuen Umgebung erfahren hat, gibt sie inzwischen vieles zurück. Ihre Offenherzigkeit, ihre Bereitschaft zu helfen, werden geschätzt. Und so ist sie heute ehrenamtlich aktiv in der Flüchtlingshilfe Jüterbog, dort, wo für sie der Neubeginn startete. „Hier erhielt ich Hilfe von euch. Jetzt bin ich der Lage, selbst etwas zurückzugeben.“ Sie ist dankbar für das, was ihr auf dem Weg in ihr neues Leben mitgegeben wurde. Und so begleitet sie andere Geflüchtete bei Arbeits- oder Behördengängen und übersetzt aus der persischen und deutschen Sprache.

Die Langenlipsdorfer Fläming Bau GmbH wurde im Jahr 2018 für ihr herausragendes Ausbildungsengagement mit dem Ausbildungspreis des Landes Brandenburg ausgezeichnet. U.a. auch dafür, dass der Handwerksbetrieb junge Menschen fordert und fördert. Aktuell lernen im Unternehmen sieben Auszubildende. Seit 1992 bildet der Handwerksbetrieb durchschnittlich vier junge Menschen aus. Bewerber und Bewerberinnen mit Unterstützungsbedarf bekommen ebenso eine Chance wie Geflüchtete. Die Integrationsbemühungen des Unternehmens sind herausragend, Toleranz und gleichberechtigter vorurteilsfreier Umgang werden im gegenseitigen Miteinander im Unternehmen deutlich. Samira ist dafür nur ein Beispiel. Und dabei kann man wohl eines heute schon sagen. Die junge Perserin wird ihren Weg im Bauunternehmen ganz sicher machen. Die Rückendeckung hat sie von ihren Chefs, Ausbildern und Kollegen.

Hintergrund:

Im Kammerbezirk der Handwerkskammer Potsdam sind aktuell rund 850 freie Lehrstellen und über 210 Praktika-Angebote in 61 Ausbildungsberufen zu vergeben. Auf den Ausbildungsberuf Kaufmann/ Kauffrau für Büromanagement entfallen dabei 29, Hochbaufacharbeiter:innen 21, Maurer:innen 31, sowie Tiefbaufacharbeiter:innen 16 freie Lehrstellen im westbrandenburgischen Handwerk.

www.hwk-potsdam.de/ausbildungsboerse

Seit Juli 2014 ehrt die Handwerkskammer Potsdam monatlich einen Lehrling als „Azubi des Monats“. Vorgeschlagen werden die „Azubis des Monats“ von ihren Ausbildungsbetrieben, denn sie können am besten einschätzen, wer diese Auszeichnung verdient.

Über Handwerkskammer Potsdam

Die Handwerkskammer (HWK) Potsdam ist eine als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierte Selbstverwaltungseinrichtung für die Landkreise Havelland, Oberhavel, Ostprignitz-Ruppin, Potsdam-Mittelmark, Prignitz, Teltow-Fläming und die kreisfreien Städten Potsdam und Brandenburg an der Havel. Sie ist die Interessenvertretung von rund 17.400 Mitgliedsbetrieben und ihren mehr als 70.500 Beschäftigten in über 150 Gewerken.

Die HWK Potsdam setzt sich für die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen der Handwerksbranche ein, bündelt die Kräfte und Gemeinsamkeiten des Handwerks und bietet ihren Mitgliedsbetrieben zahlreiche Unterstützungen bei wirtschaftlichen und rechtlichen Fragen. Zu den Mitgliedsunternehmen gehören Handwerksbetriebe aller Branchen; vor allem aus dem Bau- und Ausbaugewerbe, Elektro und Metall, Holz, Bekleidung und Textil, Gesundheit, Reinigung sowie Nahrungsmittel.

Die HWK Potsdam bietet in ihrem Zentrum für Gewerbeförderung in Götz umfangreiche Angebote für die Weiterbildung im westbrandenburgischen Handwerk und führt in den dortigen Lehrwerkstätten auch die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung durch. Sie ist zuständig für Gesellen-, Meister- und Fortbildungsprüfungen im Handwerk.

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