„Nicht gehört, nicht berücksichtigt, nicht beteiligt. Gebeutelt durch Unsicherheit, Zukunftsangst, Einsamkeit. Das umschreibt kurzgefasst die derzeitige Situation junger Menschen“, muss Jan Hägerling bitter feststellen. Dem Vorsitzenden des Bundes der Deutschen Landjugend e.V. (BDL) geben Studien der Universitäten Hildesheim und Frankfurt am Main und der Bertelsmann Stiftung Recht.

Stellvertretend für die Kinder und Jugendlichen in den ländlichen Räumen fordert er: „In jeder Kommission und jedem Gremium, also immer, wenn gesellschaftliche Verständigungs- und Entwicklungsprozesse ausgehandelt werden, müssen angemessene Formate der Beteiligung für junge Menschen implementiert werden. Wir brauchen echte Beteiligung der jungen Generation, denn es geht um ihre Zukunft.“

Damit dieses Ansinnen nicht einfach vom Tisch gewischt werden kann oder bei einer vermeintlich gut gemeinten Anhörung steckenbleibt, fordert der BDL, die Kinderrechte endlich im Grundgesetz zu verankern. „Seit einem Jahr sind Jugendliche reduziert auf ihr Schülerinnendasein. Bestenfalls werden Auszubildende und Studierende in den Blick genommen. Wären die Rechte der Kinder und Jugendlichen bereits ausreichend verankert, wäre ihre eingeschränkte Lebens- und Erfahrungswelt und die psychischen und gesundheitlichen Belastungen schon längst von ihnen selbst ins Blickfeld gerückt worden“, ist Jan Hägerling überzeugt. „Dann säßen sie bei den Beratungen mit am Tisch, hätten eine Stimme und könnten für sich selbst sprechen“, ergänzt der BDL-Bundesvorsitzende.

Immerhin geht es am Donnerstag im Bundestag um die Kinderrechte. Doch auch hier kann der BDL-Bundesvorsitzende sich nicht zurücklehnen: „Seit Mitte 2019 liegt ein Vorschlag der Grünen zur Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz in Artikel 6 vor. Dazu hätte im federführenden Ausschuss eine öffentliche Anhörung stattfinden sollen. Die gab es bis heute nicht. Und die beiden mitberatenden Ausschüsse haben noch nicht einmal zur Sache diskutiert.“ Eine zeitliche Verzögerung von fast zwei Jahren sei nichts, was sich mit der Corona-Pandemie entschuldigen ließe.

Die Beratungen rund um die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz laufen im vorparlamentarischen Raum seit Jahren. „Immerhin liegt nun endlich auch ein Vorschlag der Bundesregierung auf dem Tisch des Bundestags. Doch der wichtige Punkt der angemessenen Beteiligung fehlt uns darin“, mahnt Jan Hägerling für den größten Jugendverband im ländlichen Raum an. Nun übereilt einen halbgaren Vorschlag durchzuprügeln, damit überhaupt etwas passiere, sei aus seiner Sicht der falsche Weg.

„Egal ob in der Rentenkommission, den Rundfunk- und Fernsehbeiräten, Runden Tischen u.a. – es werden Weichen für die künftige Gestaltung unserer Gesellschaft gestellt, deren Fundament künftig von den heutigen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen geschultert werden soll und muss“, heißt es im BDL. Daher sind die Nachwuchsgenerationen zwingend und ausnahmslos nicht nur anzuhören, sondern auch mit eigener Stimme und Entscheidungsmacht zu beteiligen.

Argumente, die der jungen Generation vermeintlich mangelndes Verständnis oder Wissen unterstellen, sind aus Sicht von Jan Hägerling lediglich ein Vorwand, Inhalte nicht ausführlicher darstellen zu wollen oder zu können. „Politik fängt mit der Sprache und am Küchentisch an. Sie hört bei der Höhe von Rentenversicherungsbeiträgen längst noch nicht auf“, ist nicht nur er überzeugt. Jugendliche und junge Erwachsene zu beteiligen, sei entscheidend für die Stabilisierung und Absicherung unserer Demokratie.

Der größte Jugendverband im ländlichen Raum hat vor der Bundestagswahl 2021 seine Forderungen fürs Land zusammengetragen. Allen gemein ist der Wunsch nach Diskussion und Umsetzung, damit junge Menschen auch in Zukunft auf dem Land Lebens- und Bleibeperspektiven finden. Einen vollständigen Überblick der Landjugend-Forderungen gibt’s online unter: www.landjugend.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Projekte/2021_BTW-Download/2021_BTW-Forderungen-Broschuere_web.pdf.

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